cher unschuldigen Mädchens haben Sie vorhin ge- hört; und die gantze Welt redet davon. Er ge- stehet also nichts, als was ihm zu leugnen unmög- lich ist. Sein Geständniß soll ihm blos zur Aus- flucht und Entschuldigung dienen. Es soll heissen: alles das, was Lovelacens Feinde ihm Schuld geben, ist nichts mehr, als was er selbst bekennet.
Das ist schlimm genug. Was aber nun zu thun? Jch glaube, Sie müssen sich in Jhre Umstände schicken, und sie gebrauchen, so gut als es möglich ist. Jch will mit Jhnen hoffen, daß er keine böse Absicht hat: denn sein Vorschlag wegen Windsor, und was er davon gesagt hat, daß er Sie bey einem Dom-Herrn einmiethen wolle, gefällt mir wohl. Seine Bereitwilligkeit, sich von Jhnen zu entfer- nen, und sich selbst nach einer bequemen Miethe umzusehen, hat ebenfalls einen guten Schein. Jch wüßte keinen bessern Orth zu geben, Sie kommen nun in eines Dom-Herren Haus, oder nicht, als daß der Dom-Herr über Sie beyderseits bald einen Seegen aus dem Kirchen-Buche spreche.
Jch billige Jhre Wachsamkeit, Jhre Vorsich- tigkeit, kurtz alles was Sie gethan haben; die Un- terredung mit ihm ist das eintzige, welches ich aus- nehme. Wenn ich aber diese Ausnahme mache, so urtheile ich blos aus dem Erfolg: denn wer würde sich zum voraus einen solchen Ausgang dieser Un- terredung vorgestellet haben? Allein er ist ein Teu- fel, wenn man ihn blos nach dem beurtheilen will, was er selbst von sich saget. Wenn er den verfluch- ten Solmes und Jhren noch mehr verfluchten
Bru-
cher unſchuldigen Maͤdchens haben Sie vorhin ge- hoͤrt; und die gantze Welt redet davon. Er ge- ſtehet alſo nichts, als was ihm zu leugnen unmoͤg- lich iſt. Sein Geſtaͤndniß ſoll ihm blos zur Aus- flucht und Entſchuldigung dienen. Es ſoll heiſſen: alles das, was Lovelacens Feinde ihm Schuld geben, iſt nichts mehr, als was er ſelbſt bekennet.
Das iſt ſchlimm genug. Was aber nun zu thun? Jch glaube, Sie muͤſſen ſich in Jhre Umſtaͤnde ſchicken, und ſie gebrauchen, ſo gut als es moͤglich iſt. Jch will mit Jhnen hoffen, daß er keine boͤſe Abſicht hat: denn ſein Vorſchlag wegen Windſor, und was er davon geſagt hat, daß er Sie bey einem Dom-Herrn einmiethen wolle, gefaͤllt mir wohl. Seine Bereitwilligkeit, ſich von Jhnen zu entfer- nen, und ſich ſelbſt nach einer bequemen Miethe umzuſehen, hat ebenfalls einen guten Schein. Jch wuͤßte keinen beſſern Orth zu geben, Sie kommen nun in eines Dom-Herren Haus, oder nicht, als daß der Dom-Herr uͤber Sie beyderſeits bald einen Seegen aus dem Kirchen-Buche ſpreche.
Jch billige Jhre Wachſamkeit, Jhre Vorſich- tigkeit, kurtz alles was Sie gethan haben; die Un- terredung mit ihm iſt das eintzige, welches ich aus- nehme. Wenn ich aber dieſe Ausnahme mache, ſo urtheile ich blos aus dem Erfolg: denn wer wuͤrde ſich zum voraus einen ſolchen Ausgang dieſer Un- terredung vorgeſtellet haben? Allein er iſt ein Teu- fel, wenn man ihn blos nach dem beurtheilen will, was er ſelbſt von ſich ſaget. Wenn er den verfluch- ten Solmes und Jhren noch mehr verfluchten
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cher unſchuldigen Maͤdchens haben Sie vorhin ge-
hoͤrt; und die gantze Welt redet davon. Er ge-
ſtehet alſo nichts, als was ihm zu leugnen unmoͤg-
lich iſt. Sein Geſtaͤndniß ſoll ihm blos zur Aus-
flucht und Entſchuldigung dienen. Es ſoll heiſſen:
alles das, was Lovelacens Feinde ihm Schuld
geben, iſt nichts mehr, als was er ſelbſt bekennet.
Das iſt ſchlimm genug. Was aber nun zu thun?
Jch glaube, Sie muͤſſen ſich in Jhre Umſtaͤnde
ſchicken, und ſie gebrauchen, ſo gut als es moͤglich
iſt. Jch will mit Jhnen hoffen, daß er keine boͤſe
Abſicht hat: denn ſein Vorſchlag wegen Windſor,
und was er davon geſagt hat, daß er Sie bey einem
Dom-Herrn einmiethen wolle, gefaͤllt mir wohl.
Seine Bereitwilligkeit, ſich von Jhnen zu entfer-
nen, und ſich ſelbſt nach einer bequemen Miethe
umzuſehen, hat ebenfalls einen guten Schein. Jch
wuͤßte keinen beſſern Orth zu geben, Sie kommen
nun in eines Dom-Herren Haus, oder nicht, als
daß der Dom-Herr uͤber Sie beyderſeits bald einen
Seegen aus dem Kirchen-Buche ſpreche.
Jch billige Jhre Wachſamkeit, Jhre Vorſich-
tigkeit, kurtz alles was Sie gethan haben; die Un-
terredung mit ihm iſt das eintzige, welches ich aus-
nehme. Wenn ich aber dieſe Ausnahme mache, ſo
urtheile ich blos aus dem Erfolg: denn wer wuͤrde
ſich zum voraus einen ſolchen Ausgang dieſer Un-
terredung vorgeſtellet haben? Allein er iſt ein Teu-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/252>, abgerufen am 25.11.2024.
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