[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.Die Geschichte Gräntzen nie zu übertreten. Ein jeder sollte aufden andern genau sehen, daß er sich nicht mehr heraus nehme als ihm zustände. Was würde in dem Grosbrittannischen Staat für Unheil ent- stehen, wenn die Rechte der drey grossen Glieder, aus denen unser Staatscörper bestehet, nicht be- kannt und bey Gelegenheit verfochten wären? Die beyden Häuser, die das Recht haben Gesetze zu machen, würden eins das andere drücken, und ihm etwas abzuzwacken suchen: bis daß derjeni- ge, dem es obliegt über die Gesetze zu halten, sie beyderseits verschlingen würde.* Sie werden sagen: wenn aber zwey verstän- Ja, mein Schatz; darin haben Sie recht. Doch * Um solcher Leser willen, die hier eine Dunckelheit fin-
den, und wohl gar auf die drey Königreiche Eng- land, Schottland und Jrrland dencken möchteu, ist zu erinnern, daß der König und die beyden Häuser des Parlaments, nehmlich das Ober- und Unter-Haus verstanden werden. Die Geſchichte Graͤntzen nie zu uͤbertreten. Ein jeder ſollte aufden andern genau ſehen, daß er ſich nicht mehr heraus nehme als ihm zuſtaͤnde. Was wuͤrde in dem Grosbrittanniſchen Staat fuͤr Unheil ent- ſtehen, wenn die Rechte der drey groſſen Glieder, aus denen unſer Staatscoͤrper beſtehet, nicht be- kannt und bey Gelegenheit verfochten waͤren? Die beyden Haͤuſer, die das Recht haben Geſetze zu machen, wuͤrden eins das andere druͤcken, und ihm etwas abzuzwacken ſuchen: bis daß derjeni- ge, dem es obliegt uͤber die Geſetze zu halten, ſie beyderſeits verſchlingen wuͤrde.* Sie werden ſagen: wenn aber zwey verſtaͤn- Ja, mein Schatz; darin haben Sie recht. Doch * Um ſolcher Leſer willen, die hier eine Dunckelheit fin-
den, und wohl gar auf die drey Koͤnigreiche Eng- land, Schottland und Jrrland dencken moͤchteu, iſt zu erinnern, daß der Koͤnig und die beyden Haͤuſer des Parlaments, nehmlich das Ober- und Unter-Haus verſtanden werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0230" n="224"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/> Graͤntzen nie zu uͤbertreten. Ein jeder ſollte auf<lb/> den andern genau ſehen, daß er ſich nicht mehr<lb/> heraus nehme als ihm zuſtaͤnde. Was wuͤrde<lb/> in dem Grosbrittanniſchen Staat fuͤr Unheil ent-<lb/> ſtehen, wenn die Rechte der drey groſſen Glieder,<lb/> aus denen unſer Staatscoͤrper beſtehet, nicht be-<lb/> kannt und bey Gelegenheit verfochten waͤren?<lb/> Die beyden Haͤuſer, die das Recht haben Geſetze<lb/> zu machen, wuͤrden eins das andere druͤcken, und<lb/> ihm etwas abzuzwacken ſuchen: bis daß derjeni-<lb/> ge, dem es obliegt uͤber die Geſetze zu halten,<lb/> ſie beyderſeits verſchlingen wuͤrde.<note place="foot" n="*">Um ſolcher Leſer willen, die hier eine Dunckelheit fin-<lb/> den, und wohl gar auf die <hi rendition="#fr">drey Koͤnigreiche</hi> Eng-<lb/> land, Schottland und Jrrland dencken moͤchteu, iſt<lb/> zu erinnern, daß der Koͤnig und die beyden Haͤuſer<lb/> des Parlaments, nehmlich das Ober- und Unter-Haus<lb/> verſtanden werden.</note></p><lb/> <p>Sie werden ſagen: wenn aber zwey verſtaͤn-<lb/> dige Perſonen zuſammen kommen ‒ ‒ ‒</p><lb/> <p>Ja, mein Schatz; darin haben Sie recht.<lb/> Allein wenn keine andere als verſtaͤndige Perſo-<lb/> nen heyrathen ſollten, ‒ ‒ Wie? wenn ich<lb/> mich gar unterſtuͤnde zu behaupten, daß die mei-<lb/> ſten verſtaͤndigen Perſonen unverheyrathet zu<lb/> bleiben pflegten, weil ſie allzu vieles zu bedencken<lb/> finden, ehe ſie einen Entſchluß faſſen koͤnnen?<lb/> Wuͤrde eine von uns beyden an das Heyrathen<lb/> dencken, wenn dieſe Leute oder die Unſrigen uns<lb/> nur zufrieden lieſſen?</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Doch</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [224/0230]
Die Geſchichte
Graͤntzen nie zu uͤbertreten. Ein jeder ſollte auf
den andern genau ſehen, daß er ſich nicht mehr
heraus nehme als ihm zuſtaͤnde. Was wuͤrde
in dem Grosbrittanniſchen Staat fuͤr Unheil ent-
ſtehen, wenn die Rechte der drey groſſen Glieder,
aus denen unſer Staatscoͤrper beſtehet, nicht be-
kannt und bey Gelegenheit verfochten waͤren?
Die beyden Haͤuſer, die das Recht haben Geſetze
zu machen, wuͤrden eins das andere druͤcken, und
ihm etwas abzuzwacken ſuchen: bis daß derjeni-
ge, dem es obliegt uͤber die Geſetze zu halten,
ſie beyderſeits verſchlingen wuͤrde. *
Sie werden ſagen: wenn aber zwey verſtaͤn-
dige Perſonen zuſammen kommen ‒ ‒ ‒
Ja, mein Schatz; darin haben Sie recht.
Allein wenn keine andere als verſtaͤndige Perſo-
nen heyrathen ſollten, ‒ ‒ Wie? wenn ich
mich gar unterſtuͤnde zu behaupten, daß die mei-
ſten verſtaͤndigen Perſonen unverheyrathet zu
bleiben pflegten, weil ſie allzu vieles zu bedencken
finden, ehe ſie einen Entſchluß faſſen koͤnnen?
Wuͤrde eine von uns beyden an das Heyrathen
dencken, wenn dieſe Leute oder die Unſrigen uns
nur zufrieden lieſſen?
Doch
* Um ſolcher Leſer willen, die hier eine Dunckelheit fin-
den, und wohl gar auf die drey Koͤnigreiche Eng-
land, Schottland und Jrrland dencken moͤchteu, iſt
zu erinnern, daß der Koͤnig und die beyden Haͤuſer
des Parlaments, nehmlich das Ober- und Unter-Haus
verſtanden werden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |