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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Erlangen sie das/ so wollen wir auch glauben/ daß sie allemahl durch ihr Gebeht erlangen die Gabe der Keuschheit. Wie sie aber auch kräfftig seyn in ihrem Gebeht die Gabe der Keuschheit zu erhalten/ solches geben die Huren-Kinder gnugsam an den Tag. Im übrigen/ was den Spruch Christi Matt. 21. belanget/ das wir nemlich alles das/ so wir bitten werden/ unfehlbahr werden empfangen/ solches zielet auf diejenige Sachen/ so unsrer Seelen Heyl und Seeligkeit betreffen: Nun aber kan einer eben so wohl im Ehe-Stand / als im ledigen Stand seelig werden/ also/ das es dißfalls unvonnöhten ist/ daß einer GOtt um die Keuschheit im ledigen Stand bitte/ und GOtt ihm etwas besonders schaffe: Dann wann er sich nicht enthalten kan/ oder will/ so laßt ihn freyen.

IV. Steht doch das Gelübd der Keuschheit einem jeden frey: Dann wer zwinget die Geistlichen darzu? Wann sie es dann freywillig gelobt haben/ so sollen sie es auch halten.

Antwort Das Gelübd der Keuschheit oder des ledigen Standes für sich ist kein Gelübd: Weilen der ledige Stand an sich nicht besser ist/ als der Ehe-Stand: Eben so wenig als es ein Gelübd ist/ wann einer gelobte/ er wolte in die Kirche zum Gottes-Dienst treten ehe mit dem rechten Fuß/ als mit dem lincken: Dann ob der rechte Fuß der forderste seye oder der lincke/ ist bey GOtt gleich. Im übrigen/ das viele nicht solten zu den Gelübden gezwungen werden/ solches ist nicht wahr. Denen es aber stehet in ihrer freyen Willkühr / solche werden mehrstentheils in ihren ersten/ noch nicht recht erwachsenen Jahren/ durch das falsche Pfaffen-Gedicht bethöret: Als seye der ledige Stand an sich vollkommener für GOtt/ als der Ehe-Stand/ und seye das Gelübd gleichfalls die zweyte Tauffe/ alle maculen der Sünden zu vertilgen: Wie dann Thomas von Aquino 2. 2. q. ult. a. 3. schreibt: Das die Geistliche Ordens-Leut/ aus Verdienst und Würdigkeit ihrer Gelübden/ GOtt für alle Sünden völlig gnug thun: Und Leontius Cyp. erzehlet: Als Joannes und Simeon die Ordens-Kleider solten anlegen/ seyen die alten Mönche kommen ihnen glückwünschend/ daß sie selbigen Tag solten getaufft werden: Worab als Simeon und Joannes sich verwunderten / kame Nicon der Abbt/ legte ihnen solches aus/ und zeigte/ wie der Ordens-Stand/ wegen der Gelübden/ billig mit der Tauff möge verglichen werden. Mit solchen Mönchen-Tand / Fratzen/ und Träumereyen wird die bethörte Jugend gar früh dem Abgott Moloch zu verbrennen aufgeopffert/ von solchen Elteren und anführeren/ denen man wohl kan zueigenen die Wort Christi Joan 16. v. 2. es kommt die Zeit/ das wer euch tödtet/ und eure Seele umbringet mit falschem Einrahten/ wird meinen/ er thue GOtt einen Dienst daran. Was aber nachmahls bey zeitigen Jahren/ wann der Satan und das Fleisch sich reget / solche unbesonnene Geistlichen für ein belieben und nutzen ihrer Seelen schöpffen an ihrem Gelübd/ weiß ihr Gewissen: Dann sehen sie erst/ das ihnen der Geistliche Stand / durch das Gelübd/ den Knüttel an den Hals gebunden: Dann rufft ihnen zwar GOtt durch den H. Paulum zu/ sie sollen lieber freyen/ als Brunst leyden: Aber der Pabst rufft: Laßt brennen was brennen will dem Satan zu ehren: Ist also kein Zweiffel/ daß zum öfftern an dem Tag/ da ein Pfaff/ Mönnich/ oder Nonne sich mit dem Gelübd der Keuschheit verbindet / an statt/ daß GOtt und die H. Engel sich solten erfreuen/ der höllische Asmodaeus bey dieser geistlichen Hochzeit tantze.

V. Der Pabst verbihtet ja keinem die Ehe: Dann es stehet in eines jeden freyer Willkühr / ob er will den Priesterlichen oder Geistlichen Stand erwehlen/ und sich durch ein Gelübd zur Keuschheit verbinden/ oder nicht: Das soll der lassen/ ders nicht

Erlangen sie das/ so wollen wir auch glauben/ daß sie allemahl durch ihr Gebeht erlangen die Gabe der Keuschheit. Wie sie aber auch kräfftig seyn in ihrem Gebeht die Gabe der Keuschheit zu erhalten/ solches geben die Huren-Kinder gnugsam an den Tag. Im übrigen/ was den Spruch Christi Matt. 21. belanget/ das wir nemlich alles das/ so wir bitten werden/ unfehlbahr werden empfangen/ solches zielet auf diejenige Sachen/ so unsrer Seelen Heyl und Seeligkeit betreffen: Nun aber kan einer eben so wohl im Ehe-Stand / als im ledigen Stand seelig werden/ also/ das es dißfalls unvonnöhten ist/ daß einer GOtt um die Keuschheit im ledigen Stand bitte/ und GOtt ihm etwas besonders schaffe: Dann wann er sich nicht enthalten kan/ oder will/ so laßt ihn freyen.

IV. Steht doch das Gelübd der Keuschheit einem jeden frey: Dann wer zwinget die Geistlichen darzu? Wann sie es dann freywillig gelobt haben/ so sollen sie es auch halten.

Antwort Das Gelübd der Keuschheit oder des ledigen Standes für sich ist kein Gelübd: Weilen der ledige Stand an sich nicht besser ist/ als der Ehe-Stand: Eben so wenig als es ein Gelübd ist/ wann einer gelobte/ er wolte in die Kirche zum Gottes-Dienst treten ehe mit dem rechten Fuß/ als mit dem lincken: Dann ob der rechte Fuß der forderste seye oder der lincke/ ist bey GOtt gleich. Im übrigen/ das viele nicht solten zu den Gelübden gezwungen werden/ solches ist nicht wahr. Denen es aber stehet in ihrer freyen Willkühr / solche werden mehrstentheils in ihren ersten/ noch nicht recht erwachsenen Jahren/ durch das falsche Pfaffen-Gedicht bethöret: Als seye der ledige Stand an sich vollkommener für GOtt/ als der Ehe-Stand/ und seye das Gelübd gleichfalls die zweyte Tauffe/ alle maculen der Sünden zu vertilgen: Wie dann Thomas von Aquino 2. 2. q. ult. a. 3. schreibt: Das die Geistliche Ordens-Leut/ aus Verdienst und Würdigkeit ihrer Gelübden/ GOtt für alle Sünden völlig gnug thun: Und Leontius Cyp. erzehlet: Als Joannes und Simeon die Ordens-Kleider solten anlegen/ seyen die alten Mönche kommen ihnen glückwünschend/ daß sie selbigen Tag solten getaufft werden: Worab als Simeon und Joannes sich verwunderten / kame Nicon der Abbt/ legte ihnen solches aus/ und zeigte/ wie der Ordens-Stand/ wegen der Gelübden/ billig mit der Tauff möge verglichen werden. Mit solchen Mönchen-Tand / Fratzen/ und Träumereyen wird die bethörte Jugend gar früh dem Abgott Moloch zu verbrennen aufgeopffert/ von solchen Elteren und anführeren/ denen man wohl kan zueigenen die Wort Christi Joan 16. v. 2. es kommt die Zeit/ das wer euch tödtet/ und eure Seele umbringet mit falschem Einrahten/ wird meinen/ er thue GOtt einen Dienst daran. Was aber nachmahls bey zeitigen Jahren/ wann der Satan und das Fleisch sich reget / solche unbesonnene Geistlichen für ein belieben und nutzen ihrer Seelen schöpffen an ihrem Gelübd/ weiß ihr Gewissen: Dann sehen sie erst/ das ihnen der Geistliche Stand / durch das Gelübd/ den Knüttel an den Hals gebunden: Dann rufft ihnen zwar GOtt durch den H. Paulum zu/ sie sollen lieber freyen/ als Brunst leyden: Aber der Pabst rufft: Laßt brennen was brennen will dem Satan zu ehren: Ist also kein Zweiffel/ daß zum öfftern an dem Tag/ da ein Pfaff/ Mönnich/ oder Nonne sich mit dem Gelübd der Keuschheit verbindet / an statt/ daß GOtt und die H. Engel sich solten erfreuen/ der höllische Asmodaeus bey dieser geistlichen Hochzeit tantze.

V. Der Pabst verbihtet ja keinem die Ehe: Dann es stehet in eines jeden freyer Willkühr / ob er will den Priesterlichen oder Geistlichen Stand erwehlen/ und sich durch ein Gelübd zur Keuschheit verbinden/ oder nicht: Das soll der lassen/ ders nicht

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        <p>V. Der Pabst verbihtet ja keinem die Ehe: Dann es stehet in eines jeden freyer Willkühr /            ob er will den Priesterlichen oder Geistlichen Stand erwehlen/ und sich durch ein Gelübd            zur Keuschheit verbinden/ oder nicht: Das soll der lassen/ ders nicht
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[254/0274] Erlangen sie das/ so wollen wir auch glauben/ daß sie allemahl durch ihr Gebeht erlangen die Gabe der Keuschheit. Wie sie aber auch kräfftig seyn in ihrem Gebeht die Gabe der Keuschheit zu erhalten/ solches geben die Huren-Kinder gnugsam an den Tag. Im übrigen/ was den Spruch Christi Matt. 21. belanget/ das wir nemlich alles das/ so wir bitten werden/ unfehlbahr werden empfangen/ solches zielet auf diejenige Sachen/ so unsrer Seelen Heyl und Seeligkeit betreffen: Nun aber kan einer eben so wohl im Ehe-Stand / als im ledigen Stand seelig werden/ also/ das es dißfalls unvonnöhten ist/ daß einer GOtt um die Keuschheit im ledigen Stand bitte/ und GOtt ihm etwas besonders schaffe: Dann wann er sich nicht enthalten kan/ oder will/ so laßt ihn freyen. IV. Steht doch das Gelübd der Keuschheit einem jeden frey: Dann wer zwinget die Geistlichen darzu? Wann sie es dann freywillig gelobt haben/ so sollen sie es auch halten. Antwort Das Gelübd der Keuschheit oder des ledigen Standes für sich ist kein Gelübd: Weilen der ledige Stand an sich nicht besser ist/ als der Ehe-Stand: Eben so wenig als es ein Gelübd ist/ wann einer gelobte/ er wolte in die Kirche zum Gottes-Dienst treten ehe mit dem rechten Fuß/ als mit dem lincken: Dann ob der rechte Fuß der forderste seye oder der lincke/ ist bey GOtt gleich. Im übrigen/ das viele nicht solten zu den Gelübden gezwungen werden/ solches ist nicht wahr. Denen es aber stehet in ihrer freyen Willkühr / solche werden mehrstentheils in ihren ersten/ noch nicht recht erwachsenen Jahren/ durch das falsche Pfaffen-Gedicht bethöret: Als seye der ledige Stand an sich vollkommener für GOtt/ als der Ehe-Stand/ und seye das Gelübd gleichfalls die zweyte Tauffe/ alle maculen der Sünden zu vertilgen: Wie dann Thomas von Aquino 2. 2. q. ult. a. 3. schreibt: Das die Geistliche Ordens-Leut/ aus Verdienst und Würdigkeit ihrer Gelübden/ GOtt für alle Sünden völlig gnug thun: Und Leontius Cyp. erzehlet: Als Joannes und Simeon die Ordens-Kleider solten anlegen/ seyen die alten Mönche kommen ihnen glückwünschend/ daß sie selbigen Tag solten getaufft werden: Worab als Simeon und Joannes sich verwunderten / kame Nicon der Abbt/ legte ihnen solches aus/ und zeigte/ wie der Ordens-Stand/ wegen der Gelübden/ billig mit der Tauff möge verglichen werden. Mit solchen Mönchen-Tand / Fratzen/ und Träumereyen wird die bethörte Jugend gar früh dem Abgott Moloch zu verbrennen aufgeopffert/ von solchen Elteren und anführeren/ denen man wohl kan zueigenen die Wort Christi Joan 16. v. 2. es kommt die Zeit/ das wer euch tödtet/ und eure Seele umbringet mit falschem Einrahten/ wird meinen/ er thue GOtt einen Dienst daran. Was aber nachmahls bey zeitigen Jahren/ wann der Satan und das Fleisch sich reget / solche unbesonnene Geistlichen für ein belieben und nutzen ihrer Seelen schöpffen an ihrem Gelübd/ weiß ihr Gewissen: Dann sehen sie erst/ das ihnen der Geistliche Stand / durch das Gelübd/ den Knüttel an den Hals gebunden: Dann rufft ihnen zwar GOtt durch den H. Paulum zu/ sie sollen lieber freyen/ als Brunst leyden: Aber der Pabst rufft: Laßt brennen was brennen will dem Satan zu ehren: Ist also kein Zweiffel/ daß zum öfftern an dem Tag/ da ein Pfaff/ Mönnich/ oder Nonne sich mit dem Gelübd der Keuschheit verbindet / an statt/ daß GOtt und die H. Engel sich solten erfreuen/ der höllische Asmodaeus bey dieser geistlichen Hochzeit tantze. V. Der Pabst verbihtet ja keinem die Ehe: Dann es stehet in eines jeden freyer Willkühr / ob er will den Priesterlichen oder Geistlichen Stand erwehlen/ und sich durch ein Gelübd zur Keuschheit verbinden/ oder nicht: Das soll der lassen/ ders nicht

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/274>, abgerufen am 22.11.2024.