Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Alle Zuschauer waren völlig hingerissen, nur der Mann im Pantherfell machte ziemlich laut eine abfällige Bemerkung, und der Indianer -- nein, diesmal war er ja Priester -- warf ihm einen furchtbaren Blick zu. Die kappadozische Dame sah interessiert zu uns herüber, sie hoffte wohl, es würde wieder Blut fließen. Aber nun ergriff der Priester einen Gong und trat selbst in die Arena. Mit dröhnenden Schlägen und düsterer Miene schritt er auf die Tänzerin zu, um sie herum, und feuerte sie zu immer wilderen Sprüngen an. Sie erntete ungeheuren Beifall, ihre roten Schleier flogen auf und nieder, -- ich fühlte mich schließlich wie hypnotisiert, ich sah und empfand nichts mehr als rote Schleier -- rote Schleier, hörte nichts mehr als die dröhnenden Gongschläge. Vielleicht war das wirklich der dionysische Rauschzustand, den dieses Fest ja herbeiführen sollte. Der Professor kam an den Tisch und ich teilte ihm meine Empfindungen mit; er schien hocherfreut und sah mich voller Sympathie an. Dann zog eine Bacchantin ihn fort; der Panther gürtete sein Fell und mischte sich ebenfalls in das Gewühl. Susanna hatte bisher wohlig in unser beider Armen geruht; nun der andere gegangen war, konzentrierte sie sich auf mich. Ich war sehr glücklich und auch wieder melancholisch, denn ich wagte endlich die Frage, zu der ich mich schon lange verurteilt fühlte:

Alle Zuschauer waren völlig hingerissen, nur der Mann im Pantherfell machte ziemlich laut eine abfällige Bemerkung, und der Indianer — nein, diesmal war er ja Priester — warf ihm einen furchtbaren Blick zu. Die kappadozische Dame sah interessiert zu uns herüber, sie hoffte wohl, es würde wieder Blut fließen. Aber nun ergriff der Priester einen Gong und trat selbst in die Arena. Mit dröhnenden Schlägen und düsterer Miene schritt er auf die Tänzerin zu, um sie herum, und feuerte sie zu immer wilderen Sprüngen an. Sie erntete ungeheuren Beifall, ihre roten Schleier flogen auf und nieder, — ich fühlte mich schließlich wie hypnotisiert, ich sah und empfand nichts mehr als rote Schleier — rote Schleier, hörte nichts mehr als die dröhnenden Gongschläge. Vielleicht war das wirklich der dionysische Rauschzustand, den dieses Fest ja herbeiführen sollte. Der Professor kam an den Tisch und ich teilte ihm meine Empfindungen mit; er schien hocherfreut und sah mich voller Sympathie an. Dann zog eine Bacchantin ihn fort; der Panther gürtete sein Fell und mischte sich ebenfalls in das Gewühl. Susanna hatte bisher wohlig in unser beider Armen geruht; nun der andere gegangen war, konzentrierte sie sich auf mich. Ich war sehr glücklich und auch wieder melancholisch, denn ich wagte endlich die Frage, zu der ich mich schon lange verurteilt fühlte:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div type="letter" n="2">
            <p><pb facs="#f0134" n="130"/>
Alle Zuschauer waren völlig hingerissen, nur der Mann im Pantherfell machte ziemlich laut eine abfällige Bemerkung, und der Indianer &#x2014; nein, diesmal war er ja Priester &#x2014; warf ihm einen furchtbaren Blick zu. Die kappadozische Dame sah interessiert zu uns herüber, sie hoffte wohl, es würde wieder Blut fließen. Aber nun ergriff der Priester einen Gong und trat selbst in die Arena. Mit dröhnenden Schlägen und düsterer Miene schritt er auf die Tänzerin zu, um sie herum, und feuerte sie zu immer wilderen Sprüngen an. Sie erntete ungeheuren Beifall, ihre roten Schleier flogen auf und nieder, &#x2014; ich fühlte mich schließlich wie hypnotisiert, ich sah und empfand nichts mehr als rote Schleier &#x2014; rote Schleier, hörte nichts mehr als die dröhnenden Gongschläge. Vielleicht war das wirklich der dionysische Rauschzustand, den dieses Fest ja herbeiführen sollte. Der Professor kam an den Tisch und ich teilte ihm meine Empfindungen mit; er schien hocherfreut und sah mich voller Sympathie an. Dann zog eine Bacchantin ihn fort; der Panther gürtete sein Fell und mischte sich ebenfalls in das Gewühl. Susanna hatte bisher wohlig in unser beider Armen geruht; nun der andere gegangen war, konzentrierte sie sich auf mich. Ich war sehr glücklich und auch wieder melancholisch, denn ich wagte endlich die Frage, zu der ich mich schon lange verurteilt fühlte:</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0134] Alle Zuschauer waren völlig hingerissen, nur der Mann im Pantherfell machte ziemlich laut eine abfällige Bemerkung, und der Indianer — nein, diesmal war er ja Priester — warf ihm einen furchtbaren Blick zu. Die kappadozische Dame sah interessiert zu uns herüber, sie hoffte wohl, es würde wieder Blut fließen. Aber nun ergriff der Priester einen Gong und trat selbst in die Arena. Mit dröhnenden Schlägen und düsterer Miene schritt er auf die Tänzerin zu, um sie herum, und feuerte sie zu immer wilderen Sprüngen an. Sie erntete ungeheuren Beifall, ihre roten Schleier flogen auf und nieder, — ich fühlte mich schließlich wie hypnotisiert, ich sah und empfand nichts mehr als rote Schleier — rote Schleier, hörte nichts mehr als die dröhnenden Gongschläge. Vielleicht war das wirklich der dionysische Rauschzustand, den dieses Fest ja herbeiführen sollte. Der Professor kam an den Tisch und ich teilte ihm meine Empfindungen mit; er schien hocherfreut und sah mich voller Sympathie an. Dann zog eine Bacchantin ihn fort; der Panther gürtete sein Fell und mischte sich ebenfalls in das Gewühl. Susanna hatte bisher wohlig in unser beider Armen geruht; nun der andere gegangen war, konzentrierte sie sich auf mich. Ich war sehr glücklich und auch wieder melancholisch, denn ich wagte endlich die Frage, zu der ich mich schon lange verurteilt fühlte:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/134
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/134>, abgerufen am 05.12.2024.