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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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weichendes einführte; und endlich, daß die Nacht-
weiber eine ganz besondere Art von Bastarden zur
Welt brachten, die bald mehr bald weniger von den
Tagemenschen hatten; daß man aber diese neue Gat-
tung durch neue Heyrathen zu vervollkommen hofte,
und zu gleicher Zeit das sämtliche Geschlecht der
Nachtmenschen sich selber überließ, und den Tagemen-
schen nur im höchsten Nothfall von ihnen Weiber zu
nehmen erlaubte.

So standen die Sachen die sechs ersten Monate
hindurch, nachdem Victorin mit seiner Familie ange-
langt war; nämlich bis zur ersten Erndte, nach wel-
cher jeder, der vorher im Felde mit gearbeitet, wie-
der zu seiner Handthierung, es sey Künsten oder
Wissenschaften, zurück kehrte.

Die erste Stadt, oder die erste Burg der Chri-
stineninsel enthielt dreyhundert Einwohner, mitgerech-
net die auf dem ersten gescheiterten Schiffe befind-
lich gewesenen Personen, die vom unbesteiglichen Ber-
ge, welche durch Reinigkeit ihrer Sitten, und Liebe
gegen ihre Oberhäupter und deren Kinder einen wirk-
lichen Adel ausmachten, und endlich die eingeschisten
Künstler und Handwerksleute: das Schiff, welches
die eigentlichen Unterthanen Christinens hingebracht
hatte, ward der Aufsicht der jungen Leute vom un-
besteiglichen Berge anvertraut mit dem durch Grün-
den unterstützten Verbot, keinen von den übrigen
Einwohnern es besteigen zu lassen; auch nahmen zu
mehrerer Sicherheit Victorin und sein Sohn die Se-
gel davon ab. Dies Schiff war zur Handlung mit

den
d, fl. Mensch. J



weichendes einfuͤhrte; und endlich, daß die Nacht-
weiber eine ganz beſondere Art von Baſtarden zur
Welt brachten, die bald mehr bald weniger von den
Tagemenſchen hatten; daß man aber dieſe neue Gat-
tung durch neue Heyrathen zu vervollkommen hofte,
und zu gleicher Zeit das ſaͤmtliche Geſchlecht der
Nachtmenſchen ſich ſelber uͤberließ, und den Tagemen-
ſchen nur im hoͤchſten Nothfall von ihnen Weiber zu
nehmen erlaubte.

So ſtanden die Sachen die ſechs erſten Monate
hindurch, nachdem Victorin mit ſeiner Familie ange-
langt war; naͤmlich bis zur erſten Erndte, nach wel-
cher jeder, der vorher im Felde mit gearbeitet, wie-
der zu ſeiner Handthierung, es ſey Kuͤnſten oder
Wiſſenſchaften, zuruͤck kehrte.

Die erſte Stadt, oder die erſte Burg der Chri-
ſtineninſel enthielt dreyhundert Einwohner, mitgerech-
net die auf dem erſten geſcheiterten Schiffe befind-
lich geweſenen Perſonen, die vom unbeſteiglichen Ber-
ge, welche durch Reinigkeit ihrer Sitten, und Liebe
gegen ihre Oberhaͤupter und deren Kinder einen wirk-
lichen Adel ausmachten, und endlich die eingeſchiſten
Kuͤnſtler und Handwerksleute: das Schiff, welches
die eigentlichen Unterthanen Chriſtinens hingebracht
hatte, ward der Aufſicht der jungen Leute vom un-
beſteiglichen Berge anvertraut mit dem durch Gruͤn-
den unterſtuͤtzten Verbot, keinen von den uͤbrigen
Einwohnern es beſteigen zu laſſen; auch nahmen zu
mehrerer Sicherheit Victorin und ſein Sohn die Se-
gel davon ab. Dies Schiff war zur Handlung mit

den
d, fl. Menſch. J
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[129/0137] weichendes einfuͤhrte; und endlich, daß die Nacht- weiber eine ganz beſondere Art von Baſtarden zur Welt brachten, die bald mehr bald weniger von den Tagemenſchen hatten; daß man aber dieſe neue Gat- tung durch neue Heyrathen zu vervollkommen hofte, und zu gleicher Zeit das ſaͤmtliche Geſchlecht der Nachtmenſchen ſich ſelber uͤberließ, und den Tagemen- ſchen nur im hoͤchſten Nothfall von ihnen Weiber zu nehmen erlaubte. So ſtanden die Sachen die ſechs erſten Monate hindurch, nachdem Victorin mit ſeiner Familie ange- langt war; naͤmlich bis zur erſten Erndte, nach wel- cher jeder, der vorher im Felde mit gearbeitet, wie- der zu ſeiner Handthierung, es ſey Kuͤnſten oder Wiſſenſchaften, zuruͤck kehrte. Die erſte Stadt, oder die erſte Burg der Chri- ſtineninſel enthielt dreyhundert Einwohner, mitgerech- net die auf dem erſten geſcheiterten Schiffe befind- lich geweſenen Perſonen, die vom unbeſteiglichen Ber- ge, welche durch Reinigkeit ihrer Sitten, und Liebe gegen ihre Oberhaͤupter und deren Kinder einen wirk- lichen Adel ausmachten, und endlich die eingeſchiſten Kuͤnſtler und Handwerksleute: das Schiff, welches die eigentlichen Unterthanen Chriſtinens hingebracht hatte, ward der Aufſicht der jungen Leute vom un- beſteiglichen Berge anvertraut mit dem durch Gruͤn- den unterſtuͤtzten Verbot, keinen von den uͤbrigen Einwohnern es beſteigen zu laſſen; auch nahmen zu mehrerer Sicherheit Victorin und ſein Sohn die Se- gel davon ab. Dies Schiff war zur Handlung mit den d, fl. Menſch. J

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/137>, abgerufen am 25.11.2024.