Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.auch bey den etwas Gelehrteren/ und mehr getriebenen Papisten der Ablaß in geringem Ansehen gestellt zu werden: wie dann Bellarminus selbst/ da ihm in seinen letzten Zügen der Allerheyligste Vatter mit Anerbietung eines vollkommenen Ablasses begnaden/ laben und trösten wolte/ sich darfür / als ein überflüssiges und gar zu unsicheres Trost-Mittel eines Sterbenden bedancken thäte / mit Vermelden/ daß wann ihro päbstliche Heyligkeit ihm für die letzte Gnade eine hertzliche Reu über die begangene Sünden wolten und könnten gnädiglich mittheilen/ ihm solches viel angenehmer fallen würde/ weilen alsdann der Ablaß am sichersten für GOtt würde hinreichen. Dannoch bleibt der Haupt-Irrthum bey den Papisten fest gewurtzelt / indem sie steiff in dem Irrwohn schweben/ daß der Pabst als ein bevollmächtigter Statthalter Christi wegen seiner ihm von Christo gegebenen Gewalt zu lösen und zu binden / und wegen der ihm anvertrauten Schlüsselen des Himmels/ die für die Sünde (der Papisten Fürgeben nach) rückständige zeitliche Straffe/ so einer entweder allhier in diesem Leben / oder aber dort im Fegfeur dülden und ausstehen müste/ gnädiglich könne nachsehen und aufheben/ und also den Gnaden-Schatz des Ablasses kräfftiglich lassen zu theil werden. Das diß aber ein handgreifflicher Irrthum seye/ wird also erwiesen. Dann erstlich: Daß der Pabst seye kein Statthalter Christi/ daß auch durch die Schlüssel und Gewalt zu lösen und zu binden nur verstanden werde das Predig-Ampt: daß auch nach Erlassung der Sünden keine zeitliche Gnugthuung von GOtt werde vorbehalten: und folgens der Grund des Päbstischen Ablasses keinen festen Boden habe/ solches ist schon richtig an seinem Orte ausgeführt: Zweytens: weilen die H. Schrifft nicht die geringste Meldung thut der päbstischen Gewalt den Ablaß auszuspenden: so beweisen nur die Papisten ihren Ablaß aus dem Gebrauch ihrer Kirchen/ die ihrem Fürgeben nach nicht solle fehlen können/ da sie doch mit ihrem Haubt in den Irrthümmeren steckt Klaffter-tieff bis über die Ohren: und ist dis die gröste Verblendung des Satans/ daß die Papisten lieber wollen die H. Schrifft über und über sich kehren als einmahl zugeben/ daß der Pabst als ein den Irrthümmeren und allerley Schwachheiten unterworffener Mensch nicht seye der Felse/ auf welchen Christus seine Kirch habe gebauet: welches wann man einmahl GOtt und seinem unfehlbaren Wort zu Ehren und sein heiliges Wort die von aller Gefahr des Irrthums entfernete Regel und Richt-Schnur unsers Glaubens/ dann fällt alsobald der gantze Ablaß-Kram mit allen päbstischen Greuel und Plunder von sich selbsten zu Boden. Drittens: ist es ja nur eine List des Satans mit dem päbstischen Ablaß: wodurch die Verdiensten Christi geschmälert/ und die glaubige Zuversicht zu ihm aufgehoben wird: indem die Papisten fürnemlich im Todt-Bett und letzten Zügen/ aus eingebildeter Hoffnung des vollkommenen Ablasses in Vertrauen mehr anhefften an die geweyhete Medaillen, Rosen-Kräntz/ General Absolution des Geistlichen Ordens sc. als auf das heyl-wirckende Bluth Christi. Ist also nur der Ablaß der vom Pabst erfundene Post-Wagen/ darauf die Papisten getröstet zum ewigen Verderben hinunter fahren. Einrede der Papisten. I. Es ist doch in der Catholischen Kirchen eine sonderbare Schatz-Kammer/ worinnen aufbehalten werden die unendliche Verdiensten Christi/ wie dann auch die Verdiensten der seeligen Jungfrauen Maria/ der H. Martyrer/ Beichtiger/ Jungfrauen/ Mönchen sc. welche mehr Gottseelige Bußwerck in ihrem Leben gewircket haben / auch bey den etwas Gelehrteren/ und mehr getriebenen Papisten der Ablaß in geringem Ansehen gestellt zu werden: wie dann Bellarminus selbst/ da ihm in seinen letzten Zügen der Allerheyligste Vatter mit Anerbietung eines vollkommenen Ablasses begnaden/ laben und trösten wolte/ sich darfür / als ein überflüssiges und gar zu unsicheres Trost-Mittel eines Sterbenden bedancken thäte / mit Vermelden/ daß wann ihro päbstliche Heyligkeit ihm für die letzte Gnade eine hertzliche Reu über die begangene Sünden wolten und könnten gnädiglich mittheilen/ ihm solches viel angenehmer fallen würde/ weilen alsdann der Ablaß am sichersten für GOtt würde hinreichen. Dannoch bleibt der Haupt-Irrthum bey den Papisten fest gewurtzelt / indem sie steiff in dem Irrwohn schweben/ daß der Pabst als ein bevollmächtigter Statthalter Christi wegen seiner ihm von Christo gegebenen Gewalt zu lösen und zu binden / und wegen der ihm anvertrauten Schlüsselen des Himmels/ die für die Sünde (der Papisten Fürgeben nach) rückständige zeitliche Straffe/ so einer entweder allhier in diesem Leben / oder aber dort im Fegfeur dülden und ausstehen müste/ gnädiglich könne nachsehen und aufheben/ und also den Gnaden-Schatz des Ablasses kräfftiglich lassen zu theil werden. Das diß aber ein handgreifflicher Irrthum seye/ wird also erwiesen. Dann erstlich: Daß der Pabst seye kein Statthalter Christi/ daß auch durch die Schlüssel und Gewalt zu lösen und zu binden nur verstanden werde das Predig-Ampt: daß auch nach Erlassung der Sünden keine zeitliche Gnugthuung von GOtt werde vorbehalten: und folgens der Grund des Päbstischen Ablasses keinen festen Boden habe/ solches ist schon richtig an seinem Orte ausgeführt: Zweytens: weilen die H. Schrifft nicht die geringste Meldung thut der päbstischen Gewalt den Ablaß auszuspenden: so beweisen nur die Papisten ihren Ablaß aus dem Gebrauch ihrer Kirchen/ die ihrem Fürgeben nach nicht solle fehlen können/ da sie doch mit ihrem Haubt in den Irrthümmeren steckt Klaffter-tieff bis über die Ohren: und ist dis die gröste Verblendung des Satans/ daß die Papisten lieber wollen die H. Schrifft über und über sich kehren als einmahl zugeben/ daß der Pabst als ein den Irrthümmeren und allerley Schwachheiten unterworffener Mensch nicht seye der Felse/ auf welchen Christus seine Kirch habe gebauet: welches wann man einmahl GOtt und seinem unfehlbaren Wort zu Ehren und sein heiliges Wort die von aller Gefahr des Irrthums entfernete Regel und Richt-Schnur unsers Glaubens/ dann fällt alsobald der gantze Ablaß-Kram mit allen päbstischen Greuel und Plunder von sich selbsten zu Boden. Drittens: ist es ja nur eine List des Satans mit dem päbstischen Ablaß: wodurch die Verdiensten Christi geschmälert/ und die glaubige Zuversicht zu ihm aufgehoben wird: indem die Papisten fürnemlich im Todt-Bett und letzten Zügen/ aus eingebildeter Hoffnung des vollkommenen Ablasses in Vertrauen mehr anhefften an die geweyhete Medaillen, Rosen-Kräntz/ General Absolution des Geistlichen Ordens sc. als auf das heyl-wirckende Bluth Christi. Ist also nur der Ablaß der vom Pabst erfundene Post-Wagen/ darauf die Papisten getröstet zum ewigen Verderben hinunter fahren. Einrede der Papisten. I. Es ist doch in der Catholischen Kirchen eine sonderbare Schatz-Kammer/ worinnen aufbehalten werden die unendliche Verdiensten Christi/ wie dann auch die Verdiensten der seeligen Jungfrauen Maria/ der H. 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Dannoch bleibt der Haupt-Irrthum bey den Papisten fest gewurtzelt / indem sie steiff in dem Irrwohn schweben/ daß der Pabst als ein bevollmächtigter Statthalter Christi wegen seiner ihm von Christo gegebenen Gewalt zu lösen und zu binden / und wegen der ihm anvertrauten Schlüsselen des Himmels/ die für die Sünde (der Papisten Fürgeben nach) rückständige zeitliche Straffe/ so einer entweder allhier in diesem Leben / oder aber dort im Fegfeur dülden und ausstehen müste/ gnädiglich könne nachsehen und aufheben/ und also den Gnaden-Schatz des Ablasses kräfftiglich lassen zu theil werden. Das diß aber ein handgreifflicher Irrthum seye/ wird also erwiesen.</p> <p>Dann erstlich: Daß der Pabst seye kein Statthalter Christi/ daß auch durch die Schlüssel und Gewalt zu lösen und zu binden nur verstanden werde das Predig-Ampt: daß auch nach Erlassung der Sünden keine zeitliche Gnugthuung von GOtt werde vorbehalten: und folgens der Grund des Päbstischen Ablasses keinen festen Boden habe/ solches ist schon richtig an seinem Orte ausgeführt:</p> <p>Zweytens: weilen die H. Schrifft nicht die geringste Meldung thut der päbstischen Gewalt den Ablaß auszuspenden: so beweisen nur die Papisten ihren Ablaß aus dem Gebrauch ihrer Kirchen/ die ihrem Fürgeben nach nicht solle fehlen können/ da sie doch mit ihrem Haubt in den Irrthümmeren steckt Klaffter-tieff bis über die Ohren: und ist dis die gröste Verblendung des Satans/ daß die Papisten lieber wollen die H. Schrifft über und über sich kehren als einmahl zugeben/ daß der Pabst als ein den Irrthümmeren und allerley Schwachheiten unterworffener Mensch nicht seye der Felse/ auf welchen Christus seine Kirch habe gebauet: welches wann man einmahl GOtt und seinem unfehlbaren Wort zu Ehren und sein heiliges Wort die von aller Gefahr des Irrthums entfernete Regel und Richt-Schnur unsers Glaubens/ dann fällt alsobald der gantze Ablaß-Kram mit allen päbstischen Greuel und Plunder von sich selbsten zu Boden.</p> <p>Drittens: ist es ja nur eine List des Satans mit dem päbstischen Ablaß: wodurch die Verdiensten Christi geschmälert/ und die glaubige Zuversicht zu ihm aufgehoben wird: indem die Papisten fürnemlich im Todt-Bett und letzten Zügen/ aus eingebildeter Hoffnung des vollkommenen Ablasses in Vertrauen mehr anhefften an die geweyhete Medaillen, Rosen-Kräntz/ General Absolution des Geistlichen Ordens sc. als auf das heyl-wirckende Bluth Christi. Ist also nur der Ablaß der vom Pabst erfundene Post-Wagen/ darauf die Papisten getröstet zum ewigen Verderben hinunter fahren.</p> <p>Einrede der Papisten.</p> <p>I. Es ist doch in der Catholischen Kirchen eine sonderbare Schatz-Kammer/ worinnen aufbehalten werden die unendliche Verdiensten Christi/ wie dann auch die Verdiensten der seeligen Jungfrauen Maria/ der H. Martyrer/ Beichtiger/ Jungfrauen/ Mönchen sc. welche mehr Gottseelige Bußwerck in ihrem Leben gewircket haben / </p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0355]
auch bey den etwas Gelehrteren/ und mehr getriebenen Papisten der Ablaß in geringem Ansehen gestellt zu werden: wie dann Bellarminus selbst/ da ihm in seinen letzten Zügen der Allerheyligste Vatter mit Anerbietung eines vollkommenen Ablasses begnaden/ laben und trösten wolte/ sich darfür / als ein überflüssiges und gar zu unsicheres Trost-Mittel eines Sterbenden bedancken thäte / mit Vermelden/ daß wann ihro päbstliche Heyligkeit ihm für die letzte Gnade eine hertzliche Reu über die begangene Sünden wolten und könnten gnädiglich mittheilen/ ihm solches viel angenehmer fallen würde/ weilen alsdann der Ablaß am sichersten für GOtt würde hinreichen. Dannoch bleibt der Haupt-Irrthum bey den Papisten fest gewurtzelt / indem sie steiff in dem Irrwohn schweben/ daß der Pabst als ein bevollmächtigter Statthalter Christi wegen seiner ihm von Christo gegebenen Gewalt zu lösen und zu binden / und wegen der ihm anvertrauten Schlüsselen des Himmels/ die für die Sünde (der Papisten Fürgeben nach) rückständige zeitliche Straffe/ so einer entweder allhier in diesem Leben / oder aber dort im Fegfeur dülden und ausstehen müste/ gnädiglich könne nachsehen und aufheben/ und also den Gnaden-Schatz des Ablasses kräfftiglich lassen zu theil werden. Das diß aber ein handgreifflicher Irrthum seye/ wird also erwiesen.
Dann erstlich: Daß der Pabst seye kein Statthalter Christi/ daß auch durch die Schlüssel und Gewalt zu lösen und zu binden nur verstanden werde das Predig-Ampt: daß auch nach Erlassung der Sünden keine zeitliche Gnugthuung von GOtt werde vorbehalten: und folgens der Grund des Päbstischen Ablasses keinen festen Boden habe/ solches ist schon richtig an seinem Orte ausgeführt:
Zweytens: weilen die H. Schrifft nicht die geringste Meldung thut der päbstischen Gewalt den Ablaß auszuspenden: so beweisen nur die Papisten ihren Ablaß aus dem Gebrauch ihrer Kirchen/ die ihrem Fürgeben nach nicht solle fehlen können/ da sie doch mit ihrem Haubt in den Irrthümmeren steckt Klaffter-tieff bis über die Ohren: und ist dis die gröste Verblendung des Satans/ daß die Papisten lieber wollen die H. Schrifft über und über sich kehren als einmahl zugeben/ daß der Pabst als ein den Irrthümmeren und allerley Schwachheiten unterworffener Mensch nicht seye der Felse/ auf welchen Christus seine Kirch habe gebauet: welches wann man einmahl GOtt und seinem unfehlbaren Wort zu Ehren und sein heiliges Wort die von aller Gefahr des Irrthums entfernete Regel und Richt-Schnur unsers Glaubens/ dann fällt alsobald der gantze Ablaß-Kram mit allen päbstischen Greuel und Plunder von sich selbsten zu Boden.
Drittens: ist es ja nur eine List des Satans mit dem päbstischen Ablaß: wodurch die Verdiensten Christi geschmälert/ und die glaubige Zuversicht zu ihm aufgehoben wird: indem die Papisten fürnemlich im Todt-Bett und letzten Zügen/ aus eingebildeter Hoffnung des vollkommenen Ablasses in Vertrauen mehr anhefften an die geweyhete Medaillen, Rosen-Kräntz/ General Absolution des Geistlichen Ordens sc. als auf das heyl-wirckende Bluth Christi. Ist also nur der Ablaß der vom Pabst erfundene Post-Wagen/ darauf die Papisten getröstet zum ewigen Verderben hinunter fahren.
Einrede der Papisten.
I. Es ist doch in der Catholischen Kirchen eine sonderbare Schatz-Kammer/ worinnen aufbehalten werden die unendliche Verdiensten Christi/ wie dann auch die Verdiensten der seeligen Jungfrauen Maria/ der H. Martyrer/ Beichtiger/ Jungfrauen/ Mönchen sc. welche mehr Gottseelige Bußwerck in ihrem Leben gewircket haben /
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/355>, abgerufen am 31.07.2024. |