Ehre und Liebe gegen mich: sagen sie mir, ob die Meinigen schlechterdings entschlossen sind, mir den Mann aufzuzwingen, es mag auch dar- aus kommen was da will?
Ja! sie müssen Herrn Solmes haben, mein Kind: wahrlich sie müssen!
Wahrlich ich will nicht. Jch habe schon hun- dertmahl gesagt, daß dieses nicht eigentlich mei- nes Vaters Wille ist. Jch will ihn wahrhaff- tig nicht nehmen. Mehr sage ich nicht.
Es ist aber nun ihres Vaters Wille: (ver- setzte meine Base) und wenn ich bedencke, daß Herr Lovelace der gantzen Familie so drohet, und vest entschlossen ist, sie mit Gewalt zu ent- führen: so muß muß ich gestehen, daß ihre Eltern Recht haben, wenn sie sich ihr Kind nicht abtro- tzen lassen wollen.
Wohlan, so bleibt für mich keine Hoffnung übrig. So muß ich verzweiffelte Mittel er- wählen. So frage ich nichts mehr darnach, was aus mir wird.
Mein Schatz, jedermann bauet auf ihre Fröm- migkeit und Klugheit, und auf Herrn Lovela- ces üblen Nahmen und auf sein Trotzen und Drohen, daß sie billig eben so sehr gegen ihn auf- bringen solte als die übrigen. Wird sind versi- chert, daß eine Zeit kommen wird, da sie anders von den Mitteln urtheilen werden, durch die ihre Freunde die Absichten eines ihnen mit Recht ver- haßten Mannes zu vernichten suchen.
Sie ging weg, und verließ mich in meiner
völli-
Die Geſchichte
Ehre und Liebe gegen mich: ſagen ſie mir, ob die Meinigen ſchlechterdings entſchloſſen ſind, mir den Mann aufzuzwingen, es mag auch dar- aus kommen was da will?
Wahrlich ich will nicht. Jch habe ſchon hun- dertmahl geſagt, daß dieſes nicht eigentlich mei- nes Vaters Wille iſt. Jch will ihn wahrhaff- tig nicht nehmen. Mehr ſage ich nicht.
Es iſt aber nun ihres Vaters Wille: (ver- ſetzte meine Baſe) und wenn ich bedencke, daß Herr Lovelace der gantzen Familie ſo drohet, und veſt entſchloſſen iſt, ſie mit Gewalt zu ent- fuͤhren: ſo muß muß ich geſtehen, daß ihre Eltern Recht haben, wenn ſie ſich ihr Kind nicht abtro- tzen laſſen wollen.
Wohlan, ſo bleibt fuͤr mich keine Hoffnung uͤbrig. So muß ich verzweiffelte Mittel er- waͤhlen. So frage ich nichts mehr darnach, was aus mir wird.
Mein Schatz, jedermann bauet auf ihre Froͤm- migkeit und Klugheit, und auf Herrn Lovela- ces uͤblen Nahmen und auf ſein Trotzen und Drohen, daß ſie billig eben ſo ſehr gegen ihn auf- bringen ſolte als die uͤbrigen. Wird ſind verſi- chert, daß eine Zeit kommen wird, da ſie anders von den Mitteln urtheilen werden, durch die ihre Freunde die Abſichten eines ihnen mit Recht ver- haßten Mannes zu vernichten ſuchen.
Sie ging weg, und verließ mich in meiner
voͤlli-
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Die Geſchichte
Ehre und Liebe gegen mich: ſagen ſie mir, ob
die Meinigen ſchlechterdings entſchloſſen ſind,
mir den Mann aufzuzwingen, es mag auch dar-
aus kommen was da will?
Ja! ſie muͤſſen Herrn Solmes haben, mein
Kind: wahrlich ſie muͤſſen!
Wahrlich ich will nicht. Jch habe ſchon hun-
dertmahl geſagt, daß dieſes nicht eigentlich mei-
nes Vaters Wille iſt. Jch will ihn wahrhaff-
tig nicht nehmen. Mehr ſage ich nicht.
Es iſt aber nun ihres Vaters Wille: (ver-
ſetzte meine Baſe) und wenn ich bedencke, daß
Herr Lovelace der gantzen Familie ſo drohet,
und veſt entſchloſſen iſt, ſie mit Gewalt zu ent-
fuͤhren: ſo muß muß ich geſtehen, daß ihre Eltern
Recht haben, wenn ſie ſich ihr Kind nicht abtro-
tzen laſſen wollen.
Wohlan, ſo bleibt fuͤr mich keine Hoffnung
uͤbrig. So muß ich verzweiffelte Mittel er-
waͤhlen. So frage ich nichts mehr darnach, was
aus mir wird.
Mein Schatz, jedermann bauet auf ihre Froͤm-
migkeit und Klugheit, und auf Herrn Lovela-
ces uͤblen Nahmen und auf ſein Trotzen und
Drohen, daß ſie billig eben ſo ſehr gegen ihn auf-
bringen ſolte als die uͤbrigen. Wird ſind verſi-
chert, daß eine Zeit kommen wird, da ſie anders
von den Mitteln urtheilen werden, durch die ihre
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Sie ging weg, und verließ mich in meiner
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/428>, abgerufen am 22.11.2024.
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