in Sorgen seyn, daß mir etwas begegnet seyn könnte: und wird er nicht gar zu meinen Eltern kommen? Ach warum habe ich mich mit Manns- personen überall eingelassen? Wie glücklich war ich, ehe ich diesen Menschen kannte.
Jch habe heute in dem Sommer-Hause ge- speisset: es ward mir auf das erste Wort erlaubt. Um zu zeigen, daß ich keine Absichten dabey hät- te, ging ich gleich nach dem Essen wieder mit Elisabeth hinein. Weil das gute Wetter be- ständig zu werden scheint, so hielt ich es für dien- lich, mir diese Freyheit auszubitten. Denn ich weiß noch nicht, wozu mich der Dienstag oder Mittewochen zwingen wird.
Sonntag Abends um 7. Uhr.
Mein Brief liegt noch da! Jch glaube er macht Anstalten auf morgen, und kan deswegen nicht selbst kommen. Er hat ja aber doch Be- dienten. Meint er mich schon so gewiß zu ha- ben, daß es nicht mehr nöthig sey, sich weiter Mühe um mich zu geben, als bis der Augen- blick eintritt, den ich bestimmet habe? Er weiß ja wie ich belagert bin: er weiß, was für Fällen ich unterworffen bin. Jch kan kranck, oder ge- nauer bewachet oder noch mehr eingesperret wer- den als vorhin: unser Briefwechsel könnte ent- deckt werden: es könnte nöthig seyn, einige an- dere Einrichtungen zu machen: ich könnte zu et- was gezwungen werden, das meinen ihm ge-
melde-
Die Geſchichte
in Sorgen ſeyn, daß mir etwas begegnet ſeyn koͤnnte: und wird er nicht gar zu meinen Eltern kommen? Ach warum habe ich mich mit Manns- perſonen uͤberall eingelaſſen? Wie gluͤcklich war ich, ehe ich dieſen Menſchen kannte.
Jch habe heute in dem Sommer-Hauſe ge- ſpeiſſet: es ward mir auf das erſte Wort erlaubt. Um zu zeigen, daß ich keine Abſichten dabey haͤt- te, ging ich gleich nach dem Eſſen wieder mit Eliſabeth hinein. Weil das gute Wetter be- ſtaͤndig zu werden ſcheint, ſo hielt ich es fuͤr dien- lich, mir dieſe Freyheit auszubitten. Denn ich weiß noch nicht, wozu mich der Dienſtag oder Mittewochen zwingen wird.
Sonntag Abends um 7. Uhr.
Mein Brief liegt noch da! Jch glaube er macht Anſtalten auf morgen, und kan deswegen nicht ſelbſt kommen. Er hat ja aber doch Be- dienten. Meint er mich ſchon ſo gewiß zu ha- ben, daß es nicht mehr noͤthig ſey, ſich weiter Muͤhe um mich zu geben, als bis der Augen- blick eintritt, den ich beſtimmet habe? Er weiß ja wie ich belagert bin: er weiß, was fuͤr Faͤllen ich unterworffen bin. Jch kan kranck, oder ge- nauer bewachet oder noch mehr eingeſperret wer- den als vorhin: unſer Briefwechſel koͤnnte ent- deckt werden: es koͤnnte noͤthig ſeyn, einige an- dere Einrichtungen zu machen: ich koͤnnte zu et- was gezwungen werden, das meinen ihm ge-
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Die Geſchichte
in Sorgen ſeyn, daß mir etwas begegnet ſeyn
koͤnnte: und wird er nicht gar zu meinen Eltern
kommen? Ach warum habe ich mich mit Manns-
perſonen uͤberall eingelaſſen? Wie gluͤcklich war
ich, ehe ich dieſen Menſchen kannte.
Jch habe heute in dem Sommer-Hauſe ge-
ſpeiſſet: es ward mir auf das erſte Wort erlaubt.
Um zu zeigen, daß ich keine Abſichten dabey haͤt-
te, ging ich gleich nach dem Eſſen wieder mit
Eliſabeth hinein. Weil das gute Wetter be-
ſtaͤndig zu werden ſcheint, ſo hielt ich es fuͤr dien-
lich, mir dieſe Freyheit auszubitten. Denn ich
weiß noch nicht, wozu mich der Dienſtag oder
Mittewochen zwingen wird.
Sonntag Abends um 7. Uhr.
Mein Brief liegt noch da! Jch glaube er
macht Anſtalten auf morgen, und kan deswegen
nicht ſelbſt kommen. Er hat ja aber doch Be-
dienten. Meint er mich ſchon ſo gewiß zu ha-
ben, daß es nicht mehr noͤthig ſey, ſich weiter
Muͤhe um mich zu geben, als bis der Augen-
blick eintritt, den ich beſtimmet habe? Er weiß
ja wie ich belagert bin: er weiß, was fuͤr Faͤllen
ich unterworffen bin. Jch kan kranck, oder ge-
nauer bewachet oder noch mehr eingeſperret wer-
den als vorhin: unſer Briefwechſel koͤnnte ent-
deckt werden: es koͤnnte noͤthig ſeyn, einige an-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/504>, abgerufen am 24.11.2024.
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