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Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

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die Ärmel sein müßten und so weiter, und gab die Adresse eines Schneiders an, der diese Dinge ausgezeichnet verstehe. Nur zu den schwarzen Trikots schüttelte er nach wie vor den Kopf, aber Maria ließ sie sich nicht ausreden.

"Gedenken Sie auch als Hermaphrodit zu kommen, Herr Dame?" wandte er sich dann an mich.

Nein, ich war noch völlig unschlüssig, was ich wählen sollte. Er maß mich mit prüfendem Blick und fragte, ob ich musikalisch sei.

"O ja, ich spiele Klavier -- --"

"Das ist sehr schade -- Sie würden sich sonst wohl zum Flötenspieler eignen -- aber es müßte dann schon eine phrygische Doppelflöte sein. Sie werden wohl auch wieder Ihren jungen Sklaven mitbringen, und ich glaube nicht, daß die Flötenspieler Sklaven mit sich führten."

Delius ging -- in der Tür blieb er noch einmal stehen und fragte, ob Konstantin ihn begleiten wollte.

"O nein, ich bleibe hier," sagte Konstantin -- "Sie gehen wohl zu Heinz?"

"Ja, ich will Ihren Vetter abholen -- wir haben einen Nachtspaziergang zu den Hünengräbern verabredet. Es ist sehr möglich, daß wir dort zur Nachtzeit kosmische Urschauer erleben," -- das alles sagte er mit dieser unbeweglichen Sachlichkeit, die ihm eigen

die Ärmel sein müßten und so weiter, und gab die Adresse eines Schneiders an, der diese Dinge ausgezeichnet verstehe. Nur zu den schwarzen Trikots schüttelte er nach wie vor den Kopf, aber Maria ließ sie sich nicht ausreden.

„Gedenken Sie auch als Hermaphrodit zu kommen, Herr Dame?“ wandte er sich dann an mich.

Nein, ich war noch völlig unschlüssig, was ich wählen sollte. Er maß mich mit prüfendem Blick und fragte, ob ich musikalisch sei.

„O ja, ich spiele Klavier — —“

„Das ist sehr schade — Sie würden sich sonst wohl zum Flötenspieler eignen — aber es müßte dann schon eine phrygische Doppelflöte sein. Sie werden wohl auch wieder Ihren jungen Sklaven mitbringen, und ich glaube nicht, daß die Flötenspieler Sklaven mit sich führten.“

Delius ging — in der Tür blieb er noch einmal stehen und fragte, ob Konstantin ihn begleiten wollte.

„O nein, ich bleibe hier,“ sagte Konstantin — „Sie gehen wohl zu Heinz?“

„Ja, ich will Ihren Vetter abholen — wir haben einen Nachtspaziergang zu den Hünengräbern verabredet. Es ist sehr möglich, daß wir dort zur Nachtzeit kosmische Urschauer erleben,“ — das alles sagte er mit dieser unbeweglichen Sachlichkeit, die ihm eigen

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[114/0118] die Ärmel sein müßten und so weiter, und gab die Adresse eines Schneiders an, der diese Dinge ausgezeichnet verstehe. Nur zu den schwarzen Trikots schüttelte er nach wie vor den Kopf, aber Maria ließ sie sich nicht ausreden. „Gedenken Sie auch als Hermaphrodit zu kommen, Herr Dame?“ wandte er sich dann an mich. Nein, ich war noch völlig unschlüssig, was ich wählen sollte. Er maß mich mit prüfendem Blick und fragte, ob ich musikalisch sei. „O ja, ich spiele Klavier — —“ „Das ist sehr schade — Sie würden sich sonst wohl zum Flötenspieler eignen — aber es müßte dann schon eine phrygische Doppelflöte sein. Sie werden wohl auch wieder Ihren jungen Sklaven mitbringen, und ich glaube nicht, daß die Flötenspieler Sklaven mit sich führten.“ Delius ging — in der Tür blieb er noch einmal stehen und fragte, ob Konstantin ihn begleiten wollte. „O nein, ich bleibe hier,“ sagte Konstantin — „Sie gehen wohl zu Heinz?“ „Ja, ich will Ihren Vetter abholen — wir haben einen Nachtspaziergang zu den Hünengräbern verabredet. Es ist sehr möglich, daß wir dort zur Nachtzeit kosmische Urschauer erleben,“ — das alles sagte er mit dieser unbeweglichen Sachlichkeit, die ihm eigen

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Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/118>, abgerufen am 02.05.2024.