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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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Jch versichere sie, Mamsell, ich bin mit keinem
Fuß aus meines Vaters Hause gekommen: aber
weil der Vogel, der ihn sang, sehr hoch war, konnte
man's von weiten verstehen.

Sind sie bey Verstande? entgegnete Christine.
Sie wollen mir wohl weiß machen, daß der Groß-
vogel dies gesungen habe! -- Sie werden mir's
eben so wenig überreden, als daß sie nicht in der
Nachbarschaft des Schlosses gewesen sind -- ich
habe nicht gern, daß man mich belügt.

Es ist nichts als die reine Wahrheit, Mamsell,
wenn ich sie versichert habe, daß ich keinen Schritt
aus meines Vaters Hause gethan habe; ich habe
zu viel Achtung für sie, als ihnen Unwahrheiten
zu sagen.

Das ist sonderbar! wandte sich Christine zu ih-
rer Kammerfrau, -- ich glaub's; Victorin ist kein
Lügner ... Jch behalte ihre Abschrift, indem sie
den Sohn des Fiscalprocurators wieder ansah, erlau-
ben sie es?

Ein größeres Glück für mich, Mamsell, als
ich je hoffen konnte! --

Sehen sie doch die schönen Rosen dort: --
aber ich sag' ihnen, wenn sie sich nur im geringsten
ritzen, so nehme ich sie nicht.

Victorin flog zum weißen Rosenstrauch, pflickte
die schönsten, ohne sich zu stechen, wenigstens nicht
so, daß man es sahe, und brachte sie Christinen,
die sie an ihren Busen steckte. Kaum hatte sie dies

gethan,


Jch verſichere ſie, Mamſell, ich bin mit keinem
Fuß aus meines Vaters Hauſe gekommen: aber
weil der Vogel, der ihn ſang, ſehr hoch war, konnte
man’s von weiten verſtehen.

Sind ſie bey Verſtande? entgegnete Chriſtine.
Sie wollen mir wohl weiß machen, daß der Groß-
vogel dies geſungen habe! — Sie werden mir’s
eben ſo wenig uͤberreden, als daß ſie nicht in der
Nachbarſchaft des Schloſſes geweſen ſind — ich
habe nicht gern, daß man mich beluͤgt.

Es iſt nichts als die reine Wahrheit, Mamſell,
wenn ich ſie verſichert habe, daß ich keinen Schritt
aus meines Vaters Hauſe gethan habe; ich habe
zu viel Achtung fuͤr ſie, als ihnen Unwahrheiten
zu ſagen.

Das iſt ſonderbar! wandte ſich Chriſtine zu ih-
rer Kammerfrau, — ich glaub’s; Victorin iſt kein
Luͤgner … Jch behalte ihre Abſchrift, indem ſie
den Sohn des Fiſcalprocurators wieder anſah, erlau-
ben ſie es?

Ein groͤßeres Gluͤck fuͤr mich, Mamſell, als
ich je hoffen konnte! —

Sehen ſie doch die ſchoͤnen Roſen dort: —
aber ich ſag’ ihnen, wenn ſie ſich nur im geringſten
ritzen, ſo nehme ich ſie nicht.

Victorin flog zum weißen Roſenſtrauch, pflickte
die ſchoͤnſten, ohne ſich zu ſtechen, wenigſtens nicht
ſo, daß man es ſahe, und brachte ſie Chriſtinen,
die ſie an ihren Buſen ſteckte. Kaum hatte ſie dies

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[29/0037] Jch verſichere ſie, Mamſell, ich bin mit keinem Fuß aus meines Vaters Hauſe gekommen: aber weil der Vogel, der ihn ſang, ſehr hoch war, konnte man’s von weiten verſtehen. Sind ſie bey Verſtande? entgegnete Chriſtine. Sie wollen mir wohl weiß machen, daß der Groß- vogel dies geſungen habe! — Sie werden mir’s eben ſo wenig uͤberreden, als daß ſie nicht in der Nachbarſchaft des Schloſſes geweſen ſind — ich habe nicht gern, daß man mich beluͤgt. Es iſt nichts als die reine Wahrheit, Mamſell, wenn ich ſie verſichert habe, daß ich keinen Schritt aus meines Vaters Hauſe gethan habe; ich habe zu viel Achtung fuͤr ſie, als ihnen Unwahrheiten zu ſagen. Das iſt ſonderbar! wandte ſich Chriſtine zu ih- rer Kammerfrau, — ich glaub’s; Victorin iſt kein Luͤgner … Jch behalte ihre Abſchrift, indem ſie den Sohn des Fiſcalprocurators wieder anſah, erlau- ben ſie es? Ein groͤßeres Gluͤck fuͤr mich, Mamſell, als ich je hoffen konnte! — Sehen ſie doch die ſchoͤnen Roſen dort: — aber ich ſag’ ihnen, wenn ſie ſich nur im geringſten ritzen, ſo nehme ich ſie nicht. Victorin flog zum weißen Roſenſtrauch, pflickte die ſchoͤnſten, ohne ſich zu ſtechen, wenigſtens nicht ſo, daß man es ſahe, und brachte ſie Chriſtinen, die ſie an ihren Buſen ſteckte. Kaum hatte ſie dies gethan,

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/37>, abgerufen am 22.11.2024.