als daß ein Betrüger wider den andern zu spielen in Bereitschaft gehalten wird?
"Gut, aber Lovelace (fragst du mich viel- "leicht) wie konntest du dich so verführen lassen, "da dein Frauenzimmer einen Monath bey diesen "ihren Vetter gewesen war, und also vermuthlich "wußte, daß es keinen Capitain Tomlinson in "der gantzen Nachbarschaft gab, wenigstens keinen, "der so vertraut mit mir gewesen wäre?"
Dieser Einwurf ist natürlich, mein Freund, daß ich nicht unterlassen konnte, meine Liebste zu erinnern, sie müsse ja wohl ihren Vetter haben von diesem Herren reden hören? Sie sagte, nie- mahls. Ueberdieß (wie ich sie zuvor hatte sa- gen hören,) war sie fast zehn Monathe nicht bey ihrem Vetter Harlowe gewesen, und es kamen viele Herren dahin, die sie ihrem Vermelden nach nicht kannte.
Du weißt, man ist allezeit fertig zu glauben was man wünscht.
Und warum war sie so lange nicht bey ihrem Vetter gewesen, wirst du fragen? - - Je, dieser alte Sünder, der sich berechtigt hält, mich wegen meiner Freyheiten gegen das schöne Geschlecht zur Rechenschaft zu fodern, hat sich letzthin, wie man vermuthet, mit seiner Haushälterin in allzu große Vertraulichkeit eingelassen, und diese maßt sich ei- ner Gewalt über ihn an. - - Das verwünschte
ver-
als daß ein Betruͤger wider den andern zu ſpielen in Bereitſchaft gehalten wird?
„Gut, aber Lovelace (fragſt du mich viel- „leicht) wie konnteſt du dich ſo verfuͤhren laſſen, „da dein Frauenzimmer einen Monath bey dieſen „ihren Vetter geweſen war, und alſo vermuthlich „wußte, daß es keinen Capitain Tomlinſon in „der gantzen Nachbarſchaft gab, wenigſtens keinen, „der ſo vertraut mit mir geweſen waͤre?“
Dieſer Einwurf iſt natuͤrlich, mein Freund, daß ich nicht unterlaſſen konnte, meine Liebſte zu erinnern, ſie muͤſſe ja wohl ihren Vetter haben von dieſem Herren reden hoͤren? Sie ſagte, nie- mahls. Ueberdieß (wie ich ſie zuvor hatte ſa- gen hoͤren,) war ſie faſt zehn Monathe nicht bey ihrem Vetter Harlowe geweſen, und es kamen viele Herren dahin, die ſie ihrem Vermelden nach nicht kannte.
Du weißt, man iſt allezeit fertig zu glauben was man wuͤnſcht.
Und warum war ſie ſo lange nicht bey ihrem Vetter geweſen, wirſt du fragen? ‒ ‒ Je, dieſer alte Suͤnder, der ſich berechtigt haͤlt, mich wegen meiner Freyheiten gegen das ſchoͤne Geſchlecht zur Rechenſchaft zu fodern, hat ſich letzthin, wie man vermuthet, mit ſeiner Haushaͤlterin in allzu große Vertraulichkeit eingelaſſen, und dieſe maßt ſich ei- ner Gewalt uͤber ihn an. ‒ ‒ Das verwuͤnſchte
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als daß ein Betruͤger wider den andern zu ſpielen
in Bereitſchaft gehalten wird?
„Gut, aber Lovelace (fragſt du mich viel-
„leicht) wie konnteſt du dich ſo verfuͤhren laſſen,
„da dein Frauenzimmer einen Monath bey dieſen
„ihren Vetter geweſen war, und alſo vermuthlich
„wußte, daß es keinen Capitain Tomlinſon in
„der gantzen Nachbarſchaft gab, wenigſtens keinen,
„der ſo vertraut mit mir geweſen waͤre?“
Dieſer Einwurf iſt natuͤrlich, mein Freund,
daß ich nicht unterlaſſen konnte, meine Liebſte zu
erinnern, ſie muͤſſe ja wohl ihren Vetter haben
von dieſem Herren reden hoͤren? Sie ſagte, nie-
mahls. Ueberdieß (wie ich ſie zuvor hatte ſa-
gen hoͤren,) war ſie faſt zehn Monathe nicht bey
ihrem Vetter Harlowe geweſen, und es kamen
viele Herren dahin, die ſie ihrem Vermelden nach
nicht kannte.
Du weißt, man iſt allezeit fertig zu glauben
was man wuͤnſcht.
Und warum war ſie ſo lange nicht bey ihrem
Vetter geweſen, wirſt du fragen? ‒ ‒ Je, dieſer
alte Suͤnder, der ſich berechtigt haͤlt, mich wegen
meiner Freyheiten gegen das ſchoͤne Geſchlecht zur
Rechenſchaft zu fodern, hat ſich letzthin, wie man
vermuthet, mit ſeiner Haushaͤlterin in allzu große
Vertraulichkeit eingelaſſen, und dieſe maßt ſich ei-
ner Gewalt uͤber ihn an. ‒ ‒ Das verwuͤnſchte
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/386>, abgerufen am 03.12.2024.
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