nem Familien-Streit macheu, noch andere un- glückliche Folgen haben möchte: so ersuche ich Sie, mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand in Stand zu setzen, daß ich Jhr Betragen bey ge- gebener Gelegenheit rechtfertigen könne.
Meine Mutter und wir alle reden gleich andern Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und von den Folgen, die die Rachgier eines so hitzigen Kopfes als Hr. Lovelace ist haben könnte: denn dieser giebt vor, daß Jhres Vaters Brüder Jhm auf das schimpflichste begegnet sind. Meine Mut- ter will; daß Sie nunmehr ihn weder sprechen, noch einigen Brief-Wechsel mit ihm unterhalten könten, ohne den Wohlstand aufs äusserste aus den Augen zu setzen. Jhres Vaters Bruder hat sie sehr eingenommen, von dem Sie wissen, daß er uns bisweilen besucht. Er hat bey diesem Vorfall es als eine sehr schwartze That einer Schwester vorgestellet, wenn sie einem Liebhaber noch einige Hoffnung machte, der den Weg zu Jhrem Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh- men wollte. Dies war sein Ausdruck.
Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al- les was von der Zeit an vorgefallen ist, da Herr Lovelace den ersten Zutrit in Jhr Hauß bekom- men hat, insonderheit das, was Jhre älteste Schwester und ihn betrifft. Denn hievon gehen sehr verschiedene Reden: einige Leute glauben, daß die jüngere Schwester wenigstens durch ihre gros- se Vorzüge und Artigkeit der Aeltesten das Hertz eines Liebhabers gestohlen habe. Schreiben
Sie
Die Geſchichte
nem Familien-Streit macheu, noch andere un- gluͤckliche Folgen haben moͤchte: ſo erſuche ich Sie, mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand in Stand zu ſetzen, daß ich Jhr Betragen bey ge- gebener Gelegenheit rechtfertigen koͤnne.
Meine Mutter und wir alle reden gleich andern Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und von den Folgen, die die Rachgier eines ſo hitzigen Kopfes als Hr. Lovelace iſt haben koͤnnte: denn dieſer giebt vor, daß Jhres Vaters Bruͤder Jhm auf das ſchimpflichſte begegnet ſind. Meine Mut- ter will; daß Sie nunmehr ihn weder ſprechen, noch einigen Brief-Wechſel mit ihm unterhalten koͤnten, ohne den Wohlſtand aufs aͤuſſerſte aus den Augen zu ſetzen. Jhres Vaters Bruder hat ſie ſehr eingenommen, von dem Sie wiſſen, daß er uns bisweilen beſucht. Er hat bey dieſem Vorfall es als eine ſehr ſchwartze That einer Schweſter vorgeſtellet, wenn ſie einem Liebhaber noch einige Hoffnung machte, der den Weg zu Jhrem Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh- men wollte. Dies war ſein Ausdruck.
Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al- les was von der Zeit an vorgefallen iſt, da Herr Lovelace den erſten Zutrit in Jhr Hauß bekom- men hat, inſonderheit das, was Jhre aͤlteſte Schweſter und ihn betrifft. Denn hievon gehen ſehr verſchiedene Reden: einige Leute glauben, daß die juͤngere Schweſter wenigſtens durch ihre groſ- ſe Vorzuͤge und Artigkeit der Aelteſten das Hertz eines Liebhabers geſtohlen habe. Schreiben
Sie
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Die Geſchichte
nem Familien-Streit macheu, noch andere un-
gluͤckliche Folgen haben moͤchte: ſo erſuche ich Sie,
mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand
in Stand zu ſetzen, daß ich Jhr Betragen bey ge-
gebener Gelegenheit rechtfertigen koͤnne.
Meine Mutter und wir alle reden gleich andern
Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und
von den Folgen, die die Rachgier eines ſo hitzigen
Kopfes als Hr. Lovelace iſt haben koͤnnte: denn
dieſer giebt vor, daß Jhres Vaters Bruͤder Jhm
auf das ſchimpflichſte begegnet ſind. Meine Mut-
ter will; daß Sie nunmehr ihn weder ſprechen,
noch einigen Brief-Wechſel mit ihm unterhalten
koͤnten, ohne den Wohlſtand aufs aͤuſſerſte aus
den Augen zu ſetzen. Jhres Vaters Bruder hat ſie
ſehr eingenommen, von dem Sie wiſſen, daß er
uns bisweilen beſucht. Er hat bey dieſem Vorfall
es als eine ſehr ſchwartze That einer Schweſter
vorgeſtellet, wenn ſie einem Liebhaber noch einige
Hoffnung machte, der den Weg zu Jhrem
Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh-
men wollte. Dies war ſein Ausdruck.
Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al-
les was von der Zeit an vorgefallen iſt, da Herr
Lovelace den erſten Zutrit in Jhr Hauß bekom-
men hat, inſonderheit das, was Jhre aͤlteſte
Schweſter und ihn betrifft. Denn hievon gehen
ſehr verſchiedene Reden: einige Leute glauben, daß
die juͤngere Schweſter wenigſtens durch ihre groſ-
ſe Vorzuͤge und Artigkeit der Aelteſten das
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/24>, abgerufen am 23.11.2024.
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