krumme Art ihre Schorey dazu anbietet, mei- nen Brief an Herrn Lovelace zu bringen.
Er schreibt sehr viel von der Hochachtung, die das Frauenzimmer in seiner Familie gegen mich hat, ob ich ihnen gleich von Person weiter nicht bekannt bin, als daß ich die Fräulein Patty Mantague bey Frau Knollys gesprochen habe.
Es ist natürlich, daß man sucht neue Freunde zu bekommen, wenn man die alten verliert. Ob ich nun gleich vielmehr wünschete, von den meini- gen und von Jhnen, meine liebe Fräulein, für liebenswürdig gehalten zu werden, als von irgend sonst jemand in der Welt; so haben doch jene Personen so viel Hochachtung bey jederman, daß man sich wünschen muß, bey ihnen wohl ange- schrieben zu seyn. Können Sie nicht auf eine verdeckte Weise durch Frau Fortescue oder durch Herrn Hickman/ welcher den Lord M. kennet, erfahren, was sie von den Umständen meiner Fa- milie dencken mögen, nachdem so wenige Hoff- nung übrig ist, daß die Verbindung, die sie sonst gebilliget haben, jemals zu Stande kommen werde? Eine so gute Meynung kan ich von mir selbst nicht fassen, daß ich glauben solte, als wünschten sie daß er bey so vielen Widrigkeiten und Verachtung seine vorigen Absichten noch beybehal- ten solte. Mir wäre zwar nichts daran gelegen, wenn sie ihm nunmehr abriethen. Daraus, daß der Lord M. seinen Brief unterzeichnet hat; aus den Versicherungen des Herrn Lovelaces
von
S 2
der Clariſſa.
krumme Art ihre Schorey dazu anbietet, mei- nen Brief an Herrn Lovelace zu bringen.
Er ſchreibt ſehr viel von der Hochachtung, die das Frauenzimmer in ſeiner Familie gegen mich hat, ob ich ihnen gleich von Perſon weiter nicht bekannt bin, als daß ich die Fraͤulein Patty Mantague bey Frau Knollys geſprochen habe.
Es iſt natuͤrlich, daß man ſucht neue Freunde zu bekommen, wenn man die alten verliert. Ob ich nun gleich vielmehr wuͤnſchete, von den meini- gen und von Jhnen, meine liebe Fraͤulein, fuͤr liebenswuͤrdig gehalten zu werden, als von irgend ſonſt jemand in der Welt; ſo haben doch jene Perſonen ſo viel Hochachtung bey jederman, daß man ſich wuͤnſchen muß, bey ihnen wohl ange- ſchrieben zu ſeyn. Koͤnnen Sie nicht auf eine verdeckte Weiſe durch Frau Forteſcue oder durch Herrn Hickman/ welcher den Lord M. kennet, erfahren, was ſie von den Umſtaͤnden meiner Fa- milie dencken moͤgen, nachdem ſo wenige Hoff- nung uͤbrig iſt, daß die Verbindung, die ſie ſonſt gebilliget haben, jemals zu Stande kommen werde? Eine ſo gute Meynung kan ich von mir ſelbſt nicht faſſen, daß ich glauben ſolte, als wuͤnſchten ſie daß eꝛ bey ſo vielen Widꝛigkeiten und Verachtung ſeine voꝛigen Abſichten noch beybehal- ten ſolte. Mir waͤre zwar nichts daran gelegen, wenn ſie ihm nunmehr abriethen. Daraus, daß der Lord M. ſeinen Brief unterzeichnet hat; aus den Verſicherungen des Herrn Lovelaces
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der Clariſſa.
krumme Art ihre Schorey dazu anbietet, mei-
nen Brief an Herrn Lovelace zu bringen.
Er ſchreibt ſehr viel von der Hochachtung, die
das Frauenzimmer in ſeiner Familie gegen mich
hat, ob ich ihnen gleich von Perſon weiter nicht
bekannt bin, als daß ich die Fraͤulein Patty
Mantague bey Frau Knollys geſprochen
habe.
Es iſt natuͤrlich, daß man ſucht neue Freunde
zu bekommen, wenn man die alten verliert. Ob
ich nun gleich vielmehr wuͤnſchete, von den meini-
gen und von Jhnen, meine liebe Fraͤulein, fuͤr
liebenswuͤrdig gehalten zu werden, als von irgend
ſonſt jemand in der Welt; ſo haben doch jene
Perſonen ſo viel Hochachtung bey jederman, daß
man ſich wuͤnſchen muß, bey ihnen wohl ange-
ſchrieben zu ſeyn. Koͤnnen Sie nicht auf eine
verdeckte Weiſe durch Frau Forteſcue oder durch
Herrn Hickman/ welcher den Lord M. kennet,
erfahren, was ſie von den Umſtaͤnden meiner Fa-
milie dencken moͤgen, nachdem ſo wenige Hoff-
nung uͤbrig iſt, daß die Verbindung, die ſie ſonſt
gebilliget haben, jemals zu Stande kommen
werde? Eine ſo gute Meynung kan ich von mir
ſelbſt nicht faſſen, daß ich glauben ſolte, als
wuͤnſchten ſie daß eꝛ bey ſo vielen Widꝛigkeiten und
Verachtung ſeine voꝛigen Abſichten noch beybehal-
ten ſolte. Mir waͤre zwar nichts daran gelegen,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/295>, abgerufen am 25.11.2024.
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