"velace antworten oder nicht antworten soll? "Soll ich ihm antworten, so bitte ich mir Jh- "ren Befehl aus, wen ich zu Bestellung des Brie- "fes gebrauchen soll. Jch aber verbleibe
Hochzuehrende Frau Mutter/ Jhre unglückliche aber stets gehorsame Tochter Clarissa Harlowe.
Mittewochens Morgens.
Eben erhalte ich Antwort. Meine Mutter hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren und niemanden sehen lassen werden, so wird ih- re Absicht eben so gut erreichet, wenn ich Jh- nen den Brief zuschicke. Er war ohne Aufschrift und ohne Unterschrift.
Clarissa.
"Sage nicht, daß alle Straffe und üble Nach- "rede auf dich fällt: ich muß von beyden eben "so viel über mich nehmen als du, ob ich gleich "weit mehr unschuldig bin. Da du eben so hart- "näckig bist, als andere hitzig sind, so tadele dei- "nen Bruder nicht. Jch sehe wir haben recht "darin gehabt, daß Hannichen deine Brief- "trägerin wäre. Wir sind nun in einem Stücke "ruhiger nachdem sie weg ist, und du nicht mehr "(wenigstens wir dencken dieses) an Fräulein "Howe ohne unsere Erlaubniß schreiben kanst.
Jch
Die Geſchichte
„velace antworten oder nicht antworten ſoll? „Soll ich ihm antworten, ſo bitte ich mir Jh- „ren Befehl aus, wen ich zu Beſtellung des Brie- „fes gebrauchen ſoll. Jch aber verbleibe
Hochzuehrende Frau Mutter/ Jhre ungluͤckliche aber ſtets gehorſame Tochter Clariſſa Harlowe.
Mittewochens Morgens.
Eben erhalte ich Antwort. Meine Mutter hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren und niemanden ſehen laſſen werden, ſo wird ih- re Abſicht eben ſo gut erreichet, wenn ich Jh- nen den Brief zuſchicke. Er war ohne Aufſchrift und ohne Unterſchrift.
Clariſſa.
„Sage nicht, daß alle Straffe und uͤble Nach- „rede auf dich faͤllt: ich muß von beyden eben „ſo viel uͤber mich nehmen als du, ob ich gleich „weit mehr unſchuldig bin. Da du eben ſo hart- „naͤckig biſt, als andere hitzig ſind, ſo tadele dei- „nen Bruder nicht. Jch ſehe wir haben recht „darin gehabt, daß Hannichen deine Brief- „traͤgerin waͤre. Wir ſind nun in einem Stuͤcke „ruhiger nachdem ſie weg iſt, und du nicht mehr „(wenigſtens wir dencken dieſes) an Fraͤulein „Howe ohne unſere Erlaubniß ſchreiben kanſt.
Jch
<TEI><text><body><divn="2"><divn="2"><floatingText><body><p><pbfacs="#f0286"n="266"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/>„<hirendition="#fr">velace</hi> antworten oder nicht antworten ſoll?<lb/>„Soll ich ihm antworten, ſo bitte ich mir Jh-<lb/>„ren Befehl aus, wen ich zu Beſtellung des Brie-<lb/>„fes gebrauchen ſoll. Jch aber verbleibe</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">H<hirendition="#fr">ochzuehrende Frau Mutter/</hi><lb/>
Jhre ungluͤckliche aber ſtets gehorſame<lb/>
Tochter<lb/><hirendition="#fr">Clariſſa Harlowe.</hi></hi></salute></closer></body></floatingText><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#et">Mittewochens Morgens.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>ben erhalte ich Antwort. Meine Mutter<lb/>
hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu<lb/>
verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren<lb/><choice><sic>nud</sic><corr>und</corr></choice> niemanden ſehen laſſen werden, ſo wird ih-<lb/>
re Abſicht eben ſo gut erreichet, wenn ich Jh-<lb/>
nen den Brief zuſchicke. Er war ohne Aufſchrift<lb/>
und ohne Unterſchrift.</p><lb/><floatingText><body><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Clariſſa.</hi></hi></salute><lb/><p>„Sage nicht, daß alle Straffe und uͤble Nach-<lb/>„rede auf dich faͤllt: ich muß von beyden eben<lb/>„ſo viel uͤber mich nehmen als du, ob ich gleich<lb/>„weit mehr unſchuldig bin. Da du eben ſo hart-<lb/>„naͤckig biſt, als andere hitzig ſind, ſo tadele dei-<lb/>„nen Bruder nicht. Jch ſehe wir haben recht<lb/>„darin gehabt, daß <hirendition="#fr">Hannichen</hi> deine Brief-<lb/>„traͤgerin waͤre. Wir ſind nun in einem Stuͤcke<lb/>„ruhiger nachdem ſie weg iſt, und du nicht mehr<lb/>„(wenigſtens wir dencken dieſes) an Fraͤulein<lb/>„<hirendition="#fr">Howe</hi> ohne unſere Erlaubniß ſchreiben kanſt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[266/0286]
Die Geſchichte
„velace antworten oder nicht antworten ſoll?
„Soll ich ihm antworten, ſo bitte ich mir Jh-
„ren Befehl aus, wen ich zu Beſtellung des Brie-
„fes gebrauchen ſoll. Jch aber verbleibe
Hochzuehrende Frau Mutter/
Jhre ungluͤckliche aber ſtets gehorſame
Tochter
Clariſſa Harlowe.
Mittewochens Morgens.
Eben erhalte ich Antwort. Meine Mutter
hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu
verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren
und niemanden ſehen laſſen werden, ſo wird ih-
re Abſicht eben ſo gut erreichet, wenn ich Jh-
nen den Brief zuſchicke. Er war ohne Aufſchrift
und ohne Unterſchrift.
Clariſſa.
„Sage nicht, daß alle Straffe und uͤble Nach-
„rede auf dich faͤllt: ich muß von beyden eben
„ſo viel uͤber mich nehmen als du, ob ich gleich
„weit mehr unſchuldig bin. Da du eben ſo hart-
„naͤckig biſt, als andere hitzig ſind, ſo tadele dei-
„nen Bruder nicht. Jch ſehe wir haben recht
„darin gehabt, daß Hannichen deine Brief-
„traͤgerin waͤre. Wir ſind nun in einem Stuͤcke
„ruhiger nachdem ſie weg iſt, und du nicht mehr
„(wenigſtens wir dencken dieſes) an Fraͤulein
„Howe ohne unſere Erlaubniß ſchreiben kanſt.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/286>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.