Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.die fleischliche Begierlichkeiten zu zähmen ist eben so rauh nicht/ als man fürgibt. Zu dem ist bekant das Exempel vom H. Joannes Chrysostomus, welches erzehlet wird im Buch vom Leben der Heiligen / Passional genannt. Dieser Joannes hatte so fromm gelebt/ daß ihn die Jungfrau Maria selbsten mit ihrem Mund geküsset hat/ davon er auch einen gülden Rinck um den Mund und den Namen Chrysostomus bekommen. Er asse nichts als Kraut und Wurtzelen: einsmals aber kam ein grosser Wind und setzte eine schöne Jungfrau/ des Käysers Tochter/ vor die Höhle im Wald/ da dieser Mönch Joannes seine Celle hatte: er liesse sie endlich in die Celle/ und machte dar einen Unterscheid mit seinem Stecken/ und sprach: seyedu in dem einen Theil / ich wil seyn in dem andern Theil/ und komme nicht zu mir: ihre Speise war nichts anders als Kraut/ das assen sie manchen Tag aus Hunger/ und sie beteten/ und wachten/ und dieneten GOtt mit grossem Fleiß: doch der böse Geist hassete sie beyde/ und beredete Beyden einen bösen Raht/ daß S. Joannes über den stekken ging zu der Jungfrauen in ihren Theil/ und umfing sie lieblich/ und bekam grosse Liebe zu ihr/ und er machte/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiele um seinend willen. So lautet der Inhalt dieser Geschicht aus dem päbstischen Exempel-Buch. Alhier ist Joannes, ob er schon fastete/ und nichts asse als Kraut und Wurtzlen/ dannoch über den Stecken zu der Jungfrauen gangen. Summa, es zähme einer seine Begierligkeiten so hefftig/ als er wolle/ wöllen sie sich nicht zähmen lassen/ so freye er/ spricht Paulus. XII. Nach dieser manier zu reden/ wann einer mit einer zänckischen Xantippe und Hader-Katzen/ oder trieffenden Lia im Ehe-Stand manches saures Bißlein müste einfressen / und in allerley Anfechtungen und Zerrüttungen des Gemühts daher leben/ und folgens in Gefahr zu sündigen schweben/ dann müste er darvon lauffen/ und eine andere freyen: Darwieder aber setzet sich Gottes Wort Marc. 10. v. 9. Was GOtt zusammen gefüget hat / soll der Mensch nicht scheiden. Und dieses Beginnen schlägt in die muhtwillige Lehr des unsauberen Luthers, wann er schreibt im anderen Theil vom ehelichen Leben: Will die Fraue nicht/ so komme die Magd. Antwort: Ein anders ist die Anfechtung/ darin GOtt und der von GOtt verordneter Ehe-Stand und frembde Boßheit/ ungefehr und beyläuffig/ den Menschen setzet: Dann darin hat er Gottes Hülff und Beystand zu erwarten: Ein anders aber ist die Anfechtung/ darin sich der Mensch muhtwilliger Weise stürtzet/ und die von GOtt verordnete Mittel der Ehe verwirfft: Dann da will GOtt den Pfaffen nichts besonders/ und ausser-ördentliches schaffen: Sondern er verweiset sie auf seinen deutlichen/ durch Paulum geoffenbahrten Willen. Ist also die Papistische Folgerey gar ungleichförmich eingerichtet. Im Ubrigen ists nichts neues/ daß den Schrifften des Luthers von den Papisten Gewalt angelegt werde: Wie dann solches auch für dismahl geschicht: Dann D. Luther am obangezogenen Ort schreibt nicht/ das ein jeder Mann/ so bald die Frau zur ehelichen Pflicht nicht willig ist/ an derselben statt die Magd ins Ehe-Bett dörffe befordern: Sondern er schreibt von einem solchen hallstarrigen Weibe/ so die eheliche Pflicht nicht zahlen/ noch bey dem Mann seyn will: Sondern seinen Kopff auffsetzet/ und solte schon der Mann zehnmal in Unkeuschheit fallen/ so fragt sie nichts darnach. In also beschaffenen Umständen / spricht Luther, soll der Mann zuvor seine Ehe-Frau zwey oder dreymal warnen/ und für andere Leute komme lassen/ das man öffentlich ihre Hallstarrigkeit wisse/ und für der Gemeine straffe: Will sie dann nicht/ so soll er sie von sich lassen/ und ihm eine Esther geben und die die fleischliche Begierlichkeiten zu zähmen ist eben so rauh nicht/ als man fürgibt. Zu dem ist bekant das Exempel vom H. Joannes Chrysostomus, welches erzehlet wird im Buch vom Leben der Heiligen / Passional genannt. Dieser Joannes hatte so fromm gelebt/ daß ihn die Jungfrau Maria selbsten mit ihrem Mund geküsset hat/ davon er auch einen gülden Rinck um den Mund und den Namen Chrysostomus bekommen. Er asse nichts als Kraut und Wurtzelen: einsmals aber kam ein grosser Wind und setzte eine schöne Jungfrau/ des Käysers Tochter/ vor die Höhle im Wald/ da dieser Mönch Joannes seine Celle hatte: er liesse sie endlich in die Celle/ und machte dar einen Unterscheid mit seinem Stecken/ und sprach: seyedu in dem einen Theil / ich wil seyn in dem andern Theil/ und komme nicht zu mir: ihre Speise war nichts anders als Kraut/ das assen sie manchen Tag aus Hunger/ und sie beteten/ und wachten/ und dieneten GOtt mit grossem Fleiß: doch der böse Geist hassete sie beyde/ und beredete Beyden einen bösen Raht/ daß S. Joannes über den stekken ging zu der Jungfrauen in ihren Theil/ und umfing sie lieblich/ und bekam grosse Liebe zu ihr/ und er machte/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiele um seinend willen. So lautet der Inhalt dieser Geschicht aus dem päbstischen Exempel-Buch. Alhier ist Joannes, ob er schon fastete/ und nichts asse als Kraut und Wurtzlen/ dannoch über den Stecken zu der Jungfrauen gangen. Summa, es zähme einer seine Begierligkeiten so hefftig/ als er wolle/ wöllen sie sich nicht zähmen lassen/ so freye er/ spricht Paulus. XII. Nach dieser manier zu reden/ wann einer mit einer zänckischen Xantippe und Hader-Katzen/ oder trieffenden Lia im Ehe-Stand manches saures Bißlein müste einfressen / und in allerley Anfechtungen und Zerrüttungen des Gemühts daher leben/ und folgens in Gefahr zu sündigen schweben/ dann müste er darvon lauffen/ und eine andere freyen: Darwieder aber setzet sich Gottes Wort Marc. 10. v. 9. Was GOtt zusammen gefüget hat / soll der Mensch nicht scheiden. Und dieses Beginnen schlägt in die muhtwillige Lehr des unsauberen Luthers, wann er schreibt im anderen Theil vom ehelichen Leben: Will die Fraue nicht/ so komme die Magd. Antwort: Ein anders ist die Anfechtung/ darin GOtt und der von GOtt verordneter Ehe-Stand und frembde Boßheit/ ungefehr und beyläuffig/ den Menschen setzet: Dann darin hat er Gottes Hülff und Beystand zu erwarten: Ein anders aber ist die Anfechtung/ darin sich der Mensch muhtwilliger Weise stürtzet/ und die von GOtt verordnete Mittel der Ehe verwirfft: Dann da will GOtt den Pfaffen nichts besonders/ und ausser-ördentliches schaffen: Sondern er verweiset sie auf seinen deutlichen/ durch Paulum geoffenbahrten Willen. Ist also die Papistische Folgerey gar ungleichförmich eingerichtet. Im Ubrigen ists nichts neues/ daß den Schrifften des Luthers von den Papisten Gewalt angelegt werde: Wie dann solches auch für dismahl geschicht: Dann D. Luther am obangezogenen Ort schreibt nicht/ das ein jeder Mann/ so bald die Frau zur ehelichen Pflicht nicht willig ist/ an derselben statt die Magd ins Ehe-Bett dörffe befordern: Sondern er schreibt von einem solchen hallstarrigen Weibe/ so die eheliche Pflicht nicht zahlen/ noch bey dem Mann seyn will: Sondern seinen Kopff auffsetzet/ und solte schon der Mann zehnmal in Unkeuschheit fallen/ so fragt sie nichts darnach. In also beschaffenen Umständen / spricht Luther, soll der Mann zuvor seine Ehe-Frau zwey oder dreymal warnen/ und für andere Leute komme lassen/ das man öffentlich ihre Hallstarrigkeit wisse/ und für der Gemeine straffe: Will sie dann nicht/ so soll er sie von sich lassen/ und ihm eine Esther geben und die <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0277" n="257"/> die fleischliche Begierlichkeiten zu zähmen ist eben so rauh nicht/ als man fürgibt. Zu dem ist bekant das Exempel vom H. Joannes Chrysostomus, welches erzehlet wird im Buch vom Leben der Heiligen / Passional genannt. Dieser Joannes hatte so fromm gelebt/ daß ihn die Jungfrau Maria selbsten mit ihrem Mund geküsset hat/ davon er auch einen gülden Rinck um den Mund und den Namen Chrysostomus bekommen. Er asse nichts als Kraut und Wurtzelen: einsmals aber kam ein grosser Wind und setzte eine schöne Jungfrau/ des Käysers Tochter/ vor die Höhle im Wald/ da dieser Mönch Joannes seine Celle hatte: er liesse sie endlich in die Celle/ und machte dar einen Unterscheid mit seinem Stecken/ und sprach: seyedu in dem einen Theil / ich wil seyn in dem andern Theil/ und komme nicht zu mir: ihre Speise war nichts anders als Kraut/ das assen sie manchen Tag aus Hunger/ und sie beteten/ und wachten/ und dieneten GOtt mit grossem Fleiß: doch der böse Geist hassete sie beyde/ und beredete Beyden einen bösen Raht/ daß S. Joannes über den stekken ging zu der Jungfrauen in ihren Theil/ und umfing sie lieblich/ und bekam grosse Liebe zu ihr/ und er machte/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiele um seinend willen. So lautet der Inhalt dieser Geschicht aus dem päbstischen Exempel-Buch. Alhier ist Joannes, ob er schon fastete/ und nichts asse als Kraut und Wurtzlen/ dannoch über den Stecken zu der Jungfrauen gangen. Summa, es zähme einer seine Begierligkeiten so hefftig/ als er wolle/ wöllen sie sich nicht zähmen lassen/ so freye er/ spricht Paulus.</p> <p>XII. Nach dieser manier zu reden/ wann einer mit einer zänckischen Xantippe und Hader-Katzen/ oder trieffenden Lia im Ehe-Stand manches saures Bißlein müste einfressen / und in allerley Anfechtungen und Zerrüttungen des Gemühts daher leben/ und folgens in Gefahr zu sündigen schweben/ dann müste er darvon lauffen/ und eine andere freyen: Darwieder aber setzet sich Gottes Wort Marc. 10. v. 9. Was GOtt zusammen gefüget hat / soll der Mensch nicht scheiden. Und dieses Beginnen schlägt in die muhtwillige Lehr des unsauberen Luthers, wann er schreibt im anderen Theil vom ehelichen Leben: Will die Fraue nicht/ so komme die Magd.</p> <p>Antwort: Ein anders ist die Anfechtung/ darin GOtt und der von GOtt verordneter Ehe-Stand und frembde Boßheit/ ungefehr und beyläuffig/ den Menschen setzet: Dann darin hat er Gottes Hülff und Beystand zu erwarten: Ein anders aber ist die Anfechtung/ darin sich der Mensch muhtwilliger Weise stürtzet/ und die von GOtt verordnete Mittel der Ehe verwirfft: Dann da will GOtt den Pfaffen nichts besonders/ und ausser-ördentliches schaffen: Sondern er verweiset sie auf seinen deutlichen/ durch Paulum geoffenbahrten Willen. Ist also die Papistische Folgerey gar ungleichförmich eingerichtet. Im Ubrigen ists nichts neues/ daß den Schrifften des Luthers von den Papisten Gewalt angelegt werde: Wie dann solches auch für dismahl geschicht: Dann D. Luther am obangezogenen Ort schreibt nicht/ das ein jeder Mann/ so bald die Frau zur ehelichen Pflicht nicht willig ist/ an derselben statt die Magd ins Ehe-Bett dörffe befordern: Sondern er schreibt von einem solchen hallstarrigen Weibe/ so die eheliche Pflicht nicht zahlen/ noch bey dem Mann seyn will: Sondern seinen Kopff auffsetzet/ und solte schon der Mann zehnmal in Unkeuschheit fallen/ so fragt sie nichts darnach. In also beschaffenen Umständen / spricht Luther, soll der Mann zuvor seine Ehe-Frau zwey oder dreymal warnen/ und für andere Leute komme lassen/ das man öffentlich ihre Hallstarrigkeit wisse/ und für der Gemeine straffe: Will sie dann nicht/ so soll er sie von sich lassen/ und ihm eine Esther geben und die </p> </div> </body> </text> </TEI> [257/0277]
die fleischliche Begierlichkeiten zu zähmen ist eben so rauh nicht/ als man fürgibt. Zu dem ist bekant das Exempel vom H. Joannes Chrysostomus, welches erzehlet wird im Buch vom Leben der Heiligen / Passional genannt. Dieser Joannes hatte so fromm gelebt/ daß ihn die Jungfrau Maria selbsten mit ihrem Mund geküsset hat/ davon er auch einen gülden Rinck um den Mund und den Namen Chrysostomus bekommen. Er asse nichts als Kraut und Wurtzelen: einsmals aber kam ein grosser Wind und setzte eine schöne Jungfrau/ des Käysers Tochter/ vor die Höhle im Wald/ da dieser Mönch Joannes seine Celle hatte: er liesse sie endlich in die Celle/ und machte dar einen Unterscheid mit seinem Stecken/ und sprach: seyedu in dem einen Theil / ich wil seyn in dem andern Theil/ und komme nicht zu mir: ihre Speise war nichts anders als Kraut/ das assen sie manchen Tag aus Hunger/ und sie beteten/ und wachten/ und dieneten GOtt mit grossem Fleiß: doch der böse Geist hassete sie beyde/ und beredete Beyden einen bösen Raht/ daß S. Joannes über den stekken ging zu der Jungfrauen in ihren Theil/ und umfing sie lieblich/ und bekam grosse Liebe zu ihr/ und er machte/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiele um seinend willen. So lautet der Inhalt dieser Geschicht aus dem päbstischen Exempel-Buch. Alhier ist Joannes, ob er schon fastete/ und nichts asse als Kraut und Wurtzlen/ dannoch über den Stecken zu der Jungfrauen gangen. Summa, es zähme einer seine Begierligkeiten so hefftig/ als er wolle/ wöllen sie sich nicht zähmen lassen/ so freye er/ spricht Paulus.
XII. Nach dieser manier zu reden/ wann einer mit einer zänckischen Xantippe und Hader-Katzen/ oder trieffenden Lia im Ehe-Stand manches saures Bißlein müste einfressen / und in allerley Anfechtungen und Zerrüttungen des Gemühts daher leben/ und folgens in Gefahr zu sündigen schweben/ dann müste er darvon lauffen/ und eine andere freyen: Darwieder aber setzet sich Gottes Wort Marc. 10. v. 9. Was GOtt zusammen gefüget hat / soll der Mensch nicht scheiden. Und dieses Beginnen schlägt in die muhtwillige Lehr des unsauberen Luthers, wann er schreibt im anderen Theil vom ehelichen Leben: Will die Fraue nicht/ so komme die Magd.
Antwort: Ein anders ist die Anfechtung/ darin GOtt und der von GOtt verordneter Ehe-Stand und frembde Boßheit/ ungefehr und beyläuffig/ den Menschen setzet: Dann darin hat er Gottes Hülff und Beystand zu erwarten: Ein anders aber ist die Anfechtung/ darin sich der Mensch muhtwilliger Weise stürtzet/ und die von GOtt verordnete Mittel der Ehe verwirfft: Dann da will GOtt den Pfaffen nichts besonders/ und ausser-ördentliches schaffen: Sondern er verweiset sie auf seinen deutlichen/ durch Paulum geoffenbahrten Willen. Ist also die Papistische Folgerey gar ungleichförmich eingerichtet. Im Ubrigen ists nichts neues/ daß den Schrifften des Luthers von den Papisten Gewalt angelegt werde: Wie dann solches auch für dismahl geschicht: Dann D. Luther am obangezogenen Ort schreibt nicht/ das ein jeder Mann/ so bald die Frau zur ehelichen Pflicht nicht willig ist/ an derselben statt die Magd ins Ehe-Bett dörffe befordern: Sondern er schreibt von einem solchen hallstarrigen Weibe/ so die eheliche Pflicht nicht zahlen/ noch bey dem Mann seyn will: Sondern seinen Kopff auffsetzet/ und solte schon der Mann zehnmal in Unkeuschheit fallen/ so fragt sie nichts darnach. In also beschaffenen Umständen / spricht Luther, soll der Mann zuvor seine Ehe-Frau zwey oder dreymal warnen/ und für andere Leute komme lassen/ das man öffentlich ihre Hallstarrigkeit wisse/ und für der Gemeine straffe: Will sie dann nicht/ so soll er sie von sich lassen/ und ihm eine Esther geben und die
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/277>, abgerufen am 16.02.2025. |