Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.wunderten alle unsere Künste, alle unsere Erfindun- gen. Und wenn auch einige, sie als eine Frucht unsrer Schwachheit ansahen, so waren doch die übri- gen -- der größte, obgleich nicht der klügste Haufe -- darüber entzückt. Besonders schien das Ge- heimniß sich künstlicher Flügel zu bedienen ihnen bewundernswürdig; aber Victorin hütete sich sehr, ihnen solches zu erklären. Jn Ansehung des Schiffs schienen sie kein Verlangen zu haben, dergleichen zu bauen; sie behaupteten, daß ihr Land für sie hin- reichend sey, und hielten es für Thorheit sich Mittel zu bedienen, welche die Natur bloß zu Aufsuchung anderer Wohnungen gelehrt hat, und behaupteten, daß der Mensch, so wie die Pflanze auf ihrem Bo- den bleiben müsse und ausarte, wenn er ihn ver- liesse. Diese Gründe überzeugten Victorin nicht, der Man ertauschte in dem Lande der Patagonen ist
wunderten alle unſere Kuͤnſte, alle unſere Erfindun- gen. Und wenn auch einige, ſie als eine Frucht unſrer Schwachheit anſahen, ſo waren doch die uͤbri- gen — der groͤßte, obgleich nicht der kluͤgſte Haufe — daruͤber entzuͤckt. Beſonders ſchien das Ge- heimniß ſich kuͤnſtlicher Fluͤgel zu bedienen ihnen bewundernswuͤrdig; aber Victorin huͤtete ſich ſehr, ihnen ſolches zu erklaͤren. Jn Anſehung des Schiffs ſchienen ſie kein Verlangen zu haben, dergleichen zu bauen; ſie behaupteten, daß ihr Land fuͤr ſie hin- reichend ſey, und hielten es fuͤr Thorheit ſich Mittel zu bedienen, welche die Natur bloß zu Aufſuchung anderer Wohnungen gelehrt hat, und behaupteten, daß der Menſch, ſo wie die Pflanze auf ihrem Bo- den bleiben muͤſſe und ausarte, wenn er ihn ver- lieſſe. Dieſe Gruͤnde uͤberzeugten Victorin nicht, der Man ertauſchte in dem Lande der Patagonen iſt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="134"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> wunderten alle unſere Kuͤnſte, alle unſere Erfindun-<lb/> gen. Und wenn auch einige, ſie als eine Frucht<lb/> unſrer Schwachheit anſahen, ſo waren doch die uͤbri-<lb/> gen — der groͤßte, obgleich nicht der kluͤgſte Haufe<lb/> — daruͤber entzuͤckt. Beſonders ſchien das Ge-<lb/> heimniß ſich kuͤnſtlicher Fluͤgel zu bedienen ihnen<lb/> bewundernswuͤrdig; aber Victorin huͤtete ſich ſehr,<lb/> ihnen ſolches zu erklaͤren. Jn Anſehung des Schiffs<lb/> ſchienen ſie kein Verlangen zu haben, dergleichen zu<lb/> bauen; ſie behaupteten, daß ihr Land fuͤr ſie hin-<lb/> reichend ſey, und hielten es fuͤr Thorheit ſich Mittel<lb/> zu bedienen, welche die Natur bloß zu Aufſuchung<lb/> anderer Wohnungen gelehrt hat, und behaupteten,<lb/> daß der Menſch, ſo wie die Pflanze auf ihrem Bo-<lb/> den bleiben muͤſſe und ausarte, wenn er ihn ver-<lb/> lieſſe.</p><lb/> <p>Dieſe Gruͤnde uͤberzeugten Victorin nicht, der<lb/> ſich beſſer dabey befand Beherrſcher der Chriſtinenin-<lb/> ſel, als Fiſcalprocurator in der Dauphine, oder<lb/> auch Koͤnig des unbeſteiglichen Berges zu ſeyn, wo<lb/> man ſich nicht ausbreiten konnte, der bald ſeine Be-<lb/> wohner nicht zu ernaͤhren vermocht haͤtte, und durch<lb/> ſeine Ausgeſtoßnen entdeckt worden waͤre. Er hatte<lb/> aber auch niemanden dagelaſſen, und ſeit ſeiner Ab-<lb/> reiſe iſt dieſer Berg wieder voͤllig ſo unbewohnt, wie<lb/> vorher.</p><lb/> <p>Man ertauſchte in dem Lande der Patagonen<lb/> oder Victorique Metalle die der Chriſtineninſel fehl-<lb/> ten, beſonders Platina, welche dort in Menge und<lb/> faſt der Erde gleich anzutreffen iſt. Dies Metall<lb/> <fw place="bottom" type="catch">iſt</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0142]
wunderten alle unſere Kuͤnſte, alle unſere Erfindun-
gen. Und wenn auch einige, ſie als eine Frucht
unſrer Schwachheit anſahen, ſo waren doch die uͤbri-
gen — der groͤßte, obgleich nicht der kluͤgſte Haufe
— daruͤber entzuͤckt. Beſonders ſchien das Ge-
heimniß ſich kuͤnſtlicher Fluͤgel zu bedienen ihnen
bewundernswuͤrdig; aber Victorin huͤtete ſich ſehr,
ihnen ſolches zu erklaͤren. Jn Anſehung des Schiffs
ſchienen ſie kein Verlangen zu haben, dergleichen zu
bauen; ſie behaupteten, daß ihr Land fuͤr ſie hin-
reichend ſey, und hielten es fuͤr Thorheit ſich Mittel
zu bedienen, welche die Natur bloß zu Aufſuchung
anderer Wohnungen gelehrt hat, und behaupteten,
daß der Menſch, ſo wie die Pflanze auf ihrem Bo-
den bleiben muͤſſe und ausarte, wenn er ihn ver-
lieſſe.
Dieſe Gruͤnde uͤberzeugten Victorin nicht, der
ſich beſſer dabey befand Beherrſcher der Chriſtinenin-
ſel, als Fiſcalprocurator in der Dauphine, oder
auch Koͤnig des unbeſteiglichen Berges zu ſeyn, wo
man ſich nicht ausbreiten konnte, der bald ſeine Be-
wohner nicht zu ernaͤhren vermocht haͤtte, und durch
ſeine Ausgeſtoßnen entdeckt worden waͤre. Er hatte
aber auch niemanden dagelaſſen, und ſeit ſeiner Ab-
reiſe iſt dieſer Berg wieder voͤllig ſo unbewohnt, wie
vorher.
Man ertauſchte in dem Lande der Patagonen
oder Victorique Metalle die der Chriſtineninſel fehl-
ten, beſonders Platina, welche dort in Menge und
faſt der Erde gleich anzutreffen iſt. Dies Metall
iſt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |