Es ist einer der betrübtesten Umstände, in den man sich durch Unbedächtlichkeit setzet, daß man al- len die uns lieben, Kummer, und allen die uns und unsere Familie hassen, Freude verursachet.
Wie nützlich könnte diese Betrachtung seyn, wenn man zu rechter Zeit, da eben der Ausschlag unseren Entschliessungen zu geben ist, darauf geführet würde!
Sie erkennen den Werth der Tugend bey einer Manns-Person nicht genug. So edel auch sonst Jhr Gemüth ist, so sind Sie doch von dem Fehler nicht völlig rein, daß Sie das geringe schätzen, was Sie haben. Es würde Jhnen gewiß nicht in den Sinn kommen, wenn Herr Lovelace Jhr Anbeter wäre, ihm auf eben die Art zu begegnen, wie sich der ihm weit vorzuziehende Herr Hickmann es ge- fallen lassen muß. Sie kennen doch die Person, die von meiner Mutter an mich schrieb: wer viel ertragen könne, dem werde auch gemeinig- lich viel zu tragen aufgelegt. Jch glaube Herr Hickmann würde begierig seyn, den Nahmen die- ses Frauenzimmers zu wissen; in der gewissen Hoff- nung, daß es seinen eigenen Satz zur Uebung brin- gen werde: und er würde wünschen, daß dieses Frauenzimmer mit der Fräulein Howe bekannt seyn möchte.
Ein artiges und edles Hertz ist gewiß keine ver- ächtliche Eigenschaft einer Manns-Person. War- um bekäme sonst der vornehmste Stand den Nah- men des Adels? einen Nahmen, den oft Fürsten nicht verdienen: weil uns nicht so wohl Geburt und
Güter
Es iſt einer der betruͤbteſten Umſtaͤnde, in den man ſich durch Unbedaͤchtlichkeit ſetzet, daß man al- len die uns lieben, Kummer, und allen die uns und unſere Familie haſſen, Freude verurſachet.
Wie nuͤtzlich koͤnnte dieſe Betrachtung ſeyn, wenn man zu rechter Zeit, da eben der Ausſchlag unſeren Entſchlieſſungen zu geben iſt, darauf gefuͤhret wuͤrde!
Sie erkennen den Werth der Tugend bey einer Manns-Perſon nicht genug. So edel auch ſonſt Jhr Gemuͤth iſt, ſo ſind Sie doch von dem Fehler nicht voͤllig rein, daß Sie das geringe ſchaͤtzen, was Sie haben. Es wuͤrde Jhnen gewiß nicht in den Sinn kommen, wenn Herr Lovelace Jhr Anbeter waͤre, ihm auf eben die Art zu begegnen, wie ſich der ihm weit vorzuziehende Herr Hickmann es ge- fallen laſſen muß. Sie kennen doch die Perſon, die von meiner Mutter an mich ſchrieb: wer viel ertragen koͤnne, dem werde auch gemeinig- lich viel zu tragen aufgelegt. Jch glaube Herr Hickmann wuͤrde begierig ſeyn, den Nahmen die- ſes Frauenzimmers zu wiſſen; in der gewiſſen Hoff- nung, daß es ſeinen eigenen Satz zur Uebung brin- gen werde: und er wuͤrde wuͤnſchen, daß dieſes Frauenzimmer mit der Fraͤulein Howe bekannt ſeyn moͤchte.
Ein artiges und edles Hertz iſt gewiß keine ver- aͤchtliche Eigenſchaft einer Manns-Perſon. War- um bekaͤme ſonſt der vornehmſte Stand den Nah- men des Adels? einen Nahmen, den oft Fuͤrſten nicht verdienen: weil uns nicht ſo wohl Geburt und
Guͤter
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Es iſt einer der betruͤbteſten Umſtaͤnde, in den
man ſich durch Unbedaͤchtlichkeit ſetzet, daß man al-
len die uns lieben, Kummer, und allen die uns und
unſere Familie haſſen, Freude verurſachet.
Wie nuͤtzlich koͤnnte dieſe Betrachtung ſeyn, wenn
man zu rechter Zeit, da eben der Ausſchlag unſeren
Entſchlieſſungen zu geben iſt, darauf gefuͤhret
wuͤrde!
Sie erkennen den Werth der Tugend bey einer
Manns-Perſon nicht genug. So edel auch ſonſt
Jhr Gemuͤth iſt, ſo ſind Sie doch von dem Fehler
nicht voͤllig rein, daß Sie das geringe ſchaͤtzen, was
Sie haben. Es wuͤrde Jhnen gewiß nicht in den
Sinn kommen, wenn Herr Lovelace Jhr Anbeter
waͤre, ihm auf eben die Art zu begegnen, wie ſich
der ihm weit vorzuziehende Herr Hickmann es ge-
fallen laſſen muß. Sie kennen doch die Perſon,
die von meiner Mutter an mich ſchrieb:
wer viel ertragen koͤnne, dem werde auch gemeinig-
lich viel zu tragen aufgelegt. Jch glaube Herr
Hickmann wuͤrde begierig ſeyn, den Nahmen die-
ſes Frauenzimmers zu wiſſen; in der gewiſſen Hoff-
nung, daß es ſeinen eigenen Satz zur Uebung brin-
gen werde: und er wuͤrde wuͤnſchen, daß dieſes
Frauenzimmer mit der Fraͤulein Howe bekannt
ſeyn moͤchte.
Ein artiges und edles Hertz iſt gewiß keine ver-
aͤchtliche Eigenſchaft einer Manns-Perſon. War-
um bekaͤme ſonſt der vornehmſte Stand den Nah-
men des Adels? einen Nahmen, den oft Fuͤrſten
nicht verdienen: weil uns nicht ſo wohl Geburt und
Guͤter
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/258>, abgerufen am 18.12.2024.
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