Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
gern beraubet sehen, welches das Gefühl der
Menschen-Liebe mit sich bringt.

Als ich mich von ihr wandte, fragte sich mich,
ob sie unten sagen sollte, daß ich mich bequemen
würde.

Jhr möget sagen, daß ich mich zu allem beque-
men will, was sie fodern, wenn ich nur von
Herrn Solmes erlöset werde.

Jst das alles, was ihr jetzt verlanget, Schlei-
cherin?
(Was für Worte hat meine Schwe-
ster.) Wird aber nicht der andere Feuer und
Flammen speyen, und gantz erschrecklich brüllen,
wenn ihm seine gewisse Beute aus den Klauen
gerissen wird.

Jch muß euch auf eure Weise reden lassen,
sonst werden wir uns einander nie verstehen kön-
nen. Jch will nach seinem Brüllen (mit euch zu
reden) nicht viel fragen. Jch will ihm versprechen,
daß wenn ich ja einen andern heyrathe, es nicht
geschehen soll, so lange er unverheurathet ist.
Wenn er damit nicht zufrieden seyn will, so wird
er es seyn müssen, und ich will genugsahme Ver-
sicherung davon geben, daß ich weder Briefe mit
ihm wechseln noch ihn sprechen will. Dieses
wird doch genug seyn.

Allein ich hoffe, ihr werdet nichts gegen einen
blos höflichen Umgang mit Herrn Solmes als
einem guten Freunde eures Vaters einzuwenden
haben.

Nein! Es muß mir frey stehen, mich zu entfer-
nen, wenn er kommt. Jch will mit dem einen so

wenig

Die Geſchichte
gern beraubet ſehen, welches das Gefuͤhl der
Menſchen-Liebe mit ſich bringt.

Als ich mich von ihr wandte, fragte ſich mich,
ob ſie unten ſagen ſollte, daß ich mich bequemen
wuͤrde.

Jhr moͤget ſagen, daß ich mich zu allem beque-
men will, was ſie fodern, wenn ich nur von
Herrn Solmes erloͤſet werde.

Jſt das alles, was ihr jetzt verlanget, Schlei-
cherin?
(Was fuͤr Worte hat meine Schwe-
ſter.) Wird aber nicht der andere Feuer und
Flammen ſpeyen, und gantz erſchrecklich bruͤllen,
wenn ihm ſeine gewiſſe Beute aus den Klauen
geriſſen wird.

Jch muß euch auf eure Weiſe reden laſſen,
ſonſt werden wir uns einander nie verſtehen koͤn-
nen. Jch will nach ſeinem Bruͤllen (mit euch zu
reden) nicht viel fragen. Jch will ihm verſprechen,
daß wenn ich ja einen andern heyrathe, es nicht
geſchehen ſoll, ſo lange er unverheurathet iſt.
Wenn er damit nicht zufrieden ſeyn will, ſo wird
er es ſeyn muͤſſen, und ich will genugſahme Ver-
ſicherung davon geben, daß ich weder Briefe mit
ihm wechſeln noch ihn ſprechen will. Dieſes
wird doch genug ſeyn.

Allein ich hoffe, ihr werdet nichts gegen einen
blos hoͤflichen Umgang mit Herrn Solmes als
einem guten Freunde eures Vaters einzuwenden
haben.

Nein! Es muß mir frey ſtehen, mich zu entfer-
nen, wenn er kommt. Jch will mit dem einen ſo

wenig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0512" n="492"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
gern beraubet &#x017F;ehen, welches das Gefu&#x0364;hl der<lb/>
Men&#x017F;chen-Liebe mit &#x017F;ich bringt.</p><lb/>
        <p>Als ich mich von ihr wandte, fragte &#x017F;ich mich,<lb/>
ob &#x017F;ie unten &#x017F;agen &#x017F;ollte, daß ich mich bequemen<lb/>
wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Jhr mo&#x0364;get &#x017F;agen, daß ich mich zu allem beque-<lb/>
men will, was &#x017F;ie fodern, wenn ich nur von<lb/>
Herrn <hi rendition="#fr">Solmes</hi> erlo&#x0364;&#x017F;et werde.</p><lb/>
        <p>J&#x017F;t das alles, was ihr jetzt verlanget, <hi rendition="#fr">Schlei-<lb/>
cherin?</hi> (Was fu&#x0364;r Worte hat meine Schwe-<lb/>
&#x017F;ter.) Wird aber nicht der andere Feuer und<lb/>
Flammen &#x017F;peyen, und gantz er&#x017F;chrecklich bru&#x0364;llen,<lb/>
wenn ihm &#x017F;eine gewi&#x017F;&#x017F;e Beute aus den Klauen<lb/>
geri&#x017F;&#x017F;en wird.</p><lb/>
        <p>Jch muß euch auf eure Wei&#x017F;e reden la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t werden wir uns einander nie ver&#x017F;tehen ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Jch will nach &#x017F;einem <hi rendition="#fr">Bru&#x0364;llen</hi> (mit euch zu<lb/>
reden) nicht viel fragen. Jch will ihm ver&#x017F;prechen,<lb/>
daß wenn ich ja einen andern heyrathe, es nicht<lb/>
ge&#x017F;chehen &#x017F;oll, &#x017F;o lange er unverheurathet i&#x017F;t.<lb/>
Wenn er damit nicht zufrieden &#x017F;eyn will, &#x017F;o wird<lb/>
er es &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und ich will genug&#x017F;ahme Ver-<lb/>
&#x017F;icherung davon geben, daß ich weder Briefe mit<lb/>
ihm wech&#x017F;eln noch ihn &#x017F;prechen will. Die&#x017F;es<lb/>
wird doch genug &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Allein ich hoffe, ihr werdet nichts gegen einen<lb/>
blos ho&#x0364;flichen Umgang mit Herrn <hi rendition="#fr">Solmes</hi> als<lb/>
einem guten Freunde eures Vaters einzuwenden<lb/>
haben.</p><lb/>
        <p>Nein! Es muß mir frey &#x017F;tehen, mich zu entfer-<lb/>
nen, wenn er kommt. Jch will mit dem einen &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenig</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[492/0512] Die Geſchichte gern beraubet ſehen, welches das Gefuͤhl der Menſchen-Liebe mit ſich bringt. Als ich mich von ihr wandte, fragte ſich mich, ob ſie unten ſagen ſollte, daß ich mich bequemen wuͤrde. Jhr moͤget ſagen, daß ich mich zu allem beque- men will, was ſie fodern, wenn ich nur von Herrn Solmes erloͤſet werde. Jſt das alles, was ihr jetzt verlanget, Schlei- cherin? (Was fuͤr Worte hat meine Schwe- ſter.) Wird aber nicht der andere Feuer und Flammen ſpeyen, und gantz erſchrecklich bruͤllen, wenn ihm ſeine gewiſſe Beute aus den Klauen geriſſen wird. Jch muß euch auf eure Weiſe reden laſſen, ſonſt werden wir uns einander nie verſtehen koͤn- nen. Jch will nach ſeinem Bruͤllen (mit euch zu reden) nicht viel fragen. Jch will ihm verſprechen, daß wenn ich ja einen andern heyrathe, es nicht geſchehen ſoll, ſo lange er unverheurathet iſt. Wenn er damit nicht zufrieden ſeyn will, ſo wird er es ſeyn muͤſſen, und ich will genugſahme Ver- ſicherung davon geben, daß ich weder Briefe mit ihm wechſeln noch ihn ſprechen will. Dieſes wird doch genug ſeyn. Allein ich hoffe, ihr werdet nichts gegen einen blos hoͤflichen Umgang mit Herrn Solmes als einem guten Freunde eures Vaters einzuwenden haben. Nein! Es muß mir frey ſtehen, mich zu entfer- nen, wenn er kommt. Jch will mit dem einen ſo wenig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/512
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/512>, abgerufen am 03.05.2024.