Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
nem Familien-Streit macheu, noch andere un-
glückliche Folgen haben möchte: so ersuche ich Sie,
mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand
in Stand zu setzen, daß ich Jhr Betragen bey ge-
gebener Gelegenheit rechtfertigen könne.

Meine Mutter und wir alle reden gleich andern
Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und
von den Folgen, die die Rachgier eines so hitzigen
Kopfes als Hr. Lovelace ist haben könnte: denn
dieser giebt vor, daß Jhres Vaters Brüder Jhm
auf das schimpflichste begegnet sind. Meine Mut-
ter will; daß Sie nunmehr ihn weder sprechen,
noch einigen Brief-Wechsel mit ihm unterhalten
könten, ohne den Wohlstand aufs äusserste aus
den Augen zu setzen. Jhres Vaters Bruder hat sie
sehr eingenommen, von dem Sie wissen, daß er
uns bisweilen besucht. Er hat bey diesem Vorfall
es als eine sehr schwartze That einer Schwester
vorgestellet, wenn sie einem Liebhaber noch einige
Hoffnung machte, der den Weg zu Jhrem
Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh-
men wollte.
Dies war sein Ausdruck.

Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al-
les was von der Zeit an vorgefallen ist, da Herr
Lovelace den ersten Zutrit in Jhr Hauß bekom-
men hat, insonderheit das, was Jhre älteste
Schwester und ihn betrifft. Denn hievon gehen
sehr verschiedene Reden: einige Leute glauben, daß
die jüngere Schwester wenigstens durch ihre gros-
se Vorzüge und Artigkeit der Aeltesten das
Hertz eines Liebhabers gestohlen habe. Schreiben

Sie

Die Geſchichte
nem Familien-Streit macheu, noch andere un-
gluͤckliche Folgen haben moͤchte: ſo erſuche ich Sie,
mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand
in Stand zu ſetzen, daß ich Jhr Betragen bey ge-
gebener Gelegenheit rechtfertigen koͤnne.

Meine Mutter und wir alle reden gleich andern
Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und
von den Folgen, die die Rachgier eines ſo hitzigen
Kopfes als Hr. Lovelace iſt haben koͤnnte: denn
dieſer giebt vor, daß Jhres Vaters Bruͤder Jhm
auf das ſchimpflichſte begegnet ſind. Meine Mut-
ter will; daß Sie nunmehr ihn weder ſprechen,
noch einigen Brief-Wechſel mit ihm unterhalten
koͤnten, ohne den Wohlſtand aufs aͤuſſerſte aus
den Augen zu ſetzen. Jhres Vaters Bruder hat ſie
ſehr eingenommen, von dem Sie wiſſen, daß er
uns bisweilen beſucht. Er hat bey dieſem Vorfall
es als eine ſehr ſchwartze That einer Schweſter
vorgeſtellet, wenn ſie einem Liebhaber noch einige
Hoffnung machte, der den Weg zu Jhrem
Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh-
men wollte.
Dies war ſein Ausdruck.

Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al-
les was von der Zeit an vorgefallen iſt, da Herr
Lovelace den erſten Zutrit in Jhr Hauß bekom-
men hat, inſonderheit das, was Jhre aͤlteſte
Schweſter und ihn betrifft. Denn hievon gehen
ſehr verſchiedene Reden: einige Leute glauben, daß
die juͤngere Schweſter wenigſtens durch ihre groſ-
ſe Vorzuͤge und Artigkeit der Aelteſten das
Hertz eines Liebhabers geſtohlen habe. Schreiben

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
nem Familien-Streit macheu, noch andere un-<lb/>
glu&#x0364;ckliche Folgen haben mo&#x0364;chte: &#x017F;o er&#x017F;uche ich Sie,<lb/>
mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand<lb/>
in Stand zu &#x017F;etzen, daß ich Jhr Betragen bey ge-<lb/>
gebener Gelegenheit rechtfertigen ko&#x0364;nne.</p><lb/>
          <p>Meine Mutter und wir alle reden gleich andern<lb/>
Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und<lb/>
von den Folgen, die die Rachgier eines &#x017F;o hitzigen<lb/>
Kopfes als Hr. <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> i&#x017F;t haben ko&#x0364;nnte: denn<lb/>
die&#x017F;er giebt vor, daß Jhres Vaters Bru&#x0364;der Jhm<lb/>
auf das &#x017F;chimpflich&#x017F;te begegnet &#x017F;ind. Meine Mut-<lb/>
ter will; daß Sie nunmehr ihn weder &#x017F;prechen,<lb/>
noch einigen Brief-Wech&#x017F;el mit ihm unterhalten<lb/>
ko&#x0364;nten, ohne den Wohl&#x017F;tand aufs a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te aus<lb/>
den Augen zu &#x017F;etzen. Jhres Vaters Bruder hat &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ehr eingenommen, von dem Sie wi&#x017F;&#x017F;en, daß er<lb/>
uns bisweilen be&#x017F;ucht. Er hat bey die&#x017F;em Vorfall<lb/>
es als eine &#x017F;ehr &#x017F;chwartze That einer Schwe&#x017F;ter<lb/>
vorge&#x017F;tellet, wenn &#x017F;ie einem Liebhaber noch einige<lb/>
Hoffnung machte, <hi rendition="#fr">der den Weg zu Jhrem<lb/>
Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh-<lb/>
men wollte.</hi> Dies war &#x017F;ein Ausdruck.</p><lb/>
          <p>Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al-<lb/>
les was von der Zeit an vorgefallen i&#x017F;t, da Herr<lb/><hi rendition="#fr">Lovelace</hi> den er&#x017F;ten Zutrit in Jhr Hauß bekom-<lb/>
men hat, in&#x017F;onderheit das, was Jhre a&#x0364;lte&#x017F;te<lb/>
Schwe&#x017F;ter und ihn betrifft. Denn hievon gehen<lb/>
&#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene Reden: einige Leute glauben, daß<lb/>
die ju&#x0364;ngere Schwe&#x017F;ter wenig&#x017F;tens durch ihre gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e Vorzu&#x0364;ge und Artigkeit der Aelte&#x017F;ten das<lb/>
Hertz eines Liebhabers ge&#x017F;tohlen habe. Schreiben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0024] Die Geſchichte nem Familien-Streit macheu, noch andere un- gluͤckliche Folgen haben moͤchte: ſo erſuche ich Sie, mich durch eine Nachricht von Jhrer eigenen Hand in Stand zu ſetzen, daß ich Jhr Betragen bey ge- gebener Gelegenheit rechtfertigen koͤnne. Meine Mutter und wir alle reden gleich andern Leuten bey nahe von niemand als von Jhnen und von den Folgen, die die Rachgier eines ſo hitzigen Kopfes als Hr. Lovelace iſt haben koͤnnte: denn dieſer giebt vor, daß Jhres Vaters Bruͤder Jhm auf das ſchimpflichſte begegnet ſind. Meine Mut- ter will; daß Sie nunmehr ihn weder ſprechen, noch einigen Brief-Wechſel mit ihm unterhalten koͤnten, ohne den Wohlſtand aufs aͤuſſerſte aus den Augen zu ſetzen. Jhres Vaters Bruder hat ſie ſehr eingenommen, von dem Sie wiſſen, daß er uns bisweilen beſucht. Er hat bey dieſem Vorfall es als eine ſehr ſchwartze That einer Schweſter vorgeſtellet, wenn ſie einem Liebhaber noch einige Hoffnung machte, der den Weg zu Jhrem Hertzen durch Jhres Bruders Blut neh- men wollte. Dies war ſein Ausdruck. Schreiben Sie mir demnach, mein Schatz, al- les was von der Zeit an vorgefallen iſt, da Herr Lovelace den erſten Zutrit in Jhr Hauß bekom- men hat, inſonderheit das, was Jhre aͤlteſte Schweſter und ihn betrifft. Denn hievon gehen ſehr verſchiedene Reden: einige Leute glauben, daß die juͤngere Schweſter wenigſtens durch ihre groſ- ſe Vorzuͤge und Artigkeit der Aelteſten das Hertz eines Liebhabers geſtohlen habe. Schreiben Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/24
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/24>, abgerufen am 23.11.2024.