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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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alsdenn noch größer; die Sünde wird durch die
Kinder verewiget. Die Jungens müssen ihr
Brod auf der See, unter den Soldaten, oder gar
auf der Landstraße und in den Büschen suchen;
und die Mädchens sind für die Hurenhäuser ge-
zeuget: bis endlich beyder Leben sich noch betrüb-
ter endiget, als es geführet ist.

Was gewinnen wir also dadurch, wenn wir
diese ungebahnten und krummen Wege wandeln,
als Gefahr, Schande und späte Reue? Betrie-
gen wir uns nicht selbst am Ende durch unsere
ungebundene Lebensart am meisten? Treten wir
nicht endlich mit unsern abgenutzten Huren gar in
den Stand, durch welchen wir uns mit viel vorneh-
men und bemitteltern Personen hätten verbinden
können, bey denen diese wohl hätten dienen kön-
nen: ohne daß wir nöthig gehabt hätten, unter
unserm Stande zu leben, und in Winkel und Lö-
cher zu kriechen, oder so bald wir mit unserm ge-
meinen Schatz einen Schritt aus dem Hause setz-
ten, überall um uns zu sehen, als wenn wir glaub-
ten, daß uns ein jeder betrachten werde?

Du kennest meinen Vetter Anton Jenyns.
Er hatte zwar kein so lebhaftes und auf alles Bö-
se begieriges Herz, als du, Belton, Mowbray,
Tourville und ich: allein er hatte doch eben die wil-
den und lasterhaften Begriffe, die wir haben, und
richtete sein Leben nach ihnen ein.

Wie konnte er auf den Ehestand lästern!
Wie brüstete er sich mit seinen vermeinten witzigen
und spitzigen Einfällen! Wir Jungens und Mäd-

chens



alsdenn noch groͤßer; die Suͤnde wird durch die
Kinder verewiget. Die Jungens muͤſſen ihr
Brod auf der See, unter den Soldaten, oder gar
auf der Landſtraße und in den Buͤſchen ſuchen;
und die Maͤdchens ſind fuͤr die Hurenhaͤuſer ge-
zeuget: bis endlich beyder Leben ſich noch betruͤb-
ter endiget, als es gefuͤhret iſt.

Was gewinnen wir alſo dadurch, wenn wir
dieſe ungebahnten und krummen Wege wandeln,
als Gefahr, Schande und ſpaͤte Reue? Betrie-
gen wir uns nicht ſelbſt am Ende durch unſere
ungebundene Lebensart am meiſten? Treten wir
nicht endlich mit unſern abgenutzten Huren gar in
den Stand, durch welchen wir uns mit viel vorneh-
men und bemitteltern Perſonen haͤtten verbinden
koͤnnen, bey denen dieſe wohl haͤtten dienen koͤn-
nen: ohne daß wir noͤthig gehabt haͤtten, unter
unſerm Stande zu leben, und in Winkel und Loͤ-
cher zu kriechen, oder ſo bald wir mit unſerm ge-
meinen Schatz einen Schritt aus dem Hauſe ſetz-
ten, uͤberall um uns zu ſehen, als wenn wir glaub-
ten, daß uns ein jeder betrachten werde?

Du kenneſt meinen Vetter Anton Jenyns.
Er hatte zwar kein ſo lebhaftes und auf alles Boͤ-
ſe begieriges Herz, als du, Belton, Mowbray,
Tourville und ich: allein er hatte doch eben die wil-
den und laſterhaften Begriffe, die wir haben, und
richtete ſein Leben nach ihnen ein.

Wie konnte er auf den Eheſtand laͤſtern!
Wie bruͤſtete er ſich mit ſeinen vermeinten witzigen
und ſpitzigen Einfaͤllen! Wir Jungens und Maͤd-

chens
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[139/0145] alsdenn noch groͤßer; die Suͤnde wird durch die Kinder verewiget. Die Jungens muͤſſen ihr Brod auf der See, unter den Soldaten, oder gar auf der Landſtraße und in den Buͤſchen ſuchen; und die Maͤdchens ſind fuͤr die Hurenhaͤuſer ge- zeuget: bis endlich beyder Leben ſich noch betruͤb- ter endiget, als es gefuͤhret iſt. Was gewinnen wir alſo dadurch, wenn wir dieſe ungebahnten und krummen Wege wandeln, als Gefahr, Schande und ſpaͤte Reue? Betrie- gen wir uns nicht ſelbſt am Ende durch unſere ungebundene Lebensart am meiſten? Treten wir nicht endlich mit unſern abgenutzten Huren gar in den Stand, durch welchen wir uns mit viel vorneh- men und bemitteltern Perſonen haͤtten verbinden koͤnnen, bey denen dieſe wohl haͤtten dienen koͤn- nen: ohne daß wir noͤthig gehabt haͤtten, unter unſerm Stande zu leben, und in Winkel und Loͤ- cher zu kriechen, oder ſo bald wir mit unſerm ge- meinen Schatz einen Schritt aus dem Hauſe ſetz- ten, uͤberall um uns zu ſehen, als wenn wir glaub- ten, daß uns ein jeder betrachten werde? Du kenneſt meinen Vetter Anton Jenyns. Er hatte zwar kein ſo lebhaftes und auf alles Boͤ- ſe begieriges Herz, als du, Belton, Mowbray, Tourville und ich: allein er hatte doch eben die wil- den und laſterhaften Begriffe, die wir haben, und richtete ſein Leben nach ihnen ein. Wie konnte er auf den Eheſtand laͤſtern! Wie bruͤſtete er ſich mit ſeinen vermeinten witzigen und ſpitzigen Einfaͤllen! Wir Jungens und Maͤd- chens

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/145>, abgerufen am 21.11.2024.