Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht recht weiß, was ich mit mir und dem Leben anfangen soll.

Daraufhin ist er gleich viel wärmer geworden und lud mich für den Abend in seine Wohnung ein, -- es kämen noch einige Freunde von ihm, auf die er mich sehr neugierig machte.

Ich ging hin, und es war auch wirklich der Mühe wert. Aber ich werde jetzt wieder ein paar Tage daheim bleiben und mich sammeln. Es sind zu viel neue und verwirrende Eindrücke von allen Seiten. Wohin ich komme und wen ich kennen lerne -- alles ist so seltsam, wie in einer ganz anderen Welt, und ich tappe noch so unsicher darin herum. -- Ob das nun Zufall ist oder innere Notwendigkeit, daß ich hierher kam und gerade diese Menschen kennen lerne? Aber es lockt mich, ich kann dem allen nicht mehr entfliehen -- ich bin wohl dazu verurteilt, und der Gedanke gibt mir meine innere Ruhe etwas wieder.

Doktor Gerhard rät mir ja immer wieder, ich solle etwas schreiben -- jeder Mensch habe einiges zu sagen und müsse, was er erlebt, in irgendeiner Form nach außen hin gestalten. -- Wenn es auch nur wäre, um meinem Stiefvater Vergnügen zu machen, er hat ja schon immer gemeint, ich hätte ein gewisses Talent dazu. -- Und er ist gewiß aufrichtig, denn er hält sonst nicht übermäßig viel von meiner Begabung.

Ich weiß nicht recht -- einstweilen mache ich mir

nicht recht weiß, was ich mit mir und dem Leben anfangen soll.

Daraufhin ist er gleich viel wärmer geworden und lud mich für den Abend in seine Wohnung ein, — es kämen noch einige Freunde von ihm, auf die er mich sehr neugierig machte.

Ich ging hin, und es war auch wirklich der Mühe wert. Aber ich werde jetzt wieder ein paar Tage daheim bleiben und mich sammeln. Es sind zu viel neue und verwirrende Eindrücke von allen Seiten. Wohin ich komme und wen ich kennen lerne — alles ist so seltsam, wie in einer ganz anderen Welt, und ich tappe noch so unsicher darin herum. — Ob das nun Zufall ist oder innere Notwendigkeit, daß ich hierher kam und gerade diese Menschen kennen lerne? Aber es lockt mich, ich kann dem allen nicht mehr entfliehen — ich bin wohl dazu verurteilt, und der Gedanke gibt mir meine innere Ruhe etwas wieder.

Doktor Gerhard rät mir ja immer wieder, ich solle etwas schreiben — jeder Mensch habe einiges zu sagen und müsse, was er erlebt, in irgendeiner Form nach außen hin gestalten. — Wenn es auch nur wäre, um meinem Stiefvater Vergnügen zu machen, er hat ja schon immer gemeint, ich hätte ein gewisses Talent dazu. — Und er ist gewiß aufrichtig, denn er hält sonst nicht übermäßig viel von meiner Begabung.

Ich weiß nicht recht — einstweilen mache ich mir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="letter" n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="27"/>
nicht recht weiß, was ich mit mir und dem Leben anfangen soll.</p>
          <p>Daraufhin ist er gleich viel wärmer geworden und lud mich für den Abend in seine Wohnung ein, &#x2014; es kämen noch einige Freunde von ihm, auf die er mich sehr neugierig machte.</p>
          <p>Ich ging hin, und es war auch wirklich der Mühe wert. Aber ich werde jetzt wieder ein paar Tage daheim bleiben und mich sammeln. Es sind zu viel neue und verwirrende Eindrücke von allen Seiten. Wohin ich komme und wen ich kennen lerne &#x2014; alles ist so seltsam, wie in einer ganz anderen Welt, und ich tappe noch so unsicher darin herum. &#x2014; Ob das nun Zufall ist oder innere Notwendigkeit, daß ich hierher kam und gerade diese Menschen kennen lerne? Aber es lockt mich, ich kann dem allen nicht mehr entfliehen &#x2014; ich bin wohl dazu verurteilt, und der Gedanke gibt mir meine innere Ruhe etwas wieder.</p>
          <p>Doktor Gerhard rät mir ja immer wieder, ich solle etwas schreiben &#x2014; jeder Mensch habe einiges zu sagen und müsse, was er erlebt, in irgendeiner Form nach außen hin gestalten. &#x2014; Wenn es auch nur wäre, um meinem Stiefvater Vergnügen zu machen, er hat ja schon immer gemeint, ich hätte ein gewisses Talent dazu. &#x2014; Und er ist gewiß aufrichtig, denn er hält sonst nicht übermäßig viel von meiner Begabung.</p>
          <p>Ich weiß nicht recht &#x2014; einstweilen mache ich mir
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0031] nicht recht weiß, was ich mit mir und dem Leben anfangen soll. Daraufhin ist er gleich viel wärmer geworden und lud mich für den Abend in seine Wohnung ein, — es kämen noch einige Freunde von ihm, auf die er mich sehr neugierig machte. Ich ging hin, und es war auch wirklich der Mühe wert. Aber ich werde jetzt wieder ein paar Tage daheim bleiben und mich sammeln. Es sind zu viel neue und verwirrende Eindrücke von allen Seiten. Wohin ich komme und wen ich kennen lerne — alles ist so seltsam, wie in einer ganz anderen Welt, und ich tappe noch so unsicher darin herum. — Ob das nun Zufall ist oder innere Notwendigkeit, daß ich hierher kam und gerade diese Menschen kennen lerne? Aber es lockt mich, ich kann dem allen nicht mehr entfliehen — ich bin wohl dazu verurteilt, und der Gedanke gibt mir meine innere Ruhe etwas wieder. Doktor Gerhard rät mir ja immer wieder, ich solle etwas schreiben — jeder Mensch habe einiges zu sagen und müsse, was er erlebt, in irgendeiner Form nach außen hin gestalten. — Wenn es auch nur wäre, um meinem Stiefvater Vergnügen zu machen, er hat ja schon immer gemeint, ich hätte ein gewisses Talent dazu. — Und er ist gewiß aufrichtig, denn er hält sonst nicht übermäßig viel von meiner Begabung. Ich weiß nicht recht — einstweilen mache ich mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/31
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/31>, abgerufen am 21.11.2024.