gen, verbunden bin: so habe ich doch bisweilen gewünschet, daß es GOtt gefallen hätte, mich in meinem lctzten Fieber wegzunehmen, als ich mich noch jedermanns Liebe und guter Meynung zu er- freuen hatte; und noch öfter habe ich gewünschet, daß mein Groß-Vater mir in seinem letzten Wil- len nicht so viel zum voraus vermacht hätte. Denn diese seine Güte hat, wie ich muthmasse, das Hertz meines Bruders und meiner Schwester von mir abgewandt, und wenigstens einigen Neid auf die Gewogenheit meiner Vater-Brüder gegen mich bey Jhnen erwecket, welcher Jhre Liebe biswei- len verdunckelt.
Da mein Bruder von seinem Fieber glücklich wieder hergestellet ist, und man in Ansehung sei- ner Wunde auch gute Hoffnung hat, ob er sich gleich noch nicht ausgewaget: so will ich in Er- zählung unserer Kleinigkeiten, so umständlich seyn, als Sie verlangen. Aber GOtt verhüte, daß niemals ein neues Unglück möge Anlaß ge- ben, diese Nachricht zu dem Zwecke, dessen Sie so gütig erwähnen, anderen vorzuzeigen.
Jch will Jhrem Befehl gemäß von der ersten Bewerbung des Herrn Lovelace um meine Schwester den Anfang machen, und so kurtz seyn als mögltch ist. Jch will nur die Sachen erzäh- len, und Jhnen überlassen, von der Wahrheit des Gerüchts zu urtheilen, daß die jüngere Schwe- ster der ältern ein Hertz gestohlen habe. Es gescha- he zu folge einer Berathschlagung zwischen dem Lord M. und meines Vaters Bruder Anton/
daß
Die Geſchichte
gen, verbunden bin: ſo habe ich doch bisweilen gewuͤnſchet, daß es GOtt gefallen haͤtte, mich in meinem lctzten Fieber wegzunehmen, als ich mich noch jedermanns Liebe und guter Meynung zu er- freuen hatte; und noch oͤfter habe ich gewuͤnſchet, daß mein Groß-Vater mir in ſeinem letzten Wil- len nicht ſo viel zum voraus vermacht haͤtte. Denn dieſe ſeine Guͤte hat, wie ich muthmaſſe, das Hertz meines Bruders und meiner Schweſter von mir abgewandt, und wenigſtens einigen Neid auf die Gewogenheit meiner Vater-Bruͤder gegen mich bey Jhnen erwecket, welcher Jhre Liebe biswei- len verdunckelt.
Da mein Bruder von ſeinem Fieber gluͤcklich wieder hergeſtellet iſt, und man in Anſehung ſei- ner Wunde auch gute Hoffnung hat, ob er ſich gleich noch nicht ausgewaget: ſo will ich in Er- zaͤhlung unſerer Kleinigkeiten, ſo umſtaͤndlich ſeyn, als Sie verlangen. Aber GOtt verhuͤte, daß niemals ein neues Ungluͤck moͤge Anlaß ge- ben, dieſe Nachricht zu dem Zwecke, deſſen Sie ſo guͤtig erwaͤhnen, anderen vorzuzeigen.
Jch will Jhrem Befehl gemaͤß von der erſten Bewerbung des Herrn Lovelace um meine Schweſter den Anfang machen, und ſo kurtz ſeyn als moͤgltch iſt. Jch will nur die Sachen erzaͤh- len, und Jhnen uͤberlaſſen, von der Wahrheit des Geruͤchts zu urtheilen, daß die juͤngere Schwe- ſter der aͤltern ein Hertz geſtohlen habe. Es geſcha- he zu folge einer Berathſchlagung zwiſchen dem Lord M. und meines Vaters Bruder Anton/
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Die Geſchichte
gen, verbunden bin: ſo habe ich doch bisweilen
gewuͤnſchet, daß es GOtt gefallen haͤtte, mich in
meinem lctzten Fieber wegzunehmen, als ich mich
noch jedermanns Liebe und guter Meynung zu er-
freuen hatte; und noch oͤfter habe ich gewuͤnſchet,
daß mein Groß-Vater mir in ſeinem letzten Wil-
len nicht ſo viel zum voraus vermacht haͤtte. Denn
dieſe ſeine Guͤte hat, wie ich muthmaſſe, das Hertz
meines Bruders und meiner Schweſter von mir
abgewandt, und wenigſtens einigen Neid auf die
Gewogenheit meiner Vater-Bruͤder gegen mich
bey Jhnen erwecket, welcher Jhre Liebe biswei-
len verdunckelt.
Da mein Bruder von ſeinem Fieber gluͤcklich
wieder hergeſtellet iſt, und man in Anſehung ſei-
ner Wunde auch gute Hoffnung hat, ob er ſich
gleich noch nicht ausgewaget: ſo will ich in Er-
zaͤhlung unſerer Kleinigkeiten, ſo umſtaͤndlich
ſeyn, als Sie verlangen. Aber GOtt verhuͤte,
daß niemals ein neues Ungluͤck moͤge Anlaß ge-
ben, dieſe Nachricht zu dem Zwecke, deſſen Sie
ſo guͤtig erwaͤhnen, anderen vorzuzeigen.
Jch will Jhrem Befehl gemaͤß von der erſten
Bewerbung des Herrn Lovelace um meine
Schweſter den Anfang machen, und ſo kurtz ſeyn
als moͤgltch iſt. Jch will nur die Sachen erzaͤh-
len, und Jhnen uͤberlaſſen, von der Wahrheit des
Geruͤchts zu urtheilen, daß die juͤngere Schwe-
ſter der aͤltern ein Hertz geſtohlen habe. Es geſcha-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/28>, abgerufen am 23.11.2024.
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