"daß ich ein bisgen Spaß mache. Wir gemeinen "Leute haben eben so wohl unsere Lust, mit "Jhrer Gnaden Erlaubniß, als rechtliche Leute "haben, und wenn wir gescholtenes kriegen, so ha- "ben wir immer wieder andere mit denen wir auch "schelten können: und wenn wir die nicht haben, "so können wir eine Frau nehmen, und der den Bu- "ckel voll schelten. So sind wir doch endlich auch "Herren."
Hierauf klagt er, daß ihn sein Gewissen beun- ruhige als könnte er sich versündiget haben. Denn so boshaft auch sein junger Herr und seine Fräulein wären, so würde doch der alte gnädige Herr und die gnädige Frau nicht haben können so hartleibig seyn, wenn er ihnen nicht auf ihrer Gnaden Befehl so viel Lügen erzählt hätte.
Das ist eben das Unglück, daß sie sich nicht mit meiner lieben jungen Fräulein besprechen und die Sache auseinander setzen können, weil ich auf Jh- re Gnaden Befehl habe sagen müssen, daß ich alle diese Sachen von ihren Wilhelm vor Geld erfah- ren habe, und daß das niemand wieder erfahren dürfte, damit Jhre Gnaden nicht ihm und mir das Licht ausblasen, und die die uns bestochen haben vor der gantzen Welt zu schanden machen möchten. Ach Jhre Gnaden! O Jhre Gnaden ich fürchte, daß ich ein Spitzbube gewesen bin. Gott erbar- me es, ich dachte es nicht.
Aber wenn meine liebe Fräulein zu Falle kom- men sollte, und mit Jhrer Gnaden Erlaubniß aus dem blauen Eber nichts werden sollte. Aber Gott
behüte
„daß ich ein bisgen Spaß mache. Wir gemeinen „Leute haben eben ſo wohl unſere Luſt, mit „Jhrer Gnaden Erlaubniß, als rechtliche Leute „haben, und wenn wir geſcholtenes kriegen, ſo ha- „ben wir immer wieder andere mit denen wir auch „ſchelten koͤnnen: und wenn wir die nicht haben, „ſo koͤnnen wir eine Frau nehmen, und der den Bu- „ckel voll ſchelten. So ſind wir doch endlich auch „Herren.„
Hierauf klagt er, daß ihn ſein Gewiſſen beun- ruhige als koͤnnte er ſich verſuͤndiget haben. Denn ſo boshaft auch ſein junger Herr und ſeine Fraͤulein waͤren, ſo wuͤrde doch der alte gnaͤdige Herr und die gnaͤdige Frau nicht haben koͤnnen ſo hartleibig ſeyn, wenn er ihnen nicht auf ihrer Gnaden Befehl ſo viel Luͤgen erzaͤhlt haͤtte.
Das iſt eben das Ungluͤck, daß ſie ſich nicht mit meiner lieben jungen Fraͤulein beſprechen und die Sache auseinander ſetzen koͤnnen, weil ich auf Jh- re Gnaden Befehl habe ſagen muͤſſen, daß ich alle dieſe Sachen von ihren Wilhelm vor Geld erfah- ren habe, und daß das niemand wieder erfahren duͤrfte, damit Jhre Gnaden nicht ihm und mir das Licht ausblaſen, und die die uns beſtochen haben vor der gantzen Welt zu ſchanden machen moͤchten. Ach Jhre Gnaden! O Jhre Gnaden ich fuͤrchte, daß ich ein Spitzbube geweſen bin. Gott erbar- me es, ich dachte es nicht.
Aber wenn meine liebe Fraͤulein zu Falle kom- men ſollte, und mit Jhrer Gnaden Erlaubniß aus dem blauen Eber nichts werden ſollte. Aber Gott
behuͤte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0372"n="358"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>„daß ich ein bisgen Spaß mache. Wir gemeinen<lb/>„Leute haben eben ſo wohl unſere Luſt, mit<lb/>„Jhrer Gnaden Erlaubniß, als rechtliche Leute<lb/>„haben, und wenn wir geſcholtenes kriegen, ſo ha-<lb/>„ben wir immer wieder andere mit denen wir auch<lb/>„ſchelten koͤnnen: und wenn wir die nicht haben,<lb/>„ſo koͤnnen wir eine Frau nehmen, und der den Bu-<lb/>„ckel voll ſchelten. So ſind wir doch endlich auch<lb/>„Herren.„</p><lb/><p>Hierauf klagt er, daß ihn ſein Gewiſſen beun-<lb/>
ruhige als koͤnnte er ſich verſuͤndiget haben. Denn<lb/>ſo boshaft auch ſein junger Herr und ſeine Fraͤulein<lb/>
waͤren, ſo wuͤrde doch der alte gnaͤdige Herr und die<lb/>
gnaͤdige Frau nicht haben koͤnnen ſo hartleibig ſeyn,<lb/>
wenn er ihnen nicht auf ihrer Gnaden Befehl ſo viel<lb/>
Luͤgen erzaͤhlt haͤtte.</p><lb/><p>Das iſt eben das Ungluͤck, daß ſie ſich nicht mit<lb/>
meiner lieben jungen Fraͤulein beſprechen und die<lb/>
Sache auseinander ſetzen koͤnnen, weil ich auf Jh-<lb/>
re Gnaden Befehl habe ſagen muͤſſen, daß ich alle<lb/>
dieſe Sachen von ihren <hirendition="#fr">Wilhelm</hi> vor Geld erfah-<lb/>
ren habe, und daß das niemand wieder erfahren<lb/>
duͤrfte, damit Jhre Gnaden nicht ihm und mir das<lb/>
Licht ausblaſen, und die die uns beſtochen haben<lb/>
vor der gantzen Welt zu ſchanden machen moͤchten.<lb/>
Ach Jhre Gnaden! O Jhre Gnaden ich fuͤrchte,<lb/>
daß ich ein Spitzbube geweſen bin. Gott erbar-<lb/>
me es, ich dachte es nicht.</p><lb/><p>Aber wenn meine liebe Fraͤulein zu Falle kom-<lb/>
men ſollte, und mit Jhrer Gnaden Erlaubniß aus<lb/>
dem blauen Eber nichts werden ſollte. Aber Gott<lb/><fwplace="bottom"type="catch">behuͤte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[358/0372]
„daß ich ein bisgen Spaß mache. Wir gemeinen
„Leute haben eben ſo wohl unſere Luſt, mit
„Jhrer Gnaden Erlaubniß, als rechtliche Leute
„haben, und wenn wir geſcholtenes kriegen, ſo ha-
„ben wir immer wieder andere mit denen wir auch
„ſchelten koͤnnen: und wenn wir die nicht haben,
„ſo koͤnnen wir eine Frau nehmen, und der den Bu-
„ckel voll ſchelten. So ſind wir doch endlich auch
„Herren.„
Hierauf klagt er, daß ihn ſein Gewiſſen beun-
ruhige als koͤnnte er ſich verſuͤndiget haben. Denn
ſo boshaft auch ſein junger Herr und ſeine Fraͤulein
waͤren, ſo wuͤrde doch der alte gnaͤdige Herr und die
gnaͤdige Frau nicht haben koͤnnen ſo hartleibig ſeyn,
wenn er ihnen nicht auf ihrer Gnaden Befehl ſo viel
Luͤgen erzaͤhlt haͤtte.
Das iſt eben das Ungluͤck, daß ſie ſich nicht mit
meiner lieben jungen Fraͤulein beſprechen und die
Sache auseinander ſetzen koͤnnen, weil ich auf Jh-
re Gnaden Befehl habe ſagen muͤſſen, daß ich alle
dieſe Sachen von ihren Wilhelm vor Geld erfah-
ren habe, und daß das niemand wieder erfahren
duͤrfte, damit Jhre Gnaden nicht ihm und mir das
Licht ausblaſen, und die die uns beſtochen haben
vor der gantzen Welt zu ſchanden machen moͤchten.
Ach Jhre Gnaden! O Jhre Gnaden ich fuͤrchte,
daß ich ein Spitzbube geweſen bin. Gott erbar-
me es, ich dachte es nicht.
Aber wenn meine liebe Fraͤulein zu Falle kom-
men ſollte, und mit Jhrer Gnaden Erlaubniß aus
dem blauen Eber nichts werden ſollte. Aber Gott
behuͤte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/372>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.