Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785."Gewicht halten. Jch bemerke, daß ihre Züge "den unsern volkommen entgegen sind, vielleicht "sind sie unsere phisischen und moralischen Gegenfüß- "ler: Vielleicht wäre es gefährlich ihnen völlige "Freiheit zu lassen, unsere Jugend zu sehn und "mit ihr sich zu unterhalten. Aber ich unterwer- "fe diese Betrachtung eurer erhabnen Klugheit. --" Sie ist gegründet, mein Sohn, aber fürchte nichts, die Tugend ist hier zu sehr geliebt und liebenswür- dig, als daß man sie verlassen solte. Unsere Ju- gend läuft nicht nach fremden Moden und Gebräu- chen; ohne sclavischen Nachahmungsgeist besitzt sie den edlen Stolz, sich iederzeit selbst bilden zu wollen, und nie zu ändern, wenn sie nichts besseres findet. Diese Sprache wird beim ersten Ueberlesen ein "*) Daß *) Um das, was der Südmann hier sagt, besser zu ver- stehen, erinnere man sich, das alles so ausgespro- chen ward und in meiner Handschrift geschrieben steht, wie die Anfangszeilen in der vorhergehenden Note lauten. (Dulis.) T 3
„Gewicht halten. Jch bemerke, daß ihre Zuͤge „den unſern volkommen entgegen ſind, vielleicht „ſind ſie unſere phiſiſchen und moraliſchen Gegenfuͤß- „ler: Vielleicht waͤre es gefaͤhrlich ihnen voͤllige „Freiheit zu laſſen, unſere Jugend zu ſehn und „mit ihr ſich zu unterhalten. Aber ich unterwer- „fe dieſe Betrachtung eurer erhabnen Klugheit. —‟ Sie iſt gegruͤndet, mein Sohn, aber fuͤrchte nichts, die Tugend iſt hier zu ſehr geliebt und liebenswuͤr- dig, als daß man ſie verlaſſen ſolte. Unſere Ju- gend laͤuft nicht nach fremden Moden und Gebraͤu- chen; ohne ſclaviſchen Nachahmungsgeiſt beſitzt ſie den edlen Stolz, ſich iederzeit ſelbſt bilden zu wollen, und nie zu aͤndern, wenn ſie nichts beſſeres findet. Dieſe Sprache wird beim erſten Ueberleſen ein „*) Daß *) Um das, was der Suͤdmann hier ſagt, beſſer zu ver- ſtehen, erinnere man ſich, das alles ſo ausgeſpro- chen ward und in meiner Handſchrift geſchrieben ſteht, wie die Anfangszeilen in der vorhergehenden Note lauten. (Dulis.) T 3
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„Gewicht halten. Jch bemerke, daß ihre Zuͤge
„den unſern volkommen entgegen ſind, vielleicht
„ſind ſie unſere phiſiſchen und moraliſchen Gegenfuͤß-
„ler: Vielleicht waͤre es gefaͤhrlich ihnen voͤllige
„Freiheit zu laſſen, unſere Jugend zu ſehn und
„mit ihr ſich zu unterhalten. Aber ich unterwer-
„fe dieſe Betrachtung eurer erhabnen Klugheit. —‟
Sie iſt gegruͤndet, mein Sohn, aber fuͤrchte nichts,
die Tugend iſt hier zu ſehr geliebt und liebenswuͤr-
dig, als daß man ſie verlaſſen ſolte. Unſere Ju-
gend laͤuft nicht nach fremden Moden und Gebraͤu-
chen; ohne ſclaviſchen Nachahmungsgeiſt beſitzt ſie
den edlen Stolz, ſich iederzeit ſelbſt bilden
zu wollen, und nie zu aͤndern, wenn ſie nichts
beſſeres findet.
Dieſe Sprache wird beim erſten Ueberleſen ein
wenig rauh ſcheinen *) aber ich bin verſichert, daß
man ſie bald eben ſo weich, deutlich und verſtaͤnd-
lich finden wird, als das franzoͤſiſche. Jch fuͤrch-
te nicht zu viel geſagt zu haben, denn ich bin meiner
Sache gewiß. Hermantin verſtand dieſe Rede vol-
kommen und ſagte mit einer edlen Freimuͤthigkeit
in dieſer Gegenfuͤßler Sprache zum Alten:
„*) Daß
*) Um das, was der Suͤdmann hier ſagt, beſſer zu ver-
ſtehen, erinnere man ſich, das alles ſo ausgeſpro-
chen ward und in meiner Handſchrift geſchrieben
ſteht, wie die Anfangszeilen in der vorhergehenden
Note lauten. (Dulis.)
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