zu setzen? Gewiß dieser Bewegungs-Grund kommt nicht von meiner Mutter her, sondern sie muß ihn, wie alles das übrige, denen nach- beten, die sie abgeschickt haben.
"Dein Vater sagt: deine unerwartete Wi- "dersetzung und Herrn Lovelaces fortwähren- "de Drohungen überzeugten ihn von Tage zu "Tage mehr, daß er einen nicht allzuentfernten "Tag aussetzen müsse, um aller Hoffnung je- "nes Menschen und seiner eigenen Besorgniß, "dazu ein so zärtlich geliebtes Kind durch seinen "Ungehorsam Anlaß gebe, ein Ende zu machen. "Er habe deswegen schon um Proben von den "reichsten Stoffen nach London geschrieben."
Jch erschrack über diese Uebereilung der- massen, daß ich gantz ausser Athem kam: ich wollte eben mit Nachdruck und Hitze dagegeu reden. Jch wuste wohl, in wessen Gehirn die- se glückliche Erfindung jung geworden war: denn mein Bruder hatte sich einmal verlauten lassen: wenn man die Mädchens nur so weit gebracht hätte, daß sie es in Ueberlegung nehmen/ ob sie sich verändern wollten, so pflegte der Anblick der Anstalten zur Hochzeit bald den Ausschlag zu geben/ weil sie in die Augen fielen, und die Mädchens sich gleich da- bey die Herrlichkeit vorstelleten, als Frau zu be- fehlen zu haben. Allein meine Mutter redete so geschwind weiter fort, daß ich nicht zu Wor- te kommen konnte, um mein Mißvergnügen zu bezeugen.
Dein
Die Geſchichte
zu ſetzen? Gewiß dieſer Bewegungs-Grund kommt nicht von meiner Mutter her, ſondern ſie muß ihn, wie alles das uͤbrige, denen nach- beten, die ſie abgeſchickt haben.
„Dein Vater ſagt: deine unerwartete Wi- „derſetzung und Herrn Lovelaces fortwaͤhren- „de Drohungen uͤberzeugten ihn von Tage zu „Tage mehr, daß er einen nicht allzuentfernten „Tag ausſetzen muͤſſe, um aller Hoffnung je- „nes Menſchen und ſeiner eigenen Beſorgniß, „dazu ein ſo zaͤrtlich geliebtes Kind durch ſeinen „Ungehorſam Anlaß gebe, ein Ende zu machen. „Er habe deswegen ſchon um Proben von den „reichſten Stoffen nach London geſchrieben.„
Jch erſchrack uͤber dieſe Uebereilung der- maſſen, daß ich gantz auſſer Athem kam: ich wollte eben mit Nachdruck und Hitze dagegeu reden. Jch wuſte wohl, in weſſen Gehirn die- ſe gluͤckliche Erfindung jung geworden war: denn mein Bruder hatte ſich einmal verlauten laſſen: wenn man die Maͤdchens nur ſo weit gebracht haͤtte, daß ſie es in Ueberlegung nehmen/ ob ſie ſich veraͤndern wollten, ſo pflegte der Anblick der Anſtalten zur Hochzeit bald den Ausſchlag zu geben/ weil ſie in die Augen fielen, und die Maͤdchens ſich gleich da- bey die Herrlichkeit vorſtelleten, als Frau zu be- fehlen zu haben. Allein meine Mutter redete ſo geſchwind weiter fort, daß ich nicht zu Wor- te kommen konnte, um mein Mißvergnuͤgen zu bezeugen.
Dein
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Die Geſchichte
zu ſetzen? Gewiß dieſer Bewegungs-Grund
kommt nicht von meiner Mutter her, ſondern
ſie muß ihn, wie alles das uͤbrige, denen nach-
beten, die ſie abgeſchickt haben.
„Dein Vater ſagt: deine unerwartete Wi-
„derſetzung und Herrn Lovelaces fortwaͤhren-
„de Drohungen uͤberzeugten ihn von Tage zu
„Tage mehr, daß er einen nicht allzuentfernten
„Tag ausſetzen muͤſſe, um aller Hoffnung je-
„nes Menſchen und ſeiner eigenen Beſorgniß,
„dazu ein ſo zaͤrtlich geliebtes Kind durch ſeinen
„Ungehorſam Anlaß gebe, ein Ende zu machen.
„Er habe deswegen ſchon um Proben von den
„reichſten Stoffen nach London geſchrieben.„
Jch erſchrack uͤber dieſe Uebereilung der-
maſſen, daß ich gantz auſſer Athem kam: ich
wollte eben mit Nachdruck und Hitze dagegeu
reden. Jch wuſte wohl, in weſſen Gehirn die-
ſe gluͤckliche Erfindung jung geworden war:
denn mein Bruder hatte ſich einmal verlauten
laſſen: wenn man die Maͤdchens nur ſo weit
gebracht haͤtte, daß ſie es in Ueberlegung
nehmen/ ob ſie ſich veraͤndern wollten, ſo
pflegte der Anblick der Anſtalten zur Hochzeit
bald den Ausſchlag zu geben/ weil ſie in die
Augen fielen, und die Maͤdchens ſich gleich da-
bey die Herrlichkeit vorſtelleten, als Frau zu be-
fehlen zu haben. Allein meine Mutter redete
ſo geſchwind weiter fort, daß ich nicht zu Wor-
te kommen konnte, um mein Mißvergnuͤgen zu
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/244>, abgerufen am 23.11.2024.
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