Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



les nach einem Maasstabe, haben aber in mora-
lischen und politischen Dingen die abscheulichsten
Jrrthümer, ohne etwas widriges darinnen zu fin-
den *). Wir ehrwürdige Kinder der Natur, ha-
ben allen seinen Werken die gebührende Ehre erwie-
sen, und den Affen, Elephanten, Löwen, Stier etc.
Menschen die Jnseln wo sie gebohren sind, nach
ihren Gefallen zu leben gelassen, überzeugt, daß
wir nicht weiser als die Natur sind, wir haben
unsere Gerechtigkeit bis auf die Schlangenmenschen
erstreckt. Nichts in der That ist so fähig den
Menschen Anleitung zur Naturkentnis zu geben, als
diese verschiedenen Wesen, welche gleichsam die
Stufen sind, die uns bis zur Erhabenheit des ver-
nünftigen Menschen, dem König der Thierheit füh-
ren, der sich durch seinen Verstand den grösten
Wesen und der Gottheit selbst nähert. Untersucht
alle Thiere, so werdet ihr diese Stufenfolge, von
den Fischen, Wallfischen, Amphibien und blossen
Wasserthieren an, finden und sehn, daß immer
eins vom andern durch unmerkliche Zwischenräume
abstamt. Nimt man die Erdauswüchse in glei-
cher Absicht vor, so zeigt sich, daß die Gattun-
gen da, wo iedes einzelne in ienem Augenblicke sich

eben
*) Diese Vermuthung des Megapatagonen ist ge-
gründet; man fand in dem alten Tempel des Ve-
lus oder indischen Jupiters, ein Bild von ieder Gat-
tung Thiermenschen, welche Asien bewohnt hatten,
Hund, Ochsen, Affen, Menschen etc. Dies war auch
die Lehre der Egiptischen Priester. (Dulis.)



les nach einem Maasſtabe, haben aber in mora-
liſchen und politiſchen Dingen die abſcheulichſten
Jrrthuͤmer, ohne etwas widriges darinnen zu fin-
den *). Wir ehrwuͤrdige Kinder der Natur, ha-
ben allen ſeinen Werken die gebuͤhrende Ehre erwie-
ſen, und den Affen, Elephanten, Loͤwen, Stier ꝛc.
Menſchen die Jnſeln wo ſie gebohren ſind, nach
ihren Gefallen zu leben gelaſſen, uͤberzeugt, daß
wir nicht weiſer als die Natur ſind, wir haben
unſere Gerechtigkeit bis auf die Schlangenmenſchen
erſtreckt. Nichts in der That iſt ſo faͤhig den
Menſchen Anleitung zur Naturkentnis zu geben, als
dieſe verſchiedenen Weſen, welche gleichſam die
Stufen ſind, die uns bis zur Erhabenheit des ver-
nuͤnftigen Menſchen, dem Koͤnig der Thierheit fuͤh-
ren, der ſich durch ſeinen Verſtand den groͤſten
Weſen und der Gottheit ſelbſt naͤhert. Unterſucht
alle Thiere, ſo werdet ihr dieſe Stufenfolge, von
den Fiſchen, Wallfiſchen, Amphibien und bloſſen
Waſſerthieren an, finden und ſehn, daß immer
eins vom andern durch unmerkliche Zwiſchenraͤume
abſtamt. Nimt man die Erdauswuͤchſe in glei-
cher Abſicht vor, ſo zeigt ſich, daß die Gattun-
gen da, wo iedes einzelne in ienem Augenblicke ſich

eben
*) Dieſe Vermuthung des Megapatagonen iſt ge-
gruͤndet; man fand in dem alten Tempel des Ve-
lus oder indiſchen Jupiters, ein Bild von ieder Gat-
tung Thiermenſchen, welche Aſien bewohnt hatten,
Hund, Ochſen, Affen, Menſchen ꝛc. Dies war auch
die Lehre der Egiptiſchen Prieſter. (Dulis.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0314" n="306"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
les nach einem Maas&#x017F;tabe, haben aber in mora-<lb/>
li&#x017F;chen und politi&#x017F;chen Dingen die ab&#x017F;cheulich&#x017F;ten<lb/>
Jrrthu&#x0364;mer, ohne etwas widriges darinnen zu fin-<lb/>
den <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;e Vermuthung des Megapatagonen i&#x017F;t ge-<lb/>
gru&#x0364;ndet; man fand in dem alten Tempel des Ve-<lb/>
lus oder indi&#x017F;chen Jupiters, ein Bild von ieder Gat-<lb/>
tung Thiermen&#x017F;chen, welche A&#x017F;ien bewohnt hatten,<lb/>
Hund, Och&#x017F;en, Affen, Men&#x017F;chen &#xA75B;c. Dies war auch<lb/>
die Lehre der Egipti&#x017F;chen Prie&#x017F;ter. (<hi rendition="#fr">Dulis.</hi>)</note>. Wir ehrwu&#x0364;rdige Kinder der Natur, ha-<lb/>
ben allen &#x017F;einen Werken die gebu&#x0364;hrende Ehre erwie-<lb/>
&#x017F;en, und den Affen, Elephanten, Lo&#x0364;wen, Stier &#xA75B;c.<lb/>
Men&#x017F;chen die Jn&#x017F;eln wo &#x017F;ie gebohren &#x017F;ind, nach<lb/>
ihren Gefallen zu leben gela&#x017F;&#x017F;en, u&#x0364;berzeugt, daß<lb/>
wir nicht wei&#x017F;er als die Natur &#x017F;ind, wir haben<lb/>
un&#x017F;ere Gerechtigkeit bis auf die Schlangenmen&#x017F;chen<lb/>
er&#x017F;treckt. Nichts in der That i&#x017F;t &#x017F;o fa&#x0364;hig den<lb/>
Men&#x017F;chen Anleitung zur Naturkentnis zu geben, als<lb/>
die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen We&#x017F;en, welche gleich&#x017F;am die<lb/>
Stufen &#x017F;ind, die uns bis zur Erhabenheit des ver-<lb/>
nu&#x0364;nftigen Men&#x017F;chen, dem Ko&#x0364;nig der Thierheit fu&#x0364;h-<lb/>
ren, der &#x017F;ich durch &#x017F;einen Ver&#x017F;tand den gro&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
We&#x017F;en und der Gottheit &#x017F;elb&#x017F;t na&#x0364;hert. Unter&#x017F;ucht<lb/>
alle Thiere, &#x017F;o werdet ihr die&#x017F;e Stufenfolge, von<lb/>
den Fi&#x017F;chen, Wallfi&#x017F;chen, Amphibien und blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;erthieren an, finden und &#x017F;ehn, daß immer<lb/>
eins vom andern durch unmerkliche Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume<lb/>
ab&#x017F;tamt. Nimt man die Erdauswu&#x0364;ch&#x017F;e in glei-<lb/>
cher Ab&#x017F;icht vor, &#x017F;o zeigt &#x017F;ich, daß die Gattun-<lb/>
gen da, wo iedes einzelne in ienem Augenblicke &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0314] les nach einem Maasſtabe, haben aber in mora- liſchen und politiſchen Dingen die abſcheulichſten Jrrthuͤmer, ohne etwas widriges darinnen zu fin- den *). Wir ehrwuͤrdige Kinder der Natur, ha- ben allen ſeinen Werken die gebuͤhrende Ehre erwie- ſen, und den Affen, Elephanten, Loͤwen, Stier ꝛc. Menſchen die Jnſeln wo ſie gebohren ſind, nach ihren Gefallen zu leben gelaſſen, uͤberzeugt, daß wir nicht weiſer als die Natur ſind, wir haben unſere Gerechtigkeit bis auf die Schlangenmenſchen erſtreckt. Nichts in der That iſt ſo faͤhig den Menſchen Anleitung zur Naturkentnis zu geben, als dieſe verſchiedenen Weſen, welche gleichſam die Stufen ſind, die uns bis zur Erhabenheit des ver- nuͤnftigen Menſchen, dem Koͤnig der Thierheit fuͤh- ren, der ſich durch ſeinen Verſtand den groͤſten Weſen und der Gottheit ſelbſt naͤhert. Unterſucht alle Thiere, ſo werdet ihr dieſe Stufenfolge, von den Fiſchen, Wallfiſchen, Amphibien und bloſſen Waſſerthieren an, finden und ſehn, daß immer eins vom andern durch unmerkliche Zwiſchenraͤume abſtamt. Nimt man die Erdauswuͤchſe in glei- cher Abſicht vor, ſo zeigt ſich, daß die Gattun- gen da, wo iedes einzelne in ienem Augenblicke ſich eben *) Dieſe Vermuthung des Megapatagonen iſt ge- gruͤndet; man fand in dem alten Tempel des Ve- lus oder indiſchen Jupiters, ein Bild von ieder Gat- tung Thiermenſchen, welche Aſien bewohnt hatten, Hund, Ochſen, Affen, Menſchen ꝛc. Dies war auch die Lehre der Egiptiſchen Prieſter. (Dulis.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/314
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/314>, abgerufen am 23.11.2024.