Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Jch hatte ihr durchdie Dorcas vorstellen las-
sen, in was für Gefahr sie wegen Singletons
stünde, und ich bat sie, nicht auszugehen, wenn sie
mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort
war: es wären nur zwey Spielhäuser in der Stadt
und dennoch wäre gestern keine Gefahr gewesen;
da nun mehr als hundert Kirchen in London
wären, so sey noch viel weniger Gefahr zu besorgen.
Sie ließ sich nach St. James Kirche tragen.

Das Kind würde sich mehr bemühen, mir
gefällig zu seyn, wenn es wüßte, was ich weiß, und
wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hause in
den Ohren liegen. Denn diese beschweren sich be-
ständig, daß sie sich um meinetwillen so viel zurück
halten und immer gegenwärtig seyn müßten: sie
dürften sich beynahe gar nicht mehr um das Vor-
der-Haus bekümmern: und in ihr artiges Hinter-
Gebäude dürsten sie keine Gesellschaft bringen um
nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar
nicht daran, daß ich es ihnen vergelten würde:
allein sie fragen mich (nicht anders als wenn sie
ihre Pfeile aus des Lords M. seinen Köcher gebor-
get hätten) warum ich eine so langsame Erndte
bey so wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht,
Mädchens! so bald sie nach Hause kommt, will
ich den Anfang machen.



Jch habe den Brief gelesen, der heute von der
Fräulein Howe eingelaufen ist. Meuderey,
Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-

de


Jch hatte ihr durchdie Dorcas vorſtellen laſ-
ſen, in was fuͤr Gefahr ſie wegen Singletons
ſtuͤnde, und ich bat ſie, nicht auszugehen, wenn ſie
mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort
war: es waͤren nur zwey Spielhaͤuſer in der Stadt
und dennoch waͤre geſtern keine Gefahr geweſen;
da nun mehr als hundert Kirchen in London
waͤren, ſo ſey noch viel weniger Gefahr zu beſorgen.
Sie ließ ſich nach St. James Kirche tragen.

Das Kind wuͤrde ſich mehr bemuͤhen, mir
gefaͤllig zu ſeyn, wenn es wuͤßte, was ich weiß, und
wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hauſe in
den Ohren liegen. Denn dieſe beſchweren ſich be-
ſtaͤndig, daß ſie ſich um meinetwillen ſo viel zuruͤck
halten und immer gegenwaͤrtig ſeyn muͤßten: ſie
duͤrften ſich beynahe gar nicht mehr um das Vor-
der-Haus bekuͤmmern: und in ihr artiges Hinter-
Gebaͤude duͤrſten ſie keine Geſellſchaft bringen um
nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar
nicht daran, daß ich es ihnen vergelten wuͤrde:
allein ſie fragen mich (nicht anders als wenn ſie
ihre Pfeile aus des Lords M. ſeinen Koͤcher gebor-
get haͤtten) warum ich eine ſo langſame Erndte
bey ſo wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht,
Maͤdchens! ſo bald ſie nach Hauſe kommt, will
ich den Anfang machen.



Jch habe den Brief geleſen, der heute von der
Fraͤulein Howe eingelaufen iſt. Meuderey,
Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-

de
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0200" n="194"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jch hatte ihr durchdie <hi rendition="#fr">Dorcas</hi> vor&#x017F;tellen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, in was fu&#x0364;r Gefahr &#x017F;ie wegen <hi rendition="#fr">Singletons</hi><lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nde, und ich bat &#x017F;ie, nicht auszugehen, wenn &#x017F;ie<lb/>
mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort<lb/>
war: es wa&#x0364;ren nur zwey Spielha&#x0364;u&#x017F;er in der Stadt<lb/>
und dennoch wa&#x0364;re ge&#x017F;tern keine Gefahr gewe&#x017F;en;<lb/>
da nun mehr als hundert Kirchen in <hi rendition="#fr">London</hi><lb/>
wa&#x0364;ren, &#x017F;o &#x017F;ey noch viel weniger Gefahr zu be&#x017F;orgen.<lb/>
Sie ließ &#x017F;ich nach <hi rendition="#fr">St. James</hi> Kirche tragen.</p><lb/>
          <p>Das Kind wu&#x0364;rde &#x017F;ich mehr bemu&#x0364;hen, mir<lb/>
gefa&#x0364;llig zu &#x017F;eyn, wenn es wu&#x0364;ßte, was ich weiß, und<lb/>
wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hau&#x017F;e in<lb/>
den Ohren liegen. Denn die&#x017F;e be&#x017F;chweren &#x017F;ich be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig, daß &#x017F;ie &#x017F;ich um meinetwillen &#x017F;o viel zuru&#x0364;ck<lb/>
halten und immer gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;eyn mu&#x0364;ßten: &#x017F;ie<lb/>
du&#x0364;rften &#x017F;ich beynahe gar nicht mehr um das Vor-<lb/>
der-Haus beku&#x0364;mmern: und in ihr artiges Hinter-<lb/>
Geba&#x0364;ude du&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ie keine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft bringen um<lb/>
nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar<lb/>
nicht daran, daß ich es ihnen vergelten wu&#x0364;rde:<lb/>
allein &#x017F;ie fragen mich (nicht anders als wenn &#x017F;ie<lb/>
ihre Pfeile aus des Lords M. &#x017F;einen Ko&#x0364;cher gebor-<lb/>
get ha&#x0364;tten) warum ich eine &#x017F;o lang&#x017F;ame Erndte<lb/>
bey &#x017F;o wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht,<lb/>
Ma&#x0364;dchens! &#x017F;o bald &#x017F;ie nach Hau&#x017F;e kommt, will<lb/>
ich den Anfang machen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jch habe den Brief gele&#x017F;en, der heute von der<lb/>
Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Howe</hi> eingelaufen i&#x017F;t. Meuderey,<lb/>
Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">de</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0200] Jch hatte ihr durchdie Dorcas vorſtellen laſ- ſen, in was fuͤr Gefahr ſie wegen Singletons ſtuͤnde, und ich bat ſie, nicht auszugehen, wenn ſie mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort war: es waͤren nur zwey Spielhaͤuſer in der Stadt und dennoch waͤre geſtern keine Gefahr geweſen; da nun mehr als hundert Kirchen in London waͤren, ſo ſey noch viel weniger Gefahr zu beſorgen. Sie ließ ſich nach St. James Kirche tragen. Das Kind wuͤrde ſich mehr bemuͤhen, mir gefaͤllig zu ſeyn, wenn es wuͤßte, was ich weiß, und wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hauſe in den Ohren liegen. Denn dieſe beſchweren ſich be- ſtaͤndig, daß ſie ſich um meinetwillen ſo viel zuruͤck halten und immer gegenwaͤrtig ſeyn muͤßten: ſie duͤrften ſich beynahe gar nicht mehr um das Vor- der-Haus bekuͤmmern: und in ihr artiges Hinter- Gebaͤude duͤrſten ſie keine Geſellſchaft bringen um nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar nicht daran, daß ich es ihnen vergelten wuͤrde: allein ſie fragen mich (nicht anders als wenn ſie ihre Pfeile aus des Lords M. ſeinen Koͤcher gebor- get haͤtten) warum ich eine ſo langſame Erndte bey ſo wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht, Maͤdchens! ſo bald ſie nach Hauſe kommt, will ich den Anfang machen. Jch habe den Brief geleſen, der heute von der Fraͤulein Howe eingelaufen iſt. Meuderey, Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer- de

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/200
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/200>, abgerufen am 23.11.2024.