"men sollen, damit jeder Theil Gelegenheit habe "alles Mißverständniß zu heben und seine Fehler "in Worten und Wercken zu verbessern und abzu- "bitten, und des andern Urtheil über alle Vorfal- "lenheiten zu bestättigen oder zu verbessern". Wir bedachten bey Aufrichtung unserer genauen Freund- schaft, daß es besser ist und uns mehr Ehre brin- get, wenn wir von einer aufrichtigen Freundin ge- strafet werden, als wenn wir unsere Fehler beybe- halten, und uns dadurch den Tadel unserer Neider und übelgesinneter Leute zuziehen.
Doch es ist eben so unnöthig Sie an diesem Bunde zu erinnern als meine Bitte zu wiederhoh- len, daß Sie stets auf eine freundschaftliche Weise ahnten wollen die Thorheiten
Jhrer ewig ergebenen Cl. Harlowe.
Auf einem besondern Zettel stand folgendes.
Jch habe versprochen, an mich und an meine Umstände in dem vorhergehenden Briefe gar nicht zu gedencken, wenn ich es vermeiden könnte. Jch werde Jhnen in einem eigenen Briefe berichten, wie wir mit einander stehen. Allein Sie müßten er- lauben, daß dieser Brief, auf welchen mir Jhre Antwort und Jhr Rath nöthig ist, nebst Jhrem Antworts-Schreiben, die letzten sind, die zwischen uns gewechselt werden, wenn das Verbot Jhrer Mutter nicht aufgehoben wird.
Jch befürchte sehr, daß ich durch meine unglück- lichen Umstände zu allerhand Ausflüchten und Ver-
dre-
„men ſollen, damit jeder Theil Gelegenheit habe „alles Mißverſtaͤndniß zu heben und ſeine Fehler „in Worten und Wercken zu verbeſſern und abzu- „bitten, und des andern Urtheil uͤber alle Vorfal- „lenheiten zu beſtaͤttigen oder zu verbeſſern„. Wir bedachten bey Aufrichtung unſerer genauen Freund- ſchaft, daß es beſſer iſt und uns mehr Ehre brin- get, wenn wir von einer aufrichtigen Freundin ge- ſtrafet werden, als wenn wir unſere Fehler beybe- halten, und uns dadurch den Tadel unſerer Neider und uͤbelgeſinneter Leute zuziehen.
Doch es iſt eben ſo unnoͤthig Sie an dieſem Bunde zu erinnern als meine Bitte zu wiederhoh- len, daß Sie ſtets auf eine freundſchaftliche Weiſe ahnten wollen die Thorheiten
Jhrer ewig ergebenen Cl. Harlowe.
Auf einem beſondern Zettel ſtand folgendes.
Jch habe verſprochen, an mich und an meine Umſtaͤnde in dem vorhergehenden Briefe gar nicht zu gedencken, wenn ich es vermeiden koͤnnte. Jch werde Jhnen in einem eigenen Briefe berichten, wie wir mit einander ſtehen. Allein Sie muͤßten er- lauben, daß dieſer Brief, auf welchen mir Jhre Antwort und Jhr Rath noͤthig iſt, nebſt Jhrem Antworts-Schreiben, die letzten ſind, die zwiſchen uns gewechſelt werden, wenn das Verbot Jhrer Mutter nicht aufgehoben wird.
Jch befuͤrchte ſehr, daß ich durch meine ungluͤck- lichen Umſtaͤnde zu allerhand Ausfluͤchten und Ver-
dre-
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[330/0344]
„men ſollen, damit jeder Theil Gelegenheit habe
„alles Mißverſtaͤndniß zu heben und ſeine Fehler
„in Worten und Wercken zu verbeſſern und abzu-
„bitten, und des andern Urtheil uͤber alle Vorfal-
„lenheiten zu beſtaͤttigen oder zu verbeſſern„. Wir
bedachten bey Aufrichtung unſerer genauen Freund-
ſchaft, daß es beſſer iſt und uns mehr Ehre brin-
get, wenn wir von einer aufrichtigen Freundin ge-
ſtrafet werden, als wenn wir unſere Fehler beybe-
halten, und uns dadurch den Tadel unſerer Neider
und uͤbelgeſinneter Leute zuziehen.
Doch es iſt eben ſo unnoͤthig Sie an dieſem
Bunde zu erinnern als meine Bitte zu wiederhoh-
len, daß Sie ſtets auf eine freundſchaftliche Weiſe
ahnten wollen die Thorheiten
Jhrer ewig ergebenen
Cl. Harlowe.
Auf einem beſondern Zettel ſtand folgendes.
Jch habe verſprochen, an mich und an meine
Umſtaͤnde in dem vorhergehenden Briefe gar nicht
zu gedencken, wenn ich es vermeiden koͤnnte. Jch
werde Jhnen in einem eigenen Briefe berichten, wie
wir mit einander ſtehen. Allein Sie muͤßten er-
lauben, daß dieſer Brief, auf welchen mir Jhre
Antwort und Jhr Rath noͤthig iſt, nebſt Jhrem
Antworts-Schreiben, die letzten ſind, die zwiſchen
uns gewechſelt werden, wenn das Verbot Jhrer
Mutter nicht aufgehoben wird.
Jch befuͤrchte ſehr, daß ich durch meine ungluͤck-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/344>, abgerufen am 21.11.2024.
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