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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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die Haut scheinet, so weit es die Gewohnheit er-
laubet diesen liebenswürdigen Leib zu sehen.

Du hast gehört, was ich sonst von ihren fliegen-
den Locken und hell-blonten Haaren gesagt habe,
die weder der Kunst noch dem Puder etwas schul-
dig sind. Sie sind selbst ein Zierrath; aller ande-
re Zierrath muß sich vor ihnen schämen, wenn sie
um einen Hals spielen, dessen Schönheit ich nicht
beschreiben kann.

Jhr Kopf-Schmuck war von Brüsselischen Spi-
tzen, und schickte sich unvergleichlich zu ihrer Mine
und Gesichts-Bildung: ein Himmel-blaues
Band erhob die Schnee-weiße Reinlichkeit dersel-
ben. Ob das Wetter gleich etwas unfreundlich
war, so hatte sie doch weder Hut noch Kappe:
denn es ausser dem, daß sie sich gern hart gewöh-
net, und hiedurch so wohl als durch ihre ungemei-
ne Mäßigkeit den besten Grund zu der Gesundheit
eines sonst zärtlichen Leibes leget, so schien es, daß
sie mir selbst durch ihre Kleidung zeigen wollte, sie
werde nicht mit mir gehen. Was meinst du Bru-
der, daß so ein Engel so ein untreues Hertz haben
kann?

Jch habe dir schon gemeldet, in was für Ent-
zückung ich gewesen bin, als die aufgeriegelte Thür
mich meine Göttin sehen ließ, die ich so lange er-
wartet hatte. Die Gemüths-Bewegungen, die
ich in ihrem Gesichte wahrnahm, waren angeneh-
mer und hatten mehr von dem an sich, was dem
Frauenzimmer eigen ist, als die ersten Augen-
blicke überstanden waren. Denn nun fing sich das

Feuer
F 3



die Haut ſcheinet, ſo weit es die Gewohnheit er-
laubet dieſen liebenswuͤrdigen Leib zu ſehen.

Du haſt gehoͤrt, was ich ſonſt von ihren fliegen-
den Locken und hell-blonten Haaren geſagt habe,
die weder der Kunſt noch dem Puder etwas ſchul-
dig ſind. Sie ſind ſelbſt ein Zierrath; aller ande-
re Zierrath muß ſich vor ihnen ſchaͤmen, wenn ſie
um einen Hals ſpielen, deſſen Schoͤnheit ich nicht
beſchreiben kann.

Jhr Kopf-Schmuck war von Bruͤſſeliſchen Spi-
tzen, und ſchickte ſich unvergleichlich zu ihrer Mine
und Geſichts-Bildung: ein Himmel-blaues
Band erhob die Schnee-weiße Reinlichkeit derſel-
ben. Ob das Wetter gleich etwas unfreundlich
war, ſo hatte ſie doch weder Hut noch Kappe:
denn es auſſer dem, daß ſie ſich gern hart gewoͤh-
net, und hiedurch ſo wohl als durch ihre ungemei-
ne Maͤßigkeit den beſten Grund zu der Geſundheit
eines ſonſt zaͤrtlichen Leibes leget, ſo ſchien es, daß
ſie mir ſelbſt durch ihre Kleidung zeigen wollte, ſie
werde nicht mit mir gehen. Was meinſt du Bru-
der, daß ſo ein Engel ſo ein untreues Hertz haben
kann?

Jch habe dir ſchon gemeldet, in was fuͤr Ent-
zuͤckung ich geweſen bin, als die aufgeriegelte Thuͤr
mich meine Goͤttin ſehen ließ, die ich ſo lange er-
wartet hatte. Die Gemuͤths-Bewegungen, die
ich in ihrem Geſichte wahrnahm, waren angeneh-
mer und hatten mehr von dem an ſich, was dem
Frauenzimmer eigen iſt, als die erſten Augen-
blicke uͤberſtanden waren. Denn nun fing ſich das

Feuer
F 3
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[85/0099] die Haut ſcheinet, ſo weit es die Gewohnheit er- laubet dieſen liebenswuͤrdigen Leib zu ſehen. Du haſt gehoͤrt, was ich ſonſt von ihren fliegen- den Locken und hell-blonten Haaren geſagt habe, die weder der Kunſt noch dem Puder etwas ſchul- dig ſind. Sie ſind ſelbſt ein Zierrath; aller ande- re Zierrath muß ſich vor ihnen ſchaͤmen, wenn ſie um einen Hals ſpielen, deſſen Schoͤnheit ich nicht beſchreiben kann. Jhr Kopf-Schmuck war von Bruͤſſeliſchen Spi- tzen, und ſchickte ſich unvergleichlich zu ihrer Mine und Geſichts-Bildung: ein Himmel-blaues Band erhob die Schnee-weiße Reinlichkeit derſel- ben. Ob das Wetter gleich etwas unfreundlich war, ſo hatte ſie doch weder Hut noch Kappe: denn es auſſer dem, daß ſie ſich gern hart gewoͤh- net, und hiedurch ſo wohl als durch ihre ungemei- ne Maͤßigkeit den beſten Grund zu der Geſundheit eines ſonſt zaͤrtlichen Leibes leget, ſo ſchien es, daß ſie mir ſelbſt durch ihre Kleidung zeigen wollte, ſie werde nicht mit mir gehen. Was meinſt du Bru- der, daß ſo ein Engel ſo ein untreues Hertz haben kann? Jch habe dir ſchon gemeldet, in was fuͤr Ent- zuͤckung ich geweſen bin, als die aufgeriegelte Thuͤr mich meine Goͤttin ſehen ließ, die ich ſo lange er- wartet hatte. Die Gemuͤths-Bewegungen, die ich in ihrem Geſichte wahrnahm, waren angeneh- mer und hatten mehr von dem an ſich, was dem Frauenzimmer eigen iſt, als die erſten Augen- blicke uͤberſtanden waren. Denn nun fing ſich das Feuer F 3

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/99>, abgerufen am 11.12.2024.