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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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Vielleicht muß ich erst ein halb Dutzend
aufopfern, ehe ich mich auf Lebenslang
einlasse.
Und damit dieses nicht lassen möchte,
als hätte sie Hoffnung zu meiner Besserung, so
setzt sie hinzu: ehe er das große Stufen-
Jahr überstanden hat, können sie ihn nicht
für ehrlich und zuverläßig ansehen.
Sie
nuß von ihrem Geschlechte hohe Gedancken ha-
ben, wenn sie glaubt, daß wir bis an das große
Stuffen-Jahr noch immer verliebt seyn können,
da wir an ihnen immer einerley finden.

Sollte der Mensch aus Höflichkeit ge-
gen den Lord M. einen Aufschub machen?

Ja, das thue ich. Wenn man bisher denen un-
gehorsam gewesen ist, die man an Eltern Stelle zu
ehren hat, so folget nicht, daß man nie anfangen
soll, gehorsam zu werden. Dieses ist eine
wichtige Sache, welche der gantzen Familie an dem
Hertzen lieget. Sie hätten, heißt es weiter, in
der That gestern früh einen Freund nöthig
gehabt, der für sie geredet hätte. Wenn
ich damahls an ihrer Stelle gewesen wäre,
so wollte ich ihm die Augen ausgekratzt,
und nachher Zeit gelassen haben, sich zu
besinnen, warum es geschehen wäre.
Sie-
he! siehe! was sagest du dazu?

Der Schelm! nennet sie mich. Und
warum das? Weil ich gewünscht hatte, daß mor-
gen mein glücklicher Tag seyn möchte, und weil
ich meine Pflicht gegen meine nächsten Verwand-
ten nicht vergesse.

Ein


Vielleicht muß ich erſt ein halb Dutzend
aufopfern, ehe ich mich auf Lebenslang
einlaſſe.
Und damit dieſes nicht laſſen moͤchte,
als haͤtte ſie Hoffnung zu meiner Beſſerung, ſo
ſetzt ſie hinzu: ehe er das große Stufen-
Jahr uͤberſtanden hat, koͤnnen ſie ihn nicht
fuͤr ehrlich und zuverlaͤßig anſehen.
Sie
nuß von ihrem Geſchlechte hohe Gedancken ha-
ben, wenn ſie glaubt, daß wir bis an das große
Stuffen-Jahr noch immer verliebt ſeyn koͤnnen,
da wir an ihnen immer einerley finden.

Sollte der Menſch aus Hoͤflichkeit ge-
gen den Lord M. einen Aufſchub machen?

Ja, das thue ich. Wenn man bisher denen un-
gehorſam geweſen iſt, die man an Eltern Stelle zu
ehren hat, ſo folget nicht, daß man nie anfangen
ſoll, gehorſam zu werden. Dieſes iſt eine
wichtige Sache, welche der gantzen Familie an dem
Hertzen lieget. Sie haͤtten, heißt es weiter, in
der That geſtern fruͤh einen Freund noͤthig
gehabt, der fuͤr ſie geredet haͤtte. Wenn
ich damahls an ihrer Stelle geweſen waͤre,
ſo wollte ich ihm die Augen ausgekratzt,
und nachher Zeit gelaſſen haben, ſich zu
beſinnen, warum es geſchehen waͤre.
Sie-
he! ſiehe! was ſageſt du dazu?

Der Schelm! nennet ſie mich. Und
warum das? Weil ich gewuͤnſcht hatte, daß mor-
gen mein gluͤcklicher Tag ſeyn moͤchte, und weil
ich meine Pflicht gegen meine naͤchſten Verwand-
ten nicht vergeſſe.

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[210/0216] Vielleicht muß ich erſt ein halb Dutzend aufopfern, ehe ich mich auf Lebenslang einlaſſe. Und damit dieſes nicht laſſen moͤchte, als haͤtte ſie Hoffnung zu meiner Beſſerung, ſo ſetzt ſie hinzu: ehe er das große Stufen- Jahr uͤberſtanden hat, koͤnnen ſie ihn nicht fuͤr ehrlich und zuverlaͤßig anſehen. Sie nuß von ihrem Geſchlechte hohe Gedancken ha- ben, wenn ſie glaubt, daß wir bis an das große Stuffen-Jahr noch immer verliebt ſeyn koͤnnen, da wir an ihnen immer einerley finden. Sollte der Menſch aus Hoͤflichkeit ge- gen den Lord M. einen Aufſchub machen? Ja, das thue ich. Wenn man bisher denen un- gehorſam geweſen iſt, die man an Eltern Stelle zu ehren hat, ſo folget nicht, daß man nie anfangen ſoll, gehorſam zu werden. Dieſes iſt eine wichtige Sache, welche der gantzen Familie an dem Hertzen lieget. Sie haͤtten, heißt es weiter, in der That geſtern fruͤh einen Freund noͤthig gehabt, der fuͤr ſie geredet haͤtte. Wenn ich damahls an ihrer Stelle geweſen waͤre, ſo wollte ich ihm die Augen ausgekratzt, und nachher Zeit gelaſſen haben, ſich zu beſinnen, warum es geſchehen waͤre. Sie- he! ſiehe! was ſageſt du dazu? Der Schelm! nennet ſie mich. Und warum das? Weil ich gewuͤnſcht hatte, daß mor- gen mein gluͤcklicher Tag ſeyn moͤchte, und weil ich meine Pflicht gegen meine naͤchſten Verwand- ten nicht vergeſſe. Ein

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/216>, abgerufen am 24.11.2024.