Ein Frauenzimmer kann nicht unglück- licher seyn, als wenn es den Mann nehmen muß, den es verachtet. Das war es eben, was ich wissen wollte. Jch fürchte mich immer, daß mein Kind seine Vorzüge allzugut wußte, und mich in der That verachtete. Es ist mir dieses unerträglich. Jch will das arme Kind nicht so unglücklich machen. Der Teufel hohle mich, wenn ich eine Gemahlin nehme, die sich gegen ihre besie Freundin so erkläret hat, daß jene daraus schließen muß, sie verachte mich. Soll Lovela- ce sich verachten lassen?
Jch wünschte, daß die Faust damit er sich vor den Kopf schlug, (ich erinnere mich der Sache noch wohl. Allein sie hatte eben den Rücken zu mir gekehret. Können die wachsamen, die listigen Mädchens auch hinten sehen?) ein Beil in der Hand seines ärgsten Feindes ge- wesen seyn möchte. Jch will Geduld haben! ja das will ich thun. Meine Zeit ist nahe: alsdenn will ich mein Hertz durch Erinnerung des vorigen in Stahl und Eisen verwandeln.
Es geschiehet eines Vorschlages Meldung, meine rechtmäßige Beute aus meinen Händen zu befreyen.
Das macht mich unruhig. Nun wird der Streit heftiger. Du wirst dich nun nicht wun- dern, wenn ich Schelmerey gebraucht. Jch will mich nicht durch das Zauber-Wort, Norris, verblenden lassen.
Sie
O 2
Ein Frauenzimmer kann nicht ungluͤck- licher ſeyn, als wenn es den Mann nehmen muß, den es verachtet. Das war es eben, was ich wiſſen wollte. Jch fuͤrchte mich immer, daß mein Kind ſeine Vorzuͤge allzugut wußte, und mich in der That verachtete. Es iſt mir dieſes unertraͤglich. Jch will das arme Kind nicht ſo ungluͤcklich machen. Der Teufel hohle mich, wenn ich eine Gemahlin nehme, die ſich gegen ihre beſie Freundin ſo erklaͤret hat, daß jene daraus ſchließen muß, ſie verachte mich. Soll Lovela- ce ſich verachten laſſen?
Jch wuͤnſchte, daß die Fauſt damit er ſich vor den Kopf ſchlug, (ich erinnere mich der Sache noch wohl. Allein ſie hatte eben den Ruͤcken zu mir gekehret. Koͤnnen die wachſamen, die liſtigen Maͤdchens auch hinten ſehen?) ein Beil in der Hand ſeines aͤrgſten Feindes ge- weſen ſeyn moͤchte. Jch will Geduld haben! ja das will ich thun. Meine Zeit iſt nahe: alsdenn will ich mein Hertz durch Erinnerung des vorigen in Stahl und Eiſen verwandeln.
Es geſchiehet eines Vorſchlages Meldung, meine rechtmaͤßige Beute aus meinen Haͤnden zu befreyen.
Das macht mich unruhig. Nun wird der Streit heftiger. Du wirſt dich nun nicht wun- dern, wenn ich Schelmerey gebraucht. Jch will mich nicht durch das Zauber-Wort, Norris, verblenden laſſen.
Sie
O 2
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Ein Frauenzimmer kann nicht ungluͤck-
licher ſeyn, als wenn es den Mann nehmen
muß, den es verachtet. Das war es eben,
was ich wiſſen wollte. Jch fuͤrchte mich immer,
daß mein Kind ſeine Vorzuͤge allzugut wußte, und
mich in der That verachtete. Es iſt mir dieſes
unertraͤglich. Jch will das arme Kind nicht ſo
ungluͤcklich machen. Der Teufel hohle mich,
wenn ich eine Gemahlin nehme, die ſich gegen ihre
beſie Freundin ſo erklaͤret hat, daß jene daraus
ſchließen muß, ſie verachte mich. Soll Lovela-
ce ſich verachten laſſen?
Jch wuͤnſchte, daß die Fauſt damit er
ſich vor den Kopf ſchlug, (ich erinnere mich
der Sache noch wohl. Allein ſie hatte eben den
Ruͤcken zu mir gekehret. Koͤnnen die wachſamen,
die liſtigen Maͤdchens auch hinten ſehen?) ein
Beil in der Hand ſeines aͤrgſten Feindes ge-
weſen ſeyn moͤchte. Jch will Geduld haben!
ja das will ich thun. Meine Zeit iſt nahe:
alsdenn will ich mein Hertz durch Erinnerung des
vorigen in Stahl und Eiſen verwandeln.
Es geſchiehet eines Vorſchlages Meldung,
meine rechtmaͤßige Beute aus meinen Haͤnden
zu befreyen.
Das macht mich unruhig. Nun wird der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/217>, abgerufen am 24.11.2024.
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