Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



"zeichnet, ja mir noch nicht einmahl zur Unter-
"schrifft vorgelegt. Es steht bey mir, ob ich sie
"unterschreiben will, oder nicht; ob mir gleich sehr
"schwer fallen wird, es abzuschlagen, wenn mein
"Vater selbst diese Forderung an mich bringt. Mei-
"ne Eltern hatten vor, nach meines Onckels Gut
"zu verreisen, wenn es nöthig wäre, Gewalt ge-
"gen mich zu gebrauchen, damit ich ihnen mit
"meinen Bitten nicht möchte beschwerlich fallen
"können. Allein diesen Mittewochen gedencken
"sie hier gegenwärtig zu seyn. So fürchterlich mir
"auch der Gedancke ist, vor sie und vor die gantze
"Versammlung aller der Meinigen gestellet zu
"werden, so ist dieses dennoch, wo ich mich nicht
"irre, eine Sache, die ich sehr zu wünschen habe.
"Denn mein Bruder und meine Schwester glau-
"ben, daß ich so vieles bey meinen Eltern vermag,
"daß sie mich eben deswegen von ihrer Gegenwart
"auszuschließen suchten, weil sie ohne dieses es für
"unmöglich hielten, ihre Absichten gegen mich zu
"erreichen."

"Was habe ich für Ursache, daran zu zwei-
"feln, daß ich nicht einen oder den andern unter
"meinen Anverwanten werde gewinnen können?
"und daß ich nicht meines Bruders Arglistigkeit
"vor seinen Augen deutlich abmahlen, und hie-
"durch sein Vermögen bey meinen übrigen Anver-
"wanten schwächen sollte, wenn ich Gelegenheit
"hätte, ihm in Beyseyn anderer unter die Augen
"zu treten."

Wenn
A 2



„zeichnet, ja mir noch nicht einmahl zur Unter-
„ſchrifft vorgelegt. Es ſteht bey mir, ob ich ſie
„unterſchreiben will, oder nicht; ob mir gleich ſehr
„ſchwer fallen wird, es abzuſchlagen, wenn mein
„Vater ſelbſt dieſe Forderung an mich bringt. Mei-
„ne Eltern hatten vor, nach meines Onckels Gut
„zu verreiſen, wenn es noͤthig waͤre, Gewalt ge-
„gen mich zu gebrauchen, damit ich ihnen mit
„meinen Bitten nicht moͤchte beſchwerlich fallen
„koͤnnen. Allein dieſen Mittewochen gedencken
„ſie hier gegenwaͤrtig zu ſeyn. So fuͤrchterlich mir
„auch der Gedancke iſt, vor ſie und vor die gantze
„Verſammlung aller der Meinigen geſtellet zu
„werden, ſo iſt dieſes dennoch, wo ich mich nicht
„irre, eine Sache, die ich ſehr zu wuͤnſchen habe.
„Denn mein Bruder und meine Schweſter glau-
„ben, daß ich ſo vieles bey meinen Eltern vermag,
„daß ſie mich eben deswegen von ihrer Gegenwart
„auszuſchließen ſuchten, weil ſie ohne dieſes es fuͤr
„unmoͤglich hielten, ihre Abſichten gegen mich zu
„erreichen.„

„Was habe ich fuͤr Urſache, daran zu zwei-
„feln, daß ich nicht einen oder den andern unter
„meinen Anverwanten werde gewinnen koͤnnen?
„und daß ich nicht meines Bruders Argliſtigkeit
„vor ſeinen Augen deutlich abmahlen, und hie-
„durch ſein Vermoͤgen bey meinen uͤbrigen Anver-
„wanten ſchwaͤchen ſollte, wenn ich Gelegenheit
„haͤtte, ihm in Beyſeyn anderer unter die Augen
„zu treten.„

Wenn
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0017" n="3"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201E;zeichnet, ja mir noch nicht einmahl zur Unter-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chrifft vorgelegt. Es &#x017F;teht bey mir, ob ich &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;unter&#x017F;chreiben will, oder nicht; ob mir gleich &#x017F;ehr<lb/>
&#x201E;&#x017F;chwer fallen wird, es abzu&#x017F;chlagen, wenn mein<lb/>
&#x201E;Vater &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;e Forderung an mich bringt. Mei-<lb/>
&#x201E;ne Eltern hatten vor, nach meines Onckels Gut<lb/>
&#x201E;zu verrei&#x017F;en, wenn es no&#x0364;thig wa&#x0364;re, Gewalt ge-<lb/>
&#x201E;gen mich zu gebrauchen, damit ich ihnen mit<lb/>
&#x201E;meinen Bitten nicht mo&#x0364;chte be&#x017F;chwerlich fallen<lb/>
&#x201E;ko&#x0364;nnen. Allein die&#x017F;en Mittewochen gedencken<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie hier gegenwa&#x0364;rtig zu &#x017F;eyn. So fu&#x0364;rchterlich mir<lb/>
&#x201E;auch der Gedancke i&#x017F;t, vor &#x017F;ie und vor die gantze<lb/>
&#x201E;Ver&#x017F;ammlung aller der Meinigen ge&#x017F;tellet zu<lb/>
&#x201E;werden, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es dennoch, wo ich mich nicht<lb/>
&#x201E;irre, eine Sache, die ich &#x017F;ehr zu wu&#x0364;n&#x017F;chen habe.<lb/>
&#x201E;Denn mein Bruder und meine Schwe&#x017F;ter glau-<lb/>
&#x201E;ben, daß ich &#x017F;o vieles bey meinen Eltern vermag,<lb/>
&#x201E;daß &#x017F;ie mich eben deswegen von ihrer Gegenwart<lb/>
&#x201E;auszu&#x017F;chließen &#x017F;uchten, weil &#x017F;ie ohne die&#x017F;es es fu&#x0364;r<lb/>
&#x201E;unmo&#x0364;glich hielten, ihre Ab&#x017F;ichten gegen mich zu<lb/>
&#x201E;erreichen.&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Was habe ich fu&#x0364;r Ur&#x017F;ache, daran zu zwei-<lb/>
&#x201E;feln, daß ich nicht einen oder den andern unter<lb/>
&#x201E;meinen Anverwanten werde gewinnen ko&#x0364;nnen?<lb/>
&#x201E;und daß ich nicht meines Bruders Argli&#x017F;tigkeit<lb/>
&#x201E;vor &#x017F;einen Augen deutlich abmahlen, und hie-<lb/>
&#x201E;durch &#x017F;ein Vermo&#x0364;gen bey meinen u&#x0364;brigen Anver-<lb/>
&#x201E;wanten &#x017F;chwa&#x0364;chen &#x017F;ollte, wenn ich Gelegenheit<lb/>
&#x201E;ha&#x0364;tte, ihm in Bey&#x017F;eyn anderer unter die Augen<lb/>
&#x201E;zu treten.&#x201E;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0017] „zeichnet, ja mir noch nicht einmahl zur Unter- „ſchrifft vorgelegt. Es ſteht bey mir, ob ich ſie „unterſchreiben will, oder nicht; ob mir gleich ſehr „ſchwer fallen wird, es abzuſchlagen, wenn mein „Vater ſelbſt dieſe Forderung an mich bringt. Mei- „ne Eltern hatten vor, nach meines Onckels Gut „zu verreiſen, wenn es noͤthig waͤre, Gewalt ge- „gen mich zu gebrauchen, damit ich ihnen mit „meinen Bitten nicht moͤchte beſchwerlich fallen „koͤnnen. Allein dieſen Mittewochen gedencken „ſie hier gegenwaͤrtig zu ſeyn. So fuͤrchterlich mir „auch der Gedancke iſt, vor ſie und vor die gantze „Verſammlung aller der Meinigen geſtellet zu „werden, ſo iſt dieſes dennoch, wo ich mich nicht „irre, eine Sache, die ich ſehr zu wuͤnſchen habe. „Denn mein Bruder und meine Schweſter glau- „ben, daß ich ſo vieles bey meinen Eltern vermag, „daß ſie mich eben deswegen von ihrer Gegenwart „auszuſchließen ſuchten, weil ſie ohne dieſes es fuͤr „unmoͤglich hielten, ihre Abſichten gegen mich zu „erreichen.„ „Was habe ich fuͤr Urſache, daran zu zwei- „feln, daß ich nicht einen oder den andern unter „meinen Anverwanten werde gewinnen koͤnnen? „und daß ich nicht meines Bruders Argliſtigkeit „vor ſeinen Augen deutlich abmahlen, und hie- „durch ſein Vermoͤgen bey meinen uͤbrigen Anver- „wanten ſchwaͤchen ſollte, wenn ich Gelegenheit „haͤtte, ihm in Beyſeyn anderer unter die Augen „zu treten.„ Wenn A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/17
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/17>, abgerufen am 21.11.2024.