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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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auch nach seiner geistlichen Wiedergebuhrt/ göttlicher Erleuchtung/ und Erneuerung des Geistes oder neuen Gehorsam/ und zur Haltung der göttlichen Geboten durch die Gnade Gottes bereiteten Willen. Hingegen würden auch die Evangelischen in etwa zu nahe treten den Papisten/ wan sie vermeinen würden/ die papistische Lehr ginge und beharrete darauff / daß der unwiedergebohrne Mensch nach dem Fall aus eigenen Kräfften und Vermögen fähig seye sich für Gott zu rechtfertigen: dan das Gegentheil verthätiget die päbstische Theologie gegen die Pelagianer, (welche für gaben/ des Menschen Natürliche und bloß mit der Gnade des geschriebenen und gepredigten göttlichen Worts und Gesetzes versehene Kräfften seyn gnugsam befugt die Rechtfertigung und ewige Seligkeit zu verdienen) und erforderen billig die Papisten zu ihrer Rechtfertigung die innerliche erleuchtende und antreibende durch das Verdienst Christi ihnen zugewendete Gnade Gottes: aber in so weit verstossen sie sich / und weichen von der Warheit ab/ daß sie den Wercken ihres eigenen Willens/ wan er von der Gnade Gottes geholffen wird/ das Verdienst ihrer Bekehrung und Rechtfertigung (welches sie nennen meritum de congruo) zumessen. Bewendet sich also der papistische Irrthum mehrstentheils in dem/ daß die Papisten die Wercke des freyen Willens/ als nemlich die Reu über die begangene Sünde/ Liebe Gottes &c. wan der Wille durch die Gnade Gottes darzu geholffen wird/ durch angemaßten Verdienst gar zu hoch steigeren/ und ihrer eigenen Gnugthuung und Verdiensten wollen einen allzu grossen Vorschub geben: welches dan dem Wort Gottes nicht ähnlich ist.

So ist dan die Evangelische Lehr vom freyen Willen des Menschen diese:

EIn unwiedergebohrner/ und noch nicht durch die Gnade Gottes zu ihm bekehrter Mensch / so viel die äusserliche Mittel/ als die Predigt des göttlichen Worts/ &c. betrifft / da vermag der Mensch auch vor seiner Bekehrung sich etlicher massen regieren: dan er kan in die Kirch gehen/ die Predigt anhören/ Gottes Wort lesen/ und demselbigen etlicher massen nachdencken: so viel aber die Bekehrung/ Buß und Glauben/ die Versöhnung mit Gott / den neuen Gehorsam/ und Willfährigkeit zu den Geboten GOttes/ und was diesem anhängig ist/ betrifft/ kan und vermag der Mensch aus und von ihm selber ohne Verneuerung des H. Geistes das geringste nicht weder anfangen noch vollenden/ welches dienlich seye zu seiner Bekehrung/ Wiedergebuhrt/ Erleuchtung/ und Lebendig-machung des Geistes. Und dis wird also bewiesen:

Dan erstlich: so nennet die Schrifft alle Unwiedergebohrne/ todte und verstorbene Menschen/ so nicht wircken können zu ihrer Erweckung und Lebendig-machung/ dan S. Paulus spricht: Da wir todt waren in den Sünden/ hat er uns sampt Christo lebendig gemacht: dan aus Gnaden seyd ihr selig worden/ Eph. 2. v. 5.

Zum anderen: so vergleicht auch die Schrifft des Menschen freyen Willen einer knechtlichen Dienstbarkeit/ dan S. Paulus spricht: daß die Widerspenstigen in des Teuffels Stricken gehalten werden zu seinem Willen/ 2. Tim. 2. v. 26. Und Christus spricht: So ihr bleiben werdet in meiner Rede/ so werdet ihr die Warheit erkennen/ und die Warheit wird euch frey machen/ Joh. 8. v. 31. Sollen sie nun frey gemacht werden/ so muß ja folgen/ daß sie zuvor gefangen und gleichsam verstrickt gewesen. So sagt er auch ferner daselbst v. 34. Wer Sünde thut/ der ist der Sün-

auch nach seiner geistlichen Wiedergebuhrt/ göttlicher Erleuchtung/ und Erneuerung des Geistes oder neuen Gehorsam/ und zur Haltung der göttlichen Geboten durch die Gnade Gottes bereiteten Willen. Hingegen würden auch die Evangelischen in etwa zu nahe treten den Papisten/ wan sie vermeinen würden/ die papistische Lehr ginge und beharrete darauff / daß der unwiedergebohrne Mensch nach dem Fall aus eigenen Kräfften und Vermögen fähig seye sich für Gott zu rechtfertigen: dan das Gegentheil verthätiget die päbstische Theologie gegen die Pelagianer, (welche für gaben/ des Menschen Natürliche und bloß mit der Gnade des geschriebenen und gepredigten göttlichen Worts und Gesetzes versehene Kräfften seyn gnugsam befugt die Rechtfertigung und ewige Seligkeit zu verdienen) und erforderen billig die Papisten zu ihrer Rechtfertigung die innerliche erleuchtende und antreibende durch das Verdienst Christi ihnen zugewendete Gnade Gottes: aber in so weit verstossen sie sich / und weichen von der Warheit ab/ daß sie den Wercken ihres eigenen Willens/ wan er von der Gnade Gottes geholffen wird/ das Verdienst ihrer Bekehrung und Rechtfertigung (welches sie nennen meritum de congruo) zumessen. Bewendet sich also der papistische Irrthum mehrstentheils in dem/ daß die Papisten die Wercke des freyen Willens/ als nemlich die Reu über die begangene Sünde/ Liebe Gottes &c. wan der Wille durch die Gnade Gottes darzu geholffen wird/ durch angemaßten Verdienst gar zu hoch steigeren/ und ihrer eigenen Gnugthuung und Verdiensten wollen einen allzu grossen Vorschub geben: welches dan dem Wort Gottes nicht ähnlich ist.

So ist dan die Evangelische Lehr vom freyen Willen des Menschen diese:

EIn unwiedergebohrner/ und noch nicht durch die Gnade Gottes zu ihm bekehrter Mensch / so viel die äusserliche Mittel/ als die Predigt des göttlichen Worts/ &c. betrifft / da vermag der Mensch auch vor seiner Bekehrung sich etlicher massen regieren: dan er kan in die Kirch gehen/ die Predigt anhören/ Gottes Wort lesen/ und demselbigen etlicher massen nachdencken: so viel aber die Bekehrung/ Buß und Glauben/ die Versöhnung mit Gott / den neuen Gehorsam/ und Willfährigkeit zu den Geboten GOttes/ und was diesem anhängig ist/ betrifft/ kan und vermag der Mensch aus und von ihm selber ohne Verneuerung des H. Geistes das geringste nicht weder anfangen noch vollenden/ welches dienlich seye zu seiner Bekehrung/ Wiedergebuhrt/ Erleuchtung/ und Lebendig-machung des Geistes. Und dis wird also bewiesen:

Dan erstlich: so nennet die Schrifft alle Unwiedergebohrne/ todte und verstorbene Menschen/ so nicht wircken können zu ihrer Erweckung und Lebendig-machung/ dan S. Paulus spricht: Da wir todt waren in den Sünden/ hat er uns sampt Christo lebendig gemacht: dan aus Gnaden seyd ihr selig worden/ Eph. 2. v. 5.

Zum anderen: so vergleicht auch die Schrifft des Menschen freyen Willen einer knechtlichen Dienstbarkeit/ dan S. Paulus spricht: daß die Widerspenstigen in des Teuffels Stricken gehalten werden zu seinem Willen/ 2. Tim. 2. v. 26. Und Christus spricht: So ihr bleiben werdet in meiner Rede/ so werdet ihr die Warheit erkennen/ und die Warheit wird euch frey machen/ Joh. 8. v. 31. Sollen sie nun frey gemacht werden/ so muß ja folgen/ daß sie zuvor gefangen und gleichsam verstrickt gewesen. So sagt er auch ferner daselbst v. 34. Wer Sünde thut/ der ist der Sün-

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[137/0157] auch nach seiner geistlichen Wiedergebuhrt/ göttlicher Erleuchtung/ und Erneuerung des Geistes oder neuen Gehorsam/ und zur Haltung der göttlichen Geboten durch die Gnade Gottes bereiteten Willen. Hingegen würden auch die Evangelischen in etwa zu nahe treten den Papisten/ wan sie vermeinen würden/ die papistische Lehr ginge und beharrete darauff / daß der unwiedergebohrne Mensch nach dem Fall aus eigenen Kräfften und Vermögen fähig seye sich für Gott zu rechtfertigen: dan das Gegentheil verthätiget die päbstische Theologie gegen die Pelagianer, (welche für gaben/ des Menschen Natürliche und bloß mit der Gnade des geschriebenen und gepredigten göttlichen Worts und Gesetzes versehene Kräfften seyn gnugsam befugt die Rechtfertigung und ewige Seligkeit zu verdienen) und erforderen billig die Papisten zu ihrer Rechtfertigung die innerliche erleuchtende und antreibende durch das Verdienst Christi ihnen zugewendete Gnade Gottes: aber in so weit verstossen sie sich / und weichen von der Warheit ab/ daß sie den Wercken ihres eigenen Willens/ wan er von der Gnade Gottes geholffen wird/ das Verdienst ihrer Bekehrung und Rechtfertigung (welches sie nennen meritum de congruo) zumessen. Bewendet sich also der papistische Irrthum mehrstentheils in dem/ daß die Papisten die Wercke des freyen Willens/ als nemlich die Reu über die begangene Sünde/ Liebe Gottes &c. wan der Wille durch die Gnade Gottes darzu geholffen wird/ durch angemaßten Verdienst gar zu hoch steigeren/ und ihrer eigenen Gnugthuung und Verdiensten wollen einen allzu grossen Vorschub geben: welches dan dem Wort Gottes nicht ähnlich ist. So ist dan die Evangelische Lehr vom freyen Willen des Menschen diese: EIn unwiedergebohrner/ und noch nicht durch die Gnade Gottes zu ihm bekehrter Mensch / so viel die äusserliche Mittel/ als die Predigt des göttlichen Worts/ &c. betrifft / da vermag der Mensch auch vor seiner Bekehrung sich etlicher massen regieren: dan er kan in die Kirch gehen/ die Predigt anhören/ Gottes Wort lesen/ und demselbigen etlicher massen nachdencken: so viel aber die Bekehrung/ Buß und Glauben/ die Versöhnung mit Gott / den neuen Gehorsam/ und Willfährigkeit zu den Geboten GOttes/ und was diesem anhängig ist/ betrifft/ kan und vermag der Mensch aus und von ihm selber ohne Verneuerung des H. Geistes das geringste nicht weder anfangen noch vollenden/ welches dienlich seye zu seiner Bekehrung/ Wiedergebuhrt/ Erleuchtung/ und Lebendig-machung des Geistes. Und dis wird also bewiesen: Dan erstlich: so nennet die Schrifft alle Unwiedergebohrne/ todte und verstorbene Menschen/ so nicht wircken können zu ihrer Erweckung und Lebendig-machung/ dan S. Paulus spricht: Da wir todt waren in den Sünden/ hat er uns sampt Christo lebendig gemacht: dan aus Gnaden seyd ihr selig worden/ Eph. 2. v. 5. Zum anderen: so vergleicht auch die Schrifft des Menschen freyen Willen einer knechtlichen Dienstbarkeit/ dan S. Paulus spricht: daß die Widerspenstigen in des Teuffels Stricken gehalten werden zu seinem Willen/ 2. Tim. 2. v. 26. Und Christus spricht: So ihr bleiben werdet in meiner Rede/ so werdet ihr die Warheit erkennen/ und die Warheit wird euch frey machen/ Joh. 8. v. 31. Sollen sie nun frey gemacht werden/ so muß ja folgen/ daß sie zuvor gefangen und gleichsam verstrickt gewesen. So sagt er auch ferner daselbst v. 34. Wer Sünde thut/ der ist der Sün-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/157>, abgerufen am 03.12.2024.