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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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Sie nahm die Harlowische Sprache an, und
sagte, ich sollte und müßte ihr gehorchen. Sie
wollte selbst Herrn Hickmann das Haus verbie-
ten, wenn er der Briefträger bey einem verbotenen
Brief-Wechsel wäre.

Der arme Mensch hat üble Zeit bey uns. Je-
doch er weiß wie er mit meiner Mutter, und er weiß
nicht wie er mit mir stehet: daher kann er, ohne
sich lange zu bedencken, wählen, mit wem er es hal-
ten muß, wenn er auch nicht aus eigenem Triebe
begie[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ig wäre Jhnen zu dienen, das ich ihm doch
nach[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]hmen muß. Dieses giebt ihm in meinen
Auge[n] einen Werth, den er sonst ohngeachtet aller
seiner guten Eigenschaften nie erhalten würde.
Dem wenn ich gleich sonst noch so viele Fehler habe,
so weiß ich doch, ohne mich zu erheben, daß ich die
guten Eigenschaften, die ich vorhin an ihm lobete,
auch besitze: desto eher könnte er ihrer entbehren,
wenn wir ein Paar werden sollen. Wenn jemand
eine gitige und freygebige Frau hat, und nur selbst
kein Knicker ist, und sie nicht abhält gutes zu thun;
so ge[s]chiehet schon genug. Hat ein freygebiger
Mann eine gute Haushälterin, so ist es für beyde am
besten. Denn wenn beyde Theile geben und schen-
cken, und sich doch einander nicht so wohl verstehen,
daß der eine um die Wohlthaten des andern Theils
weiß, so werden sie so viel verschencken, daß die Ge-
rechtigkeit darunter leiden wird. Sind das nicht
Sätze aus der strengsten Haushaltungs-Weisheit?
Sie sind aber in der That die Mittel-Strasse, zwi-
schen der übertriebenen Weisheit meiner Mutter

und
U 3


Sie nahm die Harlowiſche Sprache an, und
ſagte, ich ſollte und muͤßte ihr gehorchen. Sie
wollte ſelbſt Herrn Hickmann das Haus verbie-
ten, wenn er der Brieftraͤger bey einem verbotenen
Brief-Wechſel waͤre.

Der arme Menſch hat uͤble Zeit bey uns. Je-
doch er weiß wie er mit meiner Mutter, und er weiß
nicht wie er mit mir ſtehet: daher kann er, ohne
ſich lange zu bedencken, waͤhlen, mit wem er es hal-
ten muß, wenn er auch nicht aus eigenem Triebe
begie[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ig waͤre Jhnen zu dienen, das ich ihm doch
nach[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]hmen muß. Dieſes giebt ihm in meinen
Auge[n] einen Werth, den er ſonſt ohngeachtet aller
ſeiner guten Eigenſchaften nie erhalten wuͤrde.
Dem wenn ich gleich ſonſt noch ſo viele Fehler habe,
ſo weiß ich doch, ohne mich zu erheben, daß ich die
guten Eigenſchaften, die ich vorhin an ihm lobete,
auch beſitze: deſto eher koͤnnte er ihrer entbehren,
wenn wir ein Paar werden ſollen. Wenn jemand
eine gitige und freygebige Frau hat, und nur ſelbſt
kein Knicker iſt, und ſie nicht abhaͤlt gutes zu thun;
ſo ge[ſ]chiehet ſchon genug. Hat ein freygebiger
Mann eine gute Haushaͤlterin, ſo iſt es fuͤr beyde am
beſten. Denn wenn beyde Theile geben und ſchen-
cken, und ſich doch einander nicht ſo wohl verſtehen,
daß der eine um die Wohlthaten des andern Theils
weiß, ſo werden ſie ſo viel verſchencken, daß die Ge-
rechtigkeit darunter leiden wird. Sind das nicht
Saͤtze aus der ſtrengſten Haushaltungs-Weisheit?
Sie ſind aber in der That die Mittel-Straſſe, zwi-
ſchen der uͤbertriebenen Weisheit meiner Mutter

und
U 3
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[309/0323] Sie nahm die Harlowiſche Sprache an, und ſagte, ich ſollte und muͤßte ihr gehorchen. Sie wollte ſelbſt Herrn Hickmann das Haus verbie- ten, wenn er der Brieftraͤger bey einem verbotenen Brief-Wechſel waͤre. Der arme Menſch hat uͤble Zeit bey uns. Je- doch er weiß wie er mit meiner Mutter, und er weiß nicht wie er mit mir ſtehet: daher kann er, ohne ſich lange zu bedencken, waͤhlen, mit wem er es hal- ten muß, wenn er auch nicht aus eigenem Triebe begie_ig waͤre Jhnen zu dienen, das ich ihm doch nach_hmen muß. Dieſes giebt ihm in meinen Augen einen Werth, den er ſonſt ohngeachtet aller ſeiner guten Eigenſchaften nie erhalten wuͤrde. Dem wenn ich gleich ſonſt noch ſo viele Fehler habe, ſo weiß ich doch, ohne mich zu erheben, daß ich die guten Eigenſchaften, die ich vorhin an ihm lobete, auch beſitze: deſto eher koͤnnte er ihrer entbehren, wenn wir ein Paar werden ſollen. Wenn jemand eine gitige und freygebige Frau hat, und nur ſelbſt kein Knicker iſt, und ſie nicht abhaͤlt gutes zu thun; ſo geſchiehet ſchon genug. Hat ein freygebiger Mann eine gute Haushaͤlterin, ſo iſt es fuͤr beyde am beſten. Denn wenn beyde Theile geben und ſchen- cken, und ſich doch einander nicht ſo wohl verſtehen, daß der eine um die Wohlthaten des andern Theils weiß, ſo werden ſie ſo viel verſchencken, daß die Ge- rechtigkeit darunter leiden wird. Sind das nicht Saͤtze aus der ſtrengſten Haushaltungs-Weisheit? Sie ſind aber in der That die Mittel-Straſſe, zwi- ſchen der uͤbertriebenen Weisheit meiner Mutter und U 3

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/323>, abgerufen am 25.11.2024.