ner Gewißheit zu gelangen, noch auch unter so vielen erduldeten Widrigkeiten die Würckungen zwey sehr verschiedener Dinge zu unterscheiden, (ich meyne die Würkungen der Jhnen angetha- nen Wiedrigkeiten und der Liebe) umgleichsam je- der ihre Gebühr zu geben. So viel ich mich er- innere, habe ich Jhnen schon sonst einmal hievon einen Winck gegeben: Darum will ich jetzt nichts weiter davon gedencken.
Robin saget: Sie müsten Jhre Briefe kaum hingelegt haben, als er sie weggenommen; denn er sey eine halbe Stunde vorhinda gewesen, ohne etwas zu finden: Weil er aber gesehen, mit wie vieler Ungeduld ich auf Nachrichten wartete, habe er sich länger in der Gegend aufgehalten, um, (wo möglich) etwas von Jh[n]en mitzubringen.
Meine Baase Jenny Fyinet ist jetzt hier, und verlanget bey mir zu übernachten. Vermuthlich werde ich daher nicht Zeit haben, mich mit der er- foderten Ernsthaftigkeit und Sammlung der Ge- dancken an meinen Schreib-Tisch zu setzen. Sie ist, wie sie wissen, dem Geschwätz sehr ergeben, und hat es gern, wenn ich viel mit ihr rede. Doch kommt sie jetzt wegen einer wichtigen Angelegen- heit zu uns: nehmlich meine Mutter zu bewegen, daß sie mit ihr zu ihrer Groß-Mutter, der Frau Larkin reisen soll. Diese ist lange bettlägerig ge- wesen; endlich fällt ihr ein, daß sie sterblich sey, und Ursachen habe ein Testament zu machen: eine Arbeit, die ihr bisher sehr fürchterlich vorgekom- men ist. Doch will sie dieses nur unter der Be-
dingung
Die Geſchichte
ner Gewißheit zu gelangen, noch auch unter ſo vielen erduldeten Widrigkeiten die Wuͤrckungen zwey ſehr verſchiedener Dinge zu unterſcheiden, (ich meyne die Wuͤrkungen der Jhnen angetha- nen Wiedrigkeiten und der Liebe) umgleichſam je- der ihre Gebuͤhr zu geben. So viel ich mich er- innere, habe ich Jhnen ſchon ſonſt einmal hievon einen Winck gegeben: Darum will ich jetzt nichts weiter davon gedencken.
Robin ſaget: Sie muͤſten Jhre Briefe kaum hingelegt haben, als er ſie weggenommen; denn er ſey eine halbe Stunde vorhinda geweſen, ohne etwas zu finden: Weil er aber geſehen, mit wie vieler Ungeduld ich auf Nachrichten wartete, habe er ſich laͤnger in der Gegend aufgehalten, um, (wo moͤglich) etwas von Jh[n]en mitzubringen.
Meine Baaſe Jenny Fyinet iſt jetzt hier, und verlanget bey mir zu uͤbernachten. Vermuthlich werde ich daher nicht Zeit haben, mich mit der er- foderten Ernſthaftigkeit und Sammlung der Ge- dancken an meinen Schreib-Tiſch zu ſetzen. Sie iſt, wie ſie wiſſen, dem Geſchwaͤtz ſehr ergeben, und hat es gern, wenn ich viel mit ihr rede. Doch kommt ſie jetzt wegen einer wichtigen Angelegen- heit zu uns: nehmlich meine Mutter zu bewegen, daß ſie mit ihr zu ihrer Groß-Mutter, der Frau Larkin reiſen ſoll. Dieſe iſt lange bettlaͤgerig ge- weſen; endlich faͤllt ihr ein, daß ſie ſterblich ſey, und Urſachen habe ein Teſtament zu machen: eine Arbeit, die ihr bisher ſehr fuͤrchterlich vorgekom- men iſt. Doch will ſie dieſes nur unter der Be-
dingung
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Die Geſchichte
ner Gewißheit zu gelangen, noch auch unter ſo
vielen erduldeten Widrigkeiten die Wuͤrckungen
zwey ſehr verſchiedener Dinge zu unterſcheiden,
(ich meyne die Wuͤrkungen der Jhnen angetha-
nen Wiedrigkeiten und der Liebe) umgleichſam je-
der ihre Gebuͤhr zu geben. So viel ich mich er-
innere, habe ich Jhnen ſchon ſonſt einmal hievon
einen Winck gegeben: Darum will ich jetzt nichts
weiter davon gedencken.
Robin ſaget: Sie muͤſten Jhre Briefe kaum
hingelegt haben, als er ſie weggenommen; denn
er ſey eine halbe Stunde vorhinda geweſen, ohne
etwas zu finden: Weil er aber geſehen, mit wie
vieler Ungeduld ich auf Nachrichten wartete, habe
er ſich laͤnger in der Gegend aufgehalten, um,
(wo moͤglich) etwas von Jhnen mitzubringen.
Meine Baaſe Jenny Fyinet iſt jetzt hier, und
verlanget bey mir zu uͤbernachten. Vermuthlich
werde ich daher nicht Zeit haben, mich mit der er-
foderten Ernſthaftigkeit und Sammlung der Ge-
dancken an meinen Schreib-Tiſch zu ſetzen. Sie
iſt, wie ſie wiſſen, dem Geſchwaͤtz ſehr ergeben, und
hat es gern, wenn ich viel mit ihr rede. Doch
kommt ſie jetzt wegen einer wichtigen Angelegen-
heit zu uns: nehmlich meine Mutter zu bewegen,
daß ſie mit ihr zu ihrer Groß-Mutter, der Frau
Larkin reiſen ſoll. Dieſe iſt lange bettlaͤgerig ge-
weſen; endlich faͤllt ihr ein, daß ſie ſterblich ſey,
und Urſachen habe ein Teſtament zu machen: eine
Arbeit, die ihr bisher ſehr fuͤrchterlich vorgekom-
men iſt. Doch will ſie dieſes nur unter der Be-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/8>, abgerufen am 24.11.2024.
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