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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte
Ehre und Liebe gegen mich: sagen sie mir, ob
die Meinigen schlechterdings entschlossen sind,
mir den Mann aufzuzwingen, es mag auch dar-
aus kommen was da will?

Ja! sie müssen Herrn Solmes haben, mein
Kind: wahrlich sie müssen!

Wahrlich ich will nicht. Jch habe schon hun-
dertmahl gesagt, daß dieses nicht eigentlich mei-
nes Vaters Wille ist. Jch will ihn wahrhaff-
tig nicht nehmen. Mehr sage ich nicht.

Es ist aber nun ihres Vaters Wille: (ver-
setzte meine Base) und wenn ich bedencke, daß
Herr Lovelace der gantzen Familie so drohet,
und vest entschlossen ist, sie mit Gewalt zu ent-
führen: so muß muß ich gestehen, daß ihre Eltern
Recht haben, wenn sie sich ihr Kind nicht abtro-
tzen lassen wollen.

Wohlan, so bleibt für mich keine Hoffnung
übrig. So muß ich verzweiffelte Mittel er-
wählen. So frage ich nichts mehr darnach, was
aus mir wird.

Mein Schatz, jedermann bauet auf ihre Fröm-
migkeit und Klugheit, und auf Herrn Lovela-
ces
üblen Nahmen und auf sein Trotzen und
Drohen, daß sie billig eben so sehr gegen ihn auf-
bringen solte als die übrigen. Wird sind versi-
chert, daß eine Zeit kommen wird, da sie anders
von den Mitteln urtheilen werden, durch die ihre
Freunde die Absichten eines ihnen mit Recht ver-
haßten Mannes zu vernichten suchen.

Sie ging weg, und verließ mich in meiner

völli-

Die Geſchichte
Ehre und Liebe gegen mich: ſagen ſie mir, ob
die Meinigen ſchlechterdings entſchloſſen ſind,
mir den Mann aufzuzwingen, es mag auch dar-
aus kommen was da will?

Ja! ſie muͤſſen Herrn Solmes haben, mein
Kind: wahrlich ſie muͤſſen!

Wahrlich ich will nicht. Jch habe ſchon hun-
dertmahl geſagt, daß dieſes nicht eigentlich mei-
nes Vaters Wille iſt. Jch will ihn wahrhaff-
tig nicht nehmen. Mehr ſage ich nicht.

Es iſt aber nun ihres Vaters Wille: (ver-
ſetzte meine Baſe) und wenn ich bedencke, daß
Herr Lovelace der gantzen Familie ſo drohet,
und veſt entſchloſſen iſt, ſie mit Gewalt zu ent-
fuͤhren: ſo muß muß ich geſtehen, daß ihre Eltern
Recht haben, wenn ſie ſich ihr Kind nicht abtro-
tzen laſſen wollen.

Wohlan, ſo bleibt fuͤr mich keine Hoffnung
uͤbrig. So muß ich verzweiffelte Mittel er-
waͤhlen. So frage ich nichts mehr darnach, was
aus mir wird.

Mein Schatz, jedermann bauet auf ihre Froͤm-
migkeit und Klugheit, und auf Herrn Lovela-
ces
uͤblen Nahmen und auf ſein Trotzen und
Drohen, daß ſie billig eben ſo ſehr gegen ihn auf-
bringen ſolte als die uͤbrigen. Wird ſind verſi-
chert, daß eine Zeit kommen wird, da ſie anders
von den Mitteln urtheilen werden, durch die ihre
Freunde die Abſichten eines ihnen mit Recht ver-
haßten Mannes zu vernichten ſuchen.

Sie ging weg, und verließ mich in meiner

voͤlli-
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[422/0428] Die Geſchichte Ehre und Liebe gegen mich: ſagen ſie mir, ob die Meinigen ſchlechterdings entſchloſſen ſind, mir den Mann aufzuzwingen, es mag auch dar- aus kommen was da will? Ja! ſie muͤſſen Herrn Solmes haben, mein Kind: wahrlich ſie muͤſſen! Wahrlich ich will nicht. Jch habe ſchon hun- dertmahl geſagt, daß dieſes nicht eigentlich mei- nes Vaters Wille iſt. Jch will ihn wahrhaff- tig nicht nehmen. Mehr ſage ich nicht. Es iſt aber nun ihres Vaters Wille: (ver- ſetzte meine Baſe) und wenn ich bedencke, daß Herr Lovelace der gantzen Familie ſo drohet, und veſt entſchloſſen iſt, ſie mit Gewalt zu ent- fuͤhren: ſo muß muß ich geſtehen, daß ihre Eltern Recht haben, wenn ſie ſich ihr Kind nicht abtro- tzen laſſen wollen. Wohlan, ſo bleibt fuͤr mich keine Hoffnung uͤbrig. So muß ich verzweiffelte Mittel er- waͤhlen. So frage ich nichts mehr darnach, was aus mir wird. Mein Schatz, jedermann bauet auf ihre Froͤm- migkeit und Klugheit, und auf Herrn Lovela- ces uͤblen Nahmen und auf ſein Trotzen und Drohen, daß ſie billig eben ſo ſehr gegen ihn auf- bringen ſolte als die uͤbrigen. Wird ſind verſi- chert, daß eine Zeit kommen wird, da ſie anders von den Mitteln urtheilen werden, durch die ihre Freunde die Abſichten eines ihnen mit Recht ver- haßten Mannes zu vernichten ſuchen. Sie ging weg, und verließ mich in meiner voͤlli-

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/428>, abgerufen am 18.05.2024.