Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



Vorschlag gedacht, durch den er mich überzeugen
könnte, daß er meine Beruhigung seinem allergrös-
sesten Vergnügen vorzöge.

Er erbot sich hierauf, sich persöhnlich zu bemü-
hen, daß ich meine Hannichen zur Auffwartung be-
kommen möchte. Weil ich keine von den beyden
Jungfern Sorlings in meine Dienste nehmen
wolte, so könnte er nicht eher ruhig seyn, bis ich ein
anderes Cammer-Mädchen hätte, auf dessen Treue
ich mich vollkommen verlassen könnte.

Jch antwortete: Sie würden die Gütigkeit ha-
ben, Hannichen wieder zu miethen, wenn es mög-
lich wäre.

Er schlug vor: wenn es nicht möglich wäre, so
wollte er Jhnen seine Aufwartung machen, und
Sie um Jhr eigenes Cammer-Mädchen anspre-
chen, bis ich sonst nach Wunsch versorget wäre.

Jch antwortete: Jhre Frau Mutter sey mit
meiner Flucht, die sie für vorsätzlich hielte, so übel
zufrieden, daß Sie es nicht wagen dürften, sich mei-
ner öffentlich anzunehmen.

Er erstaunete gantz hierüber, weil Jhre Frau
Mutter sonst immer so viel auf mich gehalten hätte,
und Sie so viel bey ihr vermöchten, wie Sie denn
auch werth wären, viel bey ihr zu vermögen.
Er wünscht, daß nur nicht eben die Person mit im
Spiel wäre, die sich so viele Mühe gebe, meinen
Vater und seine Brüder aufzuhetzen.

Jch sagte: ich fürchtete allerdings, daß mein
Bruder Schuld daran haben möchte. Mein Onckle
Anton würde sich aus eignem Triebe nicht so viele

Mühe



Vorſchlag gedacht, durch den er mich uͤberzeugen
koͤnnte, daß er meine Beruhigung ſeinem allergroͤſ-
ſeſten Vergnuͤgen vorzoͤge.

Er erbot ſich hierauf, ſich perſoͤhnlich zu bemuͤ-
hen, daß ich meine Hannichen zur Auffwartung be-
kommen moͤchte. Weil ich keine von den beyden
Jungfern Sorlings in meine Dienſte nehmen
wolte, ſo koͤnnte er nicht eher ruhig ſeyn, bis ich ein
anderes Cammer-Maͤdchen haͤtte, auf deſſen Treue
ich mich vollkommen verlaſſen koͤnnte.

Jch antwortete: Sie wuͤrden die Guͤtigkeit ha-
ben, Hannichen wieder zu miethen, wenn es moͤg-
lich waͤre.

Er ſchlug vor: wenn es nicht moͤglich waͤre, ſo
wollte er Jhnen ſeine Aufwartung machen, und
Sie um Jhr eigenes Cammer-Maͤdchen anſpre-
chen, bis ich ſonſt nach Wunſch verſorget waͤre.

Jch antwortete: Jhre Frau Mutter ſey mit
meiner Flucht, die ſie fuͤr vorſaͤtzlich hielte, ſo uͤbel
zufrieden, daß Sie es nicht wagen duͤrften, ſich mei-
ner oͤffentlich anzunehmen.

Er erſtaunete gantz hieruͤber, weil Jhre Frau
Mutter ſonſt immer ſo viel auf mich gehalten haͤtte,
und Sie ſo viel bey ihr vermoͤchten, wie Sie denn
auch werth waͤren, viel bey ihr zu vermoͤgen.
Er wuͤnſcht, daß nur nicht eben die Perſon mit im
Spiel waͤre, die ſich ſo viele Muͤhe gebe, meinen
Vater und ſeine Bruͤder aufzuhetzen.

Jch ſagte: ich fuͤrchtete allerdings, daß mein
Bruder Schuld daran haben moͤchte. Mein Onckle
Anton wuͤrde ſich aus eignem Triebe nicht ſo viele

Muͤhe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0276" n="262"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Vor&#x017F;chlag gedacht, durch den er mich u&#x0364;berzeugen<lb/>
ko&#x0364;nnte, daß er meine Beruhigung &#x017F;einem allergro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;ten Vergnu&#x0364;gen vorzo&#x0364;ge.</p><lb/>
          <p>Er erbot &#x017F;ich hierauf, &#x017F;ich per&#x017F;o&#x0364;hnlich zu bemu&#x0364;-<lb/>
hen, daß ich meine Hannichen zur Auffwartung be-<lb/>
kommen mo&#x0364;chte. Weil ich keine von den beyden<lb/>
Jungfern <hi rendition="#fr">Sorlings</hi> in meine Dien&#x017F;te nehmen<lb/>
wolte, &#x017F;o ko&#x0364;nnte er nicht eher ruhig &#x017F;eyn, bis ich ein<lb/>
anderes Cammer-Ma&#x0364;dchen ha&#x0364;tte, auf de&#x017F;&#x017F;en Treue<lb/>
ich mich vollkommen verla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p>Jch antwortete: Sie wu&#x0364;rden die Gu&#x0364;tigkeit ha-<lb/>
ben, <hi rendition="#fr">Hannichen</hi> wieder zu miethen, wenn es mo&#x0364;g-<lb/>
lich wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;chlug vor: wenn es nicht mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, &#x017F;o<lb/>
wollte er Jhnen &#x017F;eine Aufwartung machen, und<lb/>
Sie um Jhr eigenes Cammer-Ma&#x0364;dchen an&#x017F;pre-<lb/>
chen, bis ich &#x017F;on&#x017F;t nach Wun&#x017F;ch ver&#x017F;orget wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Jch antwortete: Jhre Frau Mutter &#x017F;ey mit<lb/>
meiner Flucht, die &#x017F;ie fu&#x0364;r vor&#x017F;a&#x0364;tzlich hielte, &#x017F;o u&#x0364;bel<lb/>
zufrieden, daß Sie es nicht wagen du&#x0364;rften, &#x017F;ich mei-<lb/>
ner o&#x0364;ffentlich anzunehmen.</p><lb/>
          <p>Er er&#x017F;taunete gantz hieru&#x0364;ber, weil Jhre Frau<lb/>
Mutter &#x017F;on&#x017F;t immer &#x017F;o viel auf mich gehalten ha&#x0364;tte,<lb/>
und Sie &#x017F;o viel bey ihr vermo&#x0364;chten, wie Sie denn<lb/>
auch werth wa&#x0364;ren, viel bey ihr zu vermo&#x0364;gen.<lb/>
Er wu&#x0364;n&#x017F;cht, daß nur nicht eben die Per&#x017F;on mit im<lb/>
Spiel wa&#x0364;re, die &#x017F;ich &#x017F;o viele Mu&#x0364;he gebe, meinen<lb/>
Vater und &#x017F;eine Bru&#x0364;der aufzuhetzen.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;agte: ich fu&#x0364;rchtete allerdings, daß mein<lb/>
Bruder Schuld daran haben mo&#x0364;chte. Mein Onckle<lb/><hi rendition="#fr">Anton</hi> wu&#x0364;rde &#x017F;ich aus eignem Triebe nicht &#x017F;o viele<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mu&#x0364;he</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0276] Vorſchlag gedacht, durch den er mich uͤberzeugen koͤnnte, daß er meine Beruhigung ſeinem allergroͤſ- ſeſten Vergnuͤgen vorzoͤge. Er erbot ſich hierauf, ſich perſoͤhnlich zu bemuͤ- hen, daß ich meine Hannichen zur Auffwartung be- kommen moͤchte. Weil ich keine von den beyden Jungfern Sorlings in meine Dienſte nehmen wolte, ſo koͤnnte er nicht eher ruhig ſeyn, bis ich ein anderes Cammer-Maͤdchen haͤtte, auf deſſen Treue ich mich vollkommen verlaſſen koͤnnte. Jch antwortete: Sie wuͤrden die Guͤtigkeit ha- ben, Hannichen wieder zu miethen, wenn es moͤg- lich waͤre. Er ſchlug vor: wenn es nicht moͤglich waͤre, ſo wollte er Jhnen ſeine Aufwartung machen, und Sie um Jhr eigenes Cammer-Maͤdchen anſpre- chen, bis ich ſonſt nach Wunſch verſorget waͤre. Jch antwortete: Jhre Frau Mutter ſey mit meiner Flucht, die ſie fuͤr vorſaͤtzlich hielte, ſo uͤbel zufrieden, daß Sie es nicht wagen duͤrften, ſich mei- ner oͤffentlich anzunehmen. Er erſtaunete gantz hieruͤber, weil Jhre Frau Mutter ſonſt immer ſo viel auf mich gehalten haͤtte, und Sie ſo viel bey ihr vermoͤchten, wie Sie denn auch werth waͤren, viel bey ihr zu vermoͤgen. Er wuͤnſcht, daß nur nicht eben die Perſon mit im Spiel waͤre, die ſich ſo viele Muͤhe gebe, meinen Vater und ſeine Bruͤder aufzuhetzen. Jch ſagte: ich fuͤrchtete allerdings, daß mein Bruder Schuld daran haben moͤchte. Mein Onckle Anton wuͤrde ſich aus eignem Triebe nicht ſo viele Muͤhe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/276
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/276>, abgerufen am 21.11.2024.