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Reinkingk, Dietrich: Biblische Policey. Frankfurt (Main), 1653.

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Von dem weltlichen Stande.
welche Trewe der König so hoch aestimirte, daß er jhme hinwider alle Kö-
nigliche Gnade dargegen offerirte, vnd begehrte daß er mit nach Jeru-
salem zu Hoff ziehen/ vnd seiner Königl. Taffel geniessen solte/ aber Bar-
sillai ein betagter alter vnd weiser Mann/ entschuldigte sich vffs beste/ bey
dem Könige/ bedanckte sich der grossen Hoffgnade/ wolte lieber in seinem
Hause mit einem geringen verlieb nehmen/ als mit seinen Vnstatten
vnd der Hoffgefahr bey der Königlichen Taffel essen vnd der Hoff-Mu-
sic geniessen. 2. Samuel. Cap. 19. v. 32. Dieser Barsillai hat ohne Zweif-
fel vorhin wol erfahren/ daß es bey Hoff wunderlich daher gehe/ vnd die
Hoffgnade gleich dem Aprillenwetter sehr mißlich vnd wanckelbahr/ vnd
dahero nicht ohne Gefahr vnd Beschwerung täglich mit bey der Herrn
Taffel zu essen/ gestalt Salomon darvon schreibet vnd warnet: Wann
du sitzest vnd issest mit einem grossem Herrn/ so merck darauff wen du für
dir hast/ vnd setze ein Messer an deine Kehle/ wiltu das Leben behalten.
Proverb Cap. 23. v. 1. Diese ist wol eine nachdenckliche ernste Warnung
die einem billig den appetit bey grosser Herren Taffel zu essen benehmen
solte. Dann es ist bey Hoff falsch Brod/ in den Sprichw. Salomon. Cap.
23. v. 3. da einer den andern nachstellet vnd herunder zu bringen suchet.
Redet man zu viel so verdirbet mans leichtlich vnd kan man sich bald mit
einem Wort verlauffen/ vnd wer ist/ spricht Moses vnd David/ deme
nicht zu weilen ein Wort solte entfahren. Psalm. 106. v. 33. saget man
aber wenig oder nichts/ so ist auch nicht allzeit wol gethan. Es heist offt
bey Hoff/ Falsa referre pudet, vera referre nocet. Grosse Herrn haben
nicht alle einerley humor vnd Sinne. Etliche habens gern daß man etwz
freyer mit jhnen redet vnd vmbgehet/ wie Suetonius von Keyser Augusto
schreibet/ daß er zu weilen die Freyheit zu schertzen erfordert vnd befoh-
len. Andere aber wollen darfür halten/ es gehe etwas an jhren Respect
vnd Hoheit ab daß die Diener sich frey bezeigen wie Agesilaus gethan/
vnd Plutarchus in dessen Leben schreibet. Ja es erzeigen sich offters auch
bey einem Herrn verschiedene affectus, daß er zu weilen loquendi & jo-
candi libertatem
wol leyden kan/ zu weilen gar nicht/ derowegen ein Hoff-
man allezeit auff deß Herrn humor vnd wie er jedesmahls im Cerevell
stehet oder constituiret ist/ genawe acht zugeben hat/ danners sonst leicht
verderden kan/ vnd ins gemein den Mittelweg/ daß er nicht zu frey/ auch
nicht zu furchtsamb/ sonderlich in ernsthafften/ sein Ampt betreffenden
Sachen/ seye. Confer Adam. Contzen de Stat. Magnat. sive aulic. cap.
10. §.
2.

Obgemeldter guter alter Barsillai/ hat auch gedacht daß die Köni-
gliche Residentz vnd Burg Zion etwas hoch vnd über das die hohe

Schnecken

Von dem weltlichen Stande.
welche Trewe der Koͤnig ſo hoch æſtimirte, daß er jhme hinwider alle Koͤ-
nigliche Gnade dargegen offerirte, vnd begehrte daß er mit nach Jeru-
ſalem zu Hoff ziehen/ vnd ſeiner Koͤnigl. Taffel genieſſen ſolte/ aber Bar-
ſillai ein betagter alter vnd weiſer Mann/ entſchuldigte ſich vffs beſte/ bey
dem Koͤnige/ bedanckte ſich der groſſen Hoffgnade/ wolte lieber in ſeinem
Hauſe mit einem geringen verlieb nehmen/ als mit ſeinen Vnſtatten
vnd der Hoffgefahr bey der Koͤniglichen Taffel eſſen vnd der Hoff-Mu-
ſic genieſſen. 2. Samuel. Cap. 19. v. 32. Dieſer Barſillai hat ohne Zweif-
fel vorhin wol erfahren/ daß es bey Hoff wunderlich daher gehe/ vnd die
Hoffgnade gleich dem Aprillenwetter ſehr mißlich vnd wanckelbahr/ vnd
dahero nicht ohne Gefahr vnd Beſchwerung taͤglich mit bey der Herꝛn
Taffel zu eſſen/ geſtalt Salomon darvon ſchreibet vnd warnet: Wann
du ſitzeſt vnd iſſeſt mit einem groſſem Herꝛn/ ſo merck darauff wen du fuͤr
dir haſt/ vnd ſetze ein Meſſer an deine Kehle/ wiltu das Leben behalten.
Proverb Cap. 23. v. 1. Dieſe iſt wol eine nachdenckliche ernſte Warnung
die einem billig den appetit bey groſſer Herren Taffel zu eſſen benehmen
ſolte. Dann es iſt bey Hoff falſch Brod/ in den Sprichw. Salomon. Cap.
23. v. 3. da einer den andern nachſtellet vnd herunder zu bringen ſuchet.
Redet man zu viel ſo verdirbet mans leichtlich vnd kan man ſich bald mit
einem Wort verlauffen/ vnd wer iſt/ ſpricht Moſes vnd David/ deme
nicht zu weilen ein Wort ſolte entfahren. Pſalm. 106. v. 33. ſaget man
aber wenig oder nichts/ ſo iſt auch nicht allzeit wol gethan. Es heiſt offt
bey Hoff/ Falſa referre pudet, vera referre nocet. Groſſe Herꝛn haben
nicht alle einerley humor vnd Sinne. Etliche habens gern daß man etwz
freyer mit jhnen redet vnd vmbgehet/ wie Suetonius von Keyſer Auguſto
ſchreibet/ daß er zu weilen die Freyheit zu ſchertzen erfordert vnd befoh-
len. Andere aber wollen darfuͤr halten/ es gehe etwas an jhren Reſpect
vnd Hoheit ab daß die Diener ſich frey bezeigen wie Ageſilaus gethan/
vnd Plutarchus in deſſen Leben ſchreibet. Ja es erzeigen ſich offters auch
bey einem Herꝛn verſchiedene affectus, daß er zu weilen loquendi & jo-
candi libertatem
wol leyden kan/ zu weilen gar nicht/ derowegen ein Hoff-
man allezeit auff deß Herꝛn humor vnd wie er jedesmahls im Cerevell
ſtehet oder conſtituiret iſt/ genawe acht zugeben hat/ danners ſonſt leicht
verderden kan/ vnd ins gemein den Mittelweg/ daß er nicht zu frey/ auch
nicht zu furchtſamb/ ſonderlich in ernſthafften/ ſein Ampt betreffenden
Sachen/ ſeye. Confer Adam. Contzen de Stat. Magnat. ſive aulic. cap.
10. §.
2.

Obgemeldter guter alter Barſillai/ hat auch gedacht daß die Koͤni-
gliche Reſidentz vnd Burg Zion etwas hoch vnd uͤber das die hohe

Schnecken
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[215/0401] Von dem weltlichen Stande. welche Trewe der Koͤnig ſo hoch æſtimirte, daß er jhme hinwider alle Koͤ- nigliche Gnade dargegen offerirte, vnd begehrte daß er mit nach Jeru- ſalem zu Hoff ziehen/ vnd ſeiner Koͤnigl. Taffel genieſſen ſolte/ aber Bar- ſillai ein betagter alter vnd weiſer Mann/ entſchuldigte ſich vffs beſte/ bey dem Koͤnige/ bedanckte ſich der groſſen Hoffgnade/ wolte lieber in ſeinem Hauſe mit einem geringen verlieb nehmen/ als mit ſeinen Vnſtatten vnd der Hoffgefahr bey der Koͤniglichen Taffel eſſen vnd der Hoff-Mu- ſic genieſſen. 2. Samuel. Cap. 19. v. 32. Dieſer Barſillai hat ohne Zweif- fel vorhin wol erfahren/ daß es bey Hoff wunderlich daher gehe/ vnd die Hoffgnade gleich dem Aprillenwetter ſehr mißlich vnd wanckelbahr/ vnd dahero nicht ohne Gefahr vnd Beſchwerung taͤglich mit bey der Herꝛn Taffel zu eſſen/ geſtalt Salomon darvon ſchreibet vnd warnet: Wann du ſitzeſt vnd iſſeſt mit einem groſſem Herꝛn/ ſo merck darauff wen du fuͤr dir haſt/ vnd ſetze ein Meſſer an deine Kehle/ wiltu das Leben behalten. Proverb Cap. 23. v. 1. Dieſe iſt wol eine nachdenckliche ernſte Warnung die einem billig den appetit bey groſſer Herren Taffel zu eſſen benehmen ſolte. Dann es iſt bey Hoff falſch Brod/ in den Sprichw. Salomon. Cap. 23. v. 3. da einer den andern nachſtellet vnd herunder zu bringen ſuchet. Redet man zu viel ſo verdirbet mans leichtlich vnd kan man ſich bald mit einem Wort verlauffen/ vnd wer iſt/ ſpricht Moſes vnd David/ deme nicht zu weilen ein Wort ſolte entfahren. Pſalm. 106. v. 33. ſaget man aber wenig oder nichts/ ſo iſt auch nicht allzeit wol gethan. Es heiſt offt bey Hoff/ Falſa referre pudet, vera referre nocet. Groſſe Herꝛn haben nicht alle einerley humor vnd Sinne. Etliche habens gern daß man etwz freyer mit jhnen redet vnd vmbgehet/ wie Suetonius von Keyſer Auguſto ſchreibet/ daß er zu weilen die Freyheit zu ſchertzen erfordert vnd befoh- len. Andere aber wollen darfuͤr halten/ es gehe etwas an jhren Reſpect vnd Hoheit ab daß die Diener ſich frey bezeigen wie Ageſilaus gethan/ vnd Plutarchus in deſſen Leben ſchreibet. Ja es erzeigen ſich offters auch bey einem Herꝛn verſchiedene affectus, daß er zu weilen loquendi & jo- candi libertatem wol leyden kan/ zu weilen gar nicht/ derowegen ein Hoff- man allezeit auff deß Herꝛn humor vnd wie er jedesmahls im Cerevell ſtehet oder conſtituiret iſt/ genawe acht zugeben hat/ danners ſonſt leicht verderden kan/ vnd ins gemein den Mittelweg/ daß er nicht zu frey/ auch nicht zu furchtſamb/ ſonderlich in ernſthafften/ ſein Ampt betreffenden Sachen/ ſeye. Confer Adam. Contzen de Stat. Magnat. ſive aulic. cap. 10. §. 2. Obgemeldter guter alter Barſillai/ hat auch gedacht daß die Koͤni- gliche Reſidentz vnd Burg Zion etwas hoch vnd uͤber das die hohe Schnecken

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Zitationshilfe: Reinkingk, Dietrich: Biblische Policey. Frankfurt (Main), 1653, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reinkingk_policey_1653/401>, abgerufen am 25.11.2024.