unterdrückten Frauenzimmer zu dienen. Wenn ich nicht eine so gute Meinung von euch hätte, so würde ich euch gewiß nicht so viel anvertrauen: daraus könnt ihr wol sehen, wie viel ich von euch halte, und was ich von euch hoffe, sonderlich bey dieser Gelegenheit, da ihr allen euren vorigen Diensten die Crone aufsetzen könnet. Denn wenn sie wieder zweifelhaft wird, so ist eine kleine unschul- dige List nöthig.
Mercket euch das ja genau, was ich euch schrei- ben werde: fasset es recht in das Gemüthe. Es wird hoffentlich die letzte Mühe seyn, die ich euch vor unserer Hochzeit mache: und hernach wollen wir beyde gewiß für euch sorgen. Jhr wisset, was ich euch versprochen habe. Noch niemand hat mir jemahls Schuld gegeben, daß ich mein Wort ge- brochen hätte.
Hier ist denn eure Vorschrift:
Verkleidet euch, und sucht in dem Garten zu seyn, ohne daß eure Fräulein euer gewahr wird. Wenn die Garten-Thür aufgeriegelt ist, so könnt ist daran mercken, daß sie mit mir draussen redet, wenn ihr sie gleich nicht hinausgehen sehet. Die Thür wird zugeschlossen seyn: und damit ihr im Fall der Noth von innen aufschliessen könnet, so will ich meinen Schlüssel ausziehen, und ihn draussen vor die Thür hinlegen.
Wenn ihr uns reden hört, so bleibt an der Thür inwendig stehen: bis ich zweymahl ach! ach! rufe. Allein ihr müßt sehr genau aufmer- cken, denn ich darf nicht allzu laut rufen, sonst
möch-
unterdruͤckten Frauenzimmer zu dienen. Wenn ich nicht eine ſo gute Meinung von euch haͤtte, ſo wuͤrde ich euch gewiß nicht ſo viel anvertrauen: daraus koͤnnt ihr wol ſehen, wie viel ich von euch halte, und was ich von euch hoffe, ſonderlich bey dieſer Gelegenheit, da ihr allen euren vorigen Dienſten die Crone aufſetzen koͤnnet. Denn wenn ſie wieder zweifelhaft wird, ſo iſt eine kleine unſchul- dige Liſt noͤthig.
Mercket euch das ja genau, was ich euch ſchrei- ben werde: faſſet es recht in das Gemuͤthe. Es wird hoffentlich die letzte Muͤhe ſeyn, die ich euch vor unſerer Hochzeit mache: und hernach wollen wir beyde gewiß fuͤr euch ſorgen. Jhr wiſſet, was ich euch verſprochen habe. Noch niemand hat mir jemahls Schuld gegeben, daß ich mein Wort ge- brochen haͤtte.
Hier iſt denn eure Vorſchrift:
Verkleidet euch, und ſucht in dem Garten zu ſeyn, ohne daß eure Fraͤulein euer gewahr wird. Wenn die Garten-Thuͤr aufgeriegelt iſt, ſo koͤnnt iſt daran mercken, daß ſie mit mir drauſſen redet, wenn ihr ſie gleich nicht hinausgehen ſehet. Die Thuͤr wird zugeſchloſſen ſeyn: und damit ihr im Fall der Noth von innen aufſchlieſſen koͤnnet, ſo will ich meinen Schluͤſſel ausziehen, und ihn drauſſen vor die Thuͤr hinlegen.
Wenn ihr uns reden hoͤrt, ſo bleibt an der Thuͤr inwendig ſtehen: bis ich zweymahl ach! ach! rufe. Allein ihr muͤßt ſehr genau aufmer- cken, denn ich darf nicht allzu laut rufen, ſonſt
moͤch-
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unterdruͤckten Frauenzimmer zu dienen. Wenn
ich nicht eine ſo gute Meinung von euch haͤtte, ſo
wuͤrde ich euch gewiß nicht ſo viel anvertrauen:
daraus koͤnnt ihr wol ſehen, wie viel ich von euch
halte, und was ich von euch hoffe, ſonderlich bey
dieſer Gelegenheit, da ihr allen euren vorigen
Dienſten die Crone aufſetzen koͤnnet. Denn wenn
ſie wieder zweifelhaft wird, ſo iſt eine kleine unſchul-
dige Liſt noͤthig.
Mercket euch das ja genau, was ich euch ſchrei-
ben werde: faſſet es recht in das Gemuͤthe. Es
wird hoffentlich die letzte Muͤhe ſeyn, die ich euch
vor unſerer Hochzeit mache: und hernach wollen
wir beyde gewiß fuͤr euch ſorgen. Jhr wiſſet, was
ich euch verſprochen habe. Noch niemand hat mir
jemahls Schuld gegeben, daß ich mein Wort ge-
brochen haͤtte.
Hier iſt denn eure Vorſchrift:
Verkleidet euch, und ſucht in dem Garten zu
ſeyn, ohne daß eure Fraͤulein euer gewahr wird.
Wenn die Garten-Thuͤr aufgeriegelt iſt, ſo koͤnnt
iſt daran mercken, daß ſie mit mir drauſſen redet,
wenn ihr ſie gleich nicht hinausgehen ſehet. Die
Thuͤr wird zugeſchloſſen ſeyn: und damit ihr im
Fall der Noth von innen aufſchlieſſen koͤnnet, ſo
will ich meinen Schluͤſſel ausziehen, und ihn
drauſſen vor die Thuͤr hinlegen.
Wenn ihr uns reden hoͤrt, ſo bleibt an der
Thuͤr inwendig ſtehen: bis ich zweymahl ach!
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/50>, abgerufen am 03.12.2024.
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