Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



so machen; aber jetzt, edeldenkende Landsleu-
te, dürfen wir uns wohl mit bessern Hofnungen
schmeicheln. --

Auf diese Erzählung des Kapitäns erwiederte
Victorin, daß sie ihn und seine Kinder so, wie die
Familie des iungen Schiffers auf die Christininsel
schaffen wolten, die mit lauter Franzosen bevölkert
wäre, unter einem gelinden Himmelsstrich läge und
einen sehr fruchtbaren Boden hätte. Der Ueberrest
von dem Bocksgeschlechte aber solte auf die Schaf-
insel gebracht werden. Er fügte hinzu, daß sie
noch den nämlichen Tage drei Personen, die er be-
stimmen möchte, fortzutragen erbötig wären.
Der Kapitain ernante daher seine Gattin, seinen
Sohn und einen von seinen Enkeln.

Uebrigens will ich nur noch soviel sagen, daß
diese Unglücklichen solchergestalt zu vieren in wenig
Tagen, weil der Eidam des Victorin nachher
auch mitreiste, versetzt wurden, und daß sie ge-
genwärtig auf der Christininsel sehr glücklich leben.
Das Bocks-Paar erhielt einen Platz auf der Schaf-
insel und man bemerkte, daß diese beiden Gattun-
gen viel Anlage zu wechselseitiger Freundschaft hat-
ten. Victorin verabsäumte keine Gelegenheit, die
Natur zu ergründen; aber sein Sohn Alexander
übertraf ihn noch. Man kan behaupten, daß
dieser Fürst der thätigste und einsichtsvollste unter
den Sterblichen gewesen sein würde, lebte nicht
heutzutage Prinz Hermantin sein Sohn; dieser

Held



ſo machen; aber jetzt, edeldenkende Landsleu-
te, duͤrfen wir uns wohl mit beſſern Hofnungen
ſchmeicheln. —

Auf dieſe Erzaͤhlung des Kapitaͤns erwiederte
Victorin, daß ſie ihn und ſeine Kinder ſo, wie die
Familie des iungen Schiffers auf die Chriſtininſel
ſchaffen wolten, die mit lauter Franzoſen bevoͤlkert
waͤre, unter einem gelinden Himmelsſtrich laͤge und
einen ſehr fruchtbaren Boden haͤtte. Der Ueberreſt
von dem Bocksgeſchlechte aber ſolte auf die Schaf-
inſel gebracht werden. Er fuͤgte hinzu, daß ſie
noch den naͤmlichen Tage drei Perſonen, die er be-
ſtimmen moͤchte, fortzutragen erboͤtig waͤren.
Der Kapitain ernante daher ſeine Gattin, ſeinen
Sohn und einen von ſeinen Enkeln.

Uebrigens will ich nur noch ſoviel ſagen, daß
dieſe Ungluͤcklichen ſolchergeſtalt zu vieren in wenig
Tagen, weil der Eidam des Victorin nachher
auch mitreiſte, verſetzt wurden, und daß ſie ge-
genwaͤrtig auf der Chriſtininſel ſehr gluͤcklich leben.
Das Bocks-Paar erhielt einen Platz auf der Schaf-
inſel und man bemerkte, daß dieſe beiden Gattun-
gen viel Anlage zu wechſelſeitiger Freundſchaft hat-
ten. Victorin verabſaͤumte keine Gelegenheit, die
Natur zu ergruͤnden; aber ſein Sohn Alexander
uͤbertraf ihn noch. Man kan behaupten, daß
dieſer Fuͤrſt der thaͤtigſte und einſichtsvollſte unter
den Sterblichen geweſen ſein wuͤrde, lebte nicht
heutzutage Prinz Hermantin ſein Sohn; dieſer

Held
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0227" n="219"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;o machen; aber jetzt, edeldenkende Landsleu-<lb/>
te, du&#x0364;rfen wir uns wohl mit be&#x017F;&#x017F;ern Hofnungen<lb/>
&#x017F;chmeicheln. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Auf die&#x017F;e Erza&#x0364;hlung des Kapita&#x0364;ns erwiederte<lb/>
Victorin, daß &#x017F;ie ihn und &#x017F;eine Kinder &#x017F;o, wie die<lb/>
Familie des iungen Schiffers auf die Chri&#x017F;tinin&#x017F;el<lb/>
&#x017F;chaffen wolten, die mit lauter Franzo&#x017F;en bevo&#x0364;lkert<lb/>
wa&#x0364;re, unter einem gelinden Himmels&#x017F;trich la&#x0364;ge und<lb/>
einen &#x017F;ehr fruchtbaren Boden ha&#x0364;tte. Der Ueberre&#x017F;t<lb/>
von dem Bocksge&#x017F;chlechte aber &#x017F;olte auf die Schaf-<lb/>
in&#x017F;el gebracht werden. Er fu&#x0364;gte hinzu, daß &#x017F;ie<lb/>
noch den na&#x0364;mlichen Tage drei Per&#x017F;onen, die er be-<lb/>
&#x017F;timmen mo&#x0364;chte, fortzutragen erbo&#x0364;tig wa&#x0364;ren.<lb/>
Der Kapitain ernante daher &#x017F;eine Gattin, &#x017F;einen<lb/>
Sohn und einen von &#x017F;einen Enkeln.</p><lb/>
          <p>Uebrigens will ich nur noch &#x017F;oviel &#x017F;agen, daß<lb/>
die&#x017F;e Unglu&#x0364;cklichen &#x017F;olcherge&#x017F;talt zu vieren in wenig<lb/>
Tagen, weil der Eidam des Victorin nachher<lb/>
auch mitrei&#x017F;te, ver&#x017F;etzt wurden, und daß &#x017F;ie ge-<lb/>
genwa&#x0364;rtig auf der Chri&#x017F;tinin&#x017F;el &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich leben.<lb/>
Das Bocks-Paar erhielt einen Platz auf der Schaf-<lb/>
in&#x017F;el und man bemerkte, daß die&#x017F;e beiden Gattun-<lb/>
gen viel Anlage zu wech&#x017F;el&#x017F;eitiger Freund&#x017F;chaft hat-<lb/>
ten. Victorin verab&#x017F;a&#x0364;umte keine Gelegenheit, die<lb/>
Natur zu ergru&#x0364;nden; aber &#x017F;ein Sohn Alexander<lb/>
u&#x0364;bertraf ihn noch. Man kan behaupten, daß<lb/>
die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;t der tha&#x0364;tig&#x017F;te und ein&#x017F;ichtsvoll&#x017F;te unter<lb/>
den Sterblichen gewe&#x017F;en &#x017F;ein wu&#x0364;rde, lebte nicht<lb/>
heutzutage Prinz Hermantin &#x017F;ein Sohn; die&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Held</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0227] ſo machen; aber jetzt, edeldenkende Landsleu- te, duͤrfen wir uns wohl mit beſſern Hofnungen ſchmeicheln. — Auf dieſe Erzaͤhlung des Kapitaͤns erwiederte Victorin, daß ſie ihn und ſeine Kinder ſo, wie die Familie des iungen Schiffers auf die Chriſtininſel ſchaffen wolten, die mit lauter Franzoſen bevoͤlkert waͤre, unter einem gelinden Himmelsſtrich laͤge und einen ſehr fruchtbaren Boden haͤtte. Der Ueberreſt von dem Bocksgeſchlechte aber ſolte auf die Schaf- inſel gebracht werden. Er fuͤgte hinzu, daß ſie noch den naͤmlichen Tage drei Perſonen, die er be- ſtimmen moͤchte, fortzutragen erboͤtig waͤren. Der Kapitain ernante daher ſeine Gattin, ſeinen Sohn und einen von ſeinen Enkeln. Uebrigens will ich nur noch ſoviel ſagen, daß dieſe Ungluͤcklichen ſolchergeſtalt zu vieren in wenig Tagen, weil der Eidam des Victorin nachher auch mitreiſte, verſetzt wurden, und daß ſie ge- genwaͤrtig auf der Chriſtininſel ſehr gluͤcklich leben. Das Bocks-Paar erhielt einen Platz auf der Schaf- inſel und man bemerkte, daß dieſe beiden Gattun- gen viel Anlage zu wechſelſeitiger Freundſchaft hat- ten. Victorin verabſaͤumte keine Gelegenheit, die Natur zu ergruͤnden; aber ſein Sohn Alexander uͤbertraf ihn noch. Man kan behaupten, daß dieſer Fuͤrſt der thaͤtigſte und einſichtsvollſte unter den Sterblichen geweſen ſein wuͤrde, lebte nicht heutzutage Prinz Hermantin ſein Sohn; dieſer Held

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/227
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/227>, abgerufen am 06.05.2024.