"sichert, daß es mir eben so sehr zu verdencken "wäre, wenn ich aus einem Hause flüchtete, in "welches ich mit Gewalt gebracht wäre, als "wenn ich meines Vaters Haus verliesse. Wenn "es auch auf das höchste käme, so hoffete ich doch "die Meinigen noch aufzuhalten, bis mein Vet- "ter Morden ankommt, welcher Recht hat, "mich in meines Gros-Vaters Gut einzusetzen, "so bald ich darauf dringe."
Dieses letzte scheint mir selbst etwas zu künst- lich zu seyn. Mein Zweck ist dabey, ihn von schlimmern Händeln abzuhalten. Denn in der That habe ich wenig Hoffnung, wenn ich würck- lich nach meinem Onckle reisen muß, und dem Willen meines Bruders und meiner Schwester überlassen werde, daß sie nicht Gewalt gebrau- chen werden, die Trauung zu vollziehen, ich mag nun bey mir selbst seyn und von meinen Sinnen etwas wissen, oder nicht. Wäre einige Hoffnung übrig, diesem Unglück zu entgehen, oder es nur so lange zu verzögern, bis mein Vet- ter ankommt, (sollte ich auch allerhand einneh- men, um mich kranck zu machen:) so würde ich alsdenn nicht einmahl aus meines Onckles Hause flüchten. Denn zu den Grund-Sätzen, nach welchen ich meine Handlungen einzurichten suche, will es sich gar nicht schicken den Gehorsam gegen meine Eltern aus den Augen zu setzen, es sey wo es wolle.
Allein ich glaube nicht, daß es auf das äus- serste gekommen ist, weil Sie mich hoffen las-
sen
Die Geſchichte
„ſichert, daß es mir eben ſo ſehr zu verdencken „waͤre, wenn ich aus einem Hauſe fluͤchtete, in „welches ich mit Gewalt gebracht waͤre, als „wenn ich meines Vaters Haus verlieſſe. Wenn „es auch auf das hoͤchſte kaͤme, ſo hoffete ich doch „die Meinigen noch aufzuhalten, bis mein Vet- „ter Morden ankommt, welcher Recht hat, „mich in meines Gros-Vaters Gut einzuſetzen, „ſo bald ich darauf dringe.„
Dieſes letzte ſcheint mir ſelbſt etwas zu kuͤnſt- lich zu ſeyn. Mein Zweck iſt dabey, ihn von ſchlimmern Haͤndeln abzuhalten. Denn in der That habe ich wenig Hoffnung, wenn ich wuͤrck- lich nach meinem Onckle reiſen muß, und dem Willen meines Bruders und meiner Schweſter uͤberlaſſen werde, daß ſie nicht Gewalt gebrau- chen werden, die Trauung zu vollziehen, ich mag nun bey mir ſelbſt ſeyn und von meinen Sinnen etwas wiſſen, oder nicht. Waͤre einige Hoffnung uͤbrig, dieſem Ungluͤck zu entgehen, oder es nur ſo lange zu verzoͤgern, bis mein Vet- ter ankommt, (ſollte ich auch allerhand einneh- men, um mich kranck zu machen:) ſo wuͤrde ich alsdenn nicht einmahl aus meines Onckles Hauſe fluͤchten. Denn zu den Grund-Saͤtzen, nach welchen ich meine Handlungen einzurichten ſuche, will es ſich gar nicht ſchicken den Gehorſam gegen meine Eltern aus den Augen zu ſetzen, es ſey wo es wolle.
Allein ich glaube nicht, daß es auf das aͤuſ- ſerſte gekommen iſt, weil Sie mich hoffen laſ-
ſen
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Die Geſchichte
„ſichert, daß es mir eben ſo ſehr zu verdencken
„waͤre, wenn ich aus einem Hauſe fluͤchtete, in
„welches ich mit Gewalt gebracht waͤre, als
„wenn ich meines Vaters Haus verlieſſe. Wenn
„es auch auf das hoͤchſte kaͤme, ſo hoffete ich doch
„die Meinigen noch aufzuhalten, bis mein Vet-
„ter Morden ankommt, welcher Recht hat,
„mich in meines Gros-Vaters Gut einzuſetzen,
„ſo bald ich darauf dringe.„
Dieſes letzte ſcheint mir ſelbſt etwas zu kuͤnſt-
lich zu ſeyn. Mein Zweck iſt dabey, ihn von
ſchlimmern Haͤndeln abzuhalten. Denn in der
That habe ich wenig Hoffnung, wenn ich wuͤrck-
lich nach meinem Onckle reiſen muß, und dem
Willen meines Bruders und meiner Schweſter
uͤberlaſſen werde, daß ſie nicht Gewalt gebrau-
chen werden, die Trauung zu vollziehen, ich
mag nun bey mir ſelbſt ſeyn und von meinen
Sinnen etwas wiſſen, oder nicht. Waͤre einige
Hoffnung uͤbrig, dieſem Ungluͤck zu entgehen,
oder es nur ſo lange zu verzoͤgern, bis mein Vet-
ter ankommt, (ſollte ich auch allerhand einneh-
men, um mich kranck zu machen:) ſo wuͤrde ich
alsdenn nicht einmahl aus meines Onckles Hauſe
fluͤchten. Denn zu den Grund-Saͤtzen, nach
welchen ich meine Handlungen einzurichten ſuche,
will es ſich gar nicht ſchicken den Gehorſam
gegen meine Eltern aus den Augen zu ſetzen, es
ſey wo es wolle.
Allein ich glaube nicht, daß es auf das aͤuſ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/272>, abgerufen am 25.11.2024.
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