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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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hiermit an/ daß es in eines jeden freyen Willen stehe/ essen oder nicht essen: Die Römische Kirch aber tringt gerad auff ihr Verbott/ und will dasselbige kurtzum gehalten haben/ daß also dieser Text vielmehr wieder/ als für sie etwas kan erzwingen.

IV. Spricht doch S. Paulus: So die Speise meinen Bruder ärgert/ wolte ich nimmer Fleisch essen/ auff daß ich meinen Bruder nicht ärgerte I. Cor. 8. v. 13. Nun aber ärgeren sich die Leut im Pabstum darüber/ daß die Evangelischen an verbotenen Tagen Fleisch essen / darum solten sie nach dem Raht Pauli sich vom Fleisch essen enthalten.

Antwort. S. Paulus redet daselbsten nur von dem Fleisch/ so den Götzen war geopffert / und lehret/ wie sich ein Christ seiner Freyheit nicht zum Ubermuht/ noch seinem Nechsten / der noch schwach ist/ zur Aergernüß gebrauchen solle: Wie reimet sich aber hiermit die Päbstische Fasten-Speise? Zudem so hat die Eusserung der Christlichen Freyheit nur eine Zeitlang gewehret/ nemlich um dero Zeit schwach-gläubigen Willen im Anfang der Christenheit/ denen man diß falls in etwa hat müssen verschonen/ und ihrentwegen die Freyheit Mässigen: Der Pabst aber will sein Gebot wegen Enthaltung gewisser Speisen/ auch nach dem befestigten und erwachsenen Christenthum/ da die Christliche Freyheit völlig von den Aposteln verkündiget/ und in ihr Besitz und Herrschafft gebracht ist/ immerdar fortstrecken und gehalten haben. Haben also die vermeinte verbottene Fasten-Speise in diesem Spruch S. Pauli keinen Behelff. Wann sich demnach zu jetzigen Zeiten die Papisten ärgeren über das Fleisch-Essen der Evangelischen/ so sagt man von ihnen was Christus sagte/ da sich die Pharisaer über ihn ärgerten: Lasset sie fahren/ sie seyn blind/ und blinde Leiter. Matth. 15. v. 14.

V. Es spricht aber S. Paulus: Es ist viel besser/ du essest kein Fleisch/ als daß daran sich dein Bruder ärgert. Rom. 14. v. 21.

Antwort. Es setzet aber Paulus auch gerad hinzu/ und trinckest keinen Wein. Wöllet ihr nun aus diesem Spruch S. Pauli das Fleisch verbieten/ so müsset ihr auch aus eben demselbigen den Wein verbieten: Es will aber den Papisten auff gute wohlgeschmackte gewürtzte Fische/ wann sie sich zur Gnüge darmit angekröpffet haben/ ein Trunck Wassers nicht schmecken. Im übrigen lehret S. Paulus in obangezogenem Spruch/ wie ein Christ / damahls im Anfang der Christenheit/ sich der Christlichen Freyheit bescheidentlich gebrauchen solle/ und da etwa sein Neben-Christ und Mit-Bruder durch Ubung derselben solte geärgert werden/ so seye es besser/ daß er sich derselben Freyheiten in etwa eussere/ und viel lieber des Fleisches und des Weins/ deren er sonsten aus Christlicher Freyheit geniessen mag/ sich enthalte/ wann es Sach wäre/ daß sich sein Mit-Bruder daran stossen oder ärgeren möchte: Dann kurtz zuvor v. 15. spricht er: So dein Bruder über deiner Speise betrübt wird/ so wandelst du schon nicht nach der Liebe. Der Pabst aber will dißfalls durch ein allgemeines Gebot die Christliche Freyheit gerad auffheben: Da doch S. Paulus nur redet von Mässigung/ und/ nach Gelegenheit der Zeit/ Eusserung der Christlichen Freyheit.

VI. Hat man doch allwegen im Alten Testament/ so wohl vor/ als auch nach dem Sünd-Flut / vor dem Gesetz und auch unter dem Gesetz/ gewisse Unterscheid der Speisen gehalten: Warum solts dann nicht auch im Neuen Testament geschehen?

hiermit an/ daß es in eines jeden freyen Willen stehe/ essen oder nicht essen: Die Römische Kirch aber tringt gerad auff ihr Verbott/ und will dasselbige kurtzum gehalten haben/ daß also dieser Text vielmehr wieder/ als für sie etwas kan erzwingen.

IV. Spricht doch S. Paulus: So die Speise meinen Bruder ärgert/ wolte ich nimmer Fleisch essen/ auff daß ich meinen Bruder nicht ärgerte I. Cor. 8. v. 13. Nun aber ärgeren sich die Leut im Pabstum darüber/ daß die Evangelischen an verbotenen Tagen Fleisch essen / darum solten sie nach dem Raht Pauli sich vom Fleisch essen enthalten.

Antwort. S. Paulus redet daselbsten nur von dem Fleisch/ so den Götzen war geopffert / und lehret/ wie sich ein Christ seiner Freyheit nicht zum Ubermuht/ noch seinem Nechsten / der noch schwach ist/ zur Aergernüß gebrauchen solle: Wie reimet sich aber hiermit die Päbstische Fasten-Speise? Zudem so hat die Eusserung der Christlichen Freyheit nur eine Zeitlang gewehret/ nemlich um dero Zeit schwach-gläubigen Willen im Anfang der Christenheit/ denen man diß falls in etwa hat müssen verschonen/ und ihrentwegen die Freyheit Mässigen: Der Pabst aber will sein Gebot wegen Enthaltung gewisser Speisen/ auch nach dem befestigten und erwachsenen Christenthum/ da die Christliche Freyheit völlig von den Aposteln verkündiget/ und in ihr Besitz und Herrschafft gebracht ist/ immerdar fortstrecken und gehalten haben. Haben also die vermeinte verbottene Fasten-Speise in diesem Spruch S. Pauli keinen Behelff. Wann sich demnach zu jetzigen Zeiten die Papisten ärgeren über das Fleisch-Essen der Evangelischen/ so sagt man von ihnen was Christus sagte/ da sich die Pharisaer über ihn ärgerten: Lasset sie fahren/ sie seyn blind/ und blinde Leiter. Matth. 15. v. 14.

V. Es spricht aber S. Paulus: Es ist viel besser/ du essest kein Fleisch/ als daß daran sich dein Bruder ärgert. Rom. 14. v. 21.

Antwort. Es setzet aber Paulus auch gerad hinzu/ und trinckest keinen Wein. Wöllet ihr nun aus diesem Spruch S. Pauli das Fleisch verbieten/ so müsset ihr auch aus eben demselbigen den Wein verbieten: Es will aber den Papisten auff gute wohlgeschmackte gewürtzte Fische/ wann sie sich zur Gnüge darmit angekröpffet haben/ ein Trunck Wassers nicht schmecken. Im übrigen lehret S. Paulus in obangezogenem Spruch/ wie ein Christ / damahls im Anfang der Christenheit/ sich der Christlichen Freyheit bescheidentlich gebrauchen solle/ und da etwa sein Neben-Christ und Mit-Bruder durch Ubung derselben solte geärgert werden/ so seye es besser/ daß er sich derselben Freyheiten in etwa eussere/ und viel lieber des Fleisches und des Weins/ deren er sonsten aus Christlicher Freyheit geniessen mag/ sich enthalte/ wann es Sach wäre/ daß sich sein Mit-Bruder daran stossen oder ärgeren möchte: Dann kurtz zuvor v. 15. spricht er: So dein Bruder über deiner Speise betrübt wird/ so wandelst du schon nicht nach der Liebe. Der Pabst aber will dißfalls durch ein allgemeines Gebot die Christliche Freyheit gerad auffheben: Da doch S. Paulus nur redet von Mässigung/ und/ nach Gelegenheit der Zeit/ Eusserung der Christlichen Freyheit.

VI. Hat man doch allwegen im Alten Testament/ so wohl vor/ als auch nach dem Sünd-Flut / vor dem Gesetz und auch unter dem Gesetz/ gewisse Unterscheid der Speisen gehalten: Warum solts dann nicht auch im Neuen Testament geschehen?

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        <p>IV. Spricht doch S. Paulus: So die Speise meinen Bruder ärgert/ wolte ich nimmer Fleisch            essen/ auff daß ich meinen Bruder nicht ärgerte I. Cor. 8. v. 13. Nun aber ärgeren sich            die Leut im Pabstum darüber/ daß die Evangelischen an verbotenen Tagen Fleisch essen /            darum solten sie nach dem Raht Pauli sich vom Fleisch essen enthalten.</p>
        <p>Antwort. S. Paulus redet daselbsten nur von dem Fleisch/ so den Götzen war geopffert /            und lehret/ wie sich ein Christ seiner Freyheit nicht zum Ubermuht/ noch seinem Nechsten           / der noch schwach ist/ zur Aergernüß gebrauchen solle: Wie reimet sich aber hiermit die            Päbstische Fasten-Speise? Zudem so hat die Eusserung der Christlichen Freyheit nur eine            Zeitlang gewehret/ nemlich um dero Zeit schwach-gläubigen Willen im Anfang der            Christenheit/ denen man diß falls in etwa hat müssen verschonen/ und ihrentwegen die            Freyheit Mässigen: Der Pabst aber will sein Gebot wegen Enthaltung gewisser Speisen/ auch            nach dem befestigten und erwachsenen Christenthum/ da die Christliche Freyheit völlig von            den Aposteln verkündiget/ und in ihr Besitz und Herrschafft gebracht ist/ immerdar            fortstrecken und gehalten haben. Haben also die vermeinte verbottene Fasten-Speise in            diesem Spruch S. Pauli keinen Behelff. Wann sich demnach zu jetzigen Zeiten die Papisten            ärgeren über das Fleisch-Essen der Evangelischen/ so sagt man von ihnen was Christus            sagte/ da sich die Pharisaer über ihn ärgerten: Lasset sie fahren/ sie seyn blind/ und            blinde Leiter. Matth. 15. v. 14.</p>
        <p>V. Es spricht aber S. Paulus: Es ist viel besser/ du essest kein Fleisch/ als daß daran            sich dein Bruder ärgert. Rom. 14. v. 21.</p>
        <p>Antwort. Es setzet aber Paulus auch gerad hinzu/ und trinckest keinen Wein. Wöllet ihr            nun aus diesem Spruch S. Pauli das Fleisch verbieten/ so müsset ihr auch aus eben            demselbigen den Wein verbieten: Es will aber den Papisten auff gute wohlgeschmackte            gewürtzte Fische/ wann sie sich zur Gnüge darmit angekröpffet haben/ ein Trunck Wassers            nicht schmecken. Im übrigen lehret S. Paulus in obangezogenem Spruch/ wie ein Christ /            damahls im Anfang der Christenheit/ sich der Christlichen Freyheit bescheidentlich            gebrauchen solle/ und da etwa sein Neben-Christ und Mit-Bruder durch Ubung derselben            solte geärgert werden/ so seye es besser/ daß er sich derselben Freyheiten in etwa            eussere/ und viel lieber des Fleisches und des Weins/ deren er sonsten aus Christlicher            Freyheit geniessen mag/ sich enthalte/ wann es Sach wäre/ daß sich sein Mit-Bruder            daran stossen oder ärgeren möchte: Dann kurtz zuvor v. 15. spricht er: So dein Bruder über            deiner Speise betrübt wird/ so wandelst du schon nicht nach der Liebe. Der Pabst aber            will dißfalls durch ein allgemeines Gebot die Christliche Freyheit gerad auffheben: Da            doch S. Paulus nur redet von Mässigung/ und/ nach Gelegenheit der Zeit/ Eusserung der            Christlichen Freyheit.</p>
        <p>VI. Hat man doch allwegen im Alten Testament/ so wohl vor/ als auch nach dem Sünd-Flut           / vor dem Gesetz und auch unter dem Gesetz/ gewisse Unterscheid der Speisen gehalten:            Warum solts dann nicht auch im Neuen Testament geschehen?</p>
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[207/0507] hiermit an/ daß es in eines jeden freyen Willen stehe/ essen oder nicht essen: Die Römische Kirch aber tringt gerad auff ihr Verbott/ und will dasselbige kurtzum gehalten haben/ daß also dieser Text vielmehr wieder/ als für sie etwas kan erzwingen. IV. Spricht doch S. Paulus: So die Speise meinen Bruder ärgert/ wolte ich nimmer Fleisch essen/ auff daß ich meinen Bruder nicht ärgerte I. Cor. 8. v. 13. Nun aber ärgeren sich die Leut im Pabstum darüber/ daß die Evangelischen an verbotenen Tagen Fleisch essen / darum solten sie nach dem Raht Pauli sich vom Fleisch essen enthalten. Antwort. S. Paulus redet daselbsten nur von dem Fleisch/ so den Götzen war geopffert / und lehret/ wie sich ein Christ seiner Freyheit nicht zum Ubermuht/ noch seinem Nechsten / der noch schwach ist/ zur Aergernüß gebrauchen solle: Wie reimet sich aber hiermit die Päbstische Fasten-Speise? Zudem so hat die Eusserung der Christlichen Freyheit nur eine Zeitlang gewehret/ nemlich um dero Zeit schwach-gläubigen Willen im Anfang der Christenheit/ denen man diß falls in etwa hat müssen verschonen/ und ihrentwegen die Freyheit Mässigen: Der Pabst aber will sein Gebot wegen Enthaltung gewisser Speisen/ auch nach dem befestigten und erwachsenen Christenthum/ da die Christliche Freyheit völlig von den Aposteln verkündiget/ und in ihr Besitz und Herrschafft gebracht ist/ immerdar fortstrecken und gehalten haben. Haben also die vermeinte verbottene Fasten-Speise in diesem Spruch S. Pauli keinen Behelff. Wann sich demnach zu jetzigen Zeiten die Papisten ärgeren über das Fleisch-Essen der Evangelischen/ so sagt man von ihnen was Christus sagte/ da sich die Pharisaer über ihn ärgerten: Lasset sie fahren/ sie seyn blind/ und blinde Leiter. Matth. 15. v. 14. V. Es spricht aber S. Paulus: Es ist viel besser/ du essest kein Fleisch/ als daß daran sich dein Bruder ärgert. Rom. 14. v. 21. Antwort. Es setzet aber Paulus auch gerad hinzu/ und trinckest keinen Wein. Wöllet ihr nun aus diesem Spruch S. Pauli das Fleisch verbieten/ so müsset ihr auch aus eben demselbigen den Wein verbieten: Es will aber den Papisten auff gute wohlgeschmackte gewürtzte Fische/ wann sie sich zur Gnüge darmit angekröpffet haben/ ein Trunck Wassers nicht schmecken. Im übrigen lehret S. Paulus in obangezogenem Spruch/ wie ein Christ / damahls im Anfang der Christenheit/ sich der Christlichen Freyheit bescheidentlich gebrauchen solle/ und da etwa sein Neben-Christ und Mit-Bruder durch Ubung derselben solte geärgert werden/ so seye es besser/ daß er sich derselben Freyheiten in etwa eussere/ und viel lieber des Fleisches und des Weins/ deren er sonsten aus Christlicher Freyheit geniessen mag/ sich enthalte/ wann es Sach wäre/ daß sich sein Mit-Bruder daran stossen oder ärgeren möchte: Dann kurtz zuvor v. 15. spricht er: So dein Bruder über deiner Speise betrübt wird/ so wandelst du schon nicht nach der Liebe. Der Pabst aber will dißfalls durch ein allgemeines Gebot die Christliche Freyheit gerad auffheben: Da doch S. Paulus nur redet von Mässigung/ und/ nach Gelegenheit der Zeit/ Eusserung der Christlichen Freyheit. VI. Hat man doch allwegen im Alten Testament/ so wohl vor/ als auch nach dem Sünd-Flut / vor dem Gesetz und auch unter dem Gesetz/ gewisse Unterscheid der Speisen gehalten: Warum solts dann nicht auch im Neuen Testament geschehen?

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/507>, abgerufen am 23.11.2024.