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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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2. Nährpflanzen.
Jahr zu ihrer Entwickelung. Eine fast gleich lange Vegetationsdauer
hat Reis in den Battaländern Sumatras und verschiedenen andern
tropischen Monsungebieten. Vergleicht man die Vegetationszeit des Reis
in der Poebene z. B. um Vercelli mit der von Japan, so ergibt sich,
dass erstere einen Monat früher anfängt und ebenso viel früher endet.
Ostiglia und jap. Spätreis werden hier gegen Ende März gesäet und
Ende September geerntet. Nach der ersten Octoberwoche befindet
sich in Norditalien nur noch wenig Reis auf den Feldern.

Dass die Revenüen der Daimio's und Samurai früher nach koku
Reis *) bestimmt und in Natur geliefert wurden, ist bereits oben her-
vorgehoben worden, ebenso, dass der neueren Besteuerung die Erträge
des Reislandes zu Grunde liegen. Selbst die Volkszählungen fanden
früher -- allerdings auf sehr mangelhafte Weise -- nach Production
und Consum des Landes an Reis statt. Nichts desto weniger gibt es
Hunderttausende armer Gebirgsbewohner, die sich freuen, wenn ihre be-
schränkten Felder Gerste- und Hirsearten producieren, bei welchen
Reis ein Luxusartikel ist, der höchstens Kranken und schwächlichen
Kindern, selten aber den gesunden Erwachsenen zu Theil wurde.

Man unterscheidet in Japan drei Hauptreisdistrikte, von denen
der nördliche seinen Ueberschuss vorwiegend nach Tokio liefert; aus
dem mittleren und südlichen Reisdistrikte gelangt er noch immer zum
grössten Theil nach Ozaka, welches im Reis- und Seidenhandel, so
lange das Land abgeschlossen war, stets den Hauptmarkt abgab. In
Honshiu oder Hondo sind als wichtigste Reisgegenden zu nennen: die
grösseren Ebenen im Unterlauf der drei bedeutendsten Flüsse (San-dai-
ka): des Tone-, Kiso- und Shinano-gawa, also die Ebene des Ku-
wanto, die Ebene der Provinzen Mino, Owari und Ise, sowie die von
Echigo. Sodann sind noch zu bemerken: die Ebene von Ozaka am
unteren Yodo-gawa, die Sendai-Ebene, die Ebene von Akita am jap.
Meer und von Mongami im Innern, die Aidzu-taira und Iwaki-taira, so-
wie verschiedene andere. Auf Shikoku zeichnen sich durch ausgedehn-
teren Reisbau aus: Awa, Theile von Sanuki und die Gegend von Kochi,
auf Kiushiu: Higo, besonders in der Nähe der Hauptstadt Kumamoto,
sodann Bungo, Chikugo und das östliche Hiuga am Stillen Ocean.

Japanischen Reis hält man für den besten in ganz Ostasien und
schätzt ihn höher, wie den von Java oder aus Indien. Geschält hat
er ein mittelgrosses schönes Korn, matten Seidenglanz und glasigen
Bruch. Er ist sehr schmackhaft. Dies gilt insbesondere von den ge-
schätzten Sorten aus den Provinzen Higo und Mino. Aus letzterer

*) Ein koku (oder 182,5 Liter) Reis wiegt durchschnittlich 145 kg und kostet
in Japan 3--41/2 Dollar (12--18 Mk.)

2. Nährpflanzen.
Jahr zu ihrer Entwickelung. Eine fast gleich lange Vegetationsdauer
hat Reis in den Battaländern Sumatras und verschiedenen andern
tropischen Monsungebieten. Vergleicht man die Vegetationszeit des Reis
in der Poebene z. B. um Vercelli mit der von Japan, so ergibt sich,
dass erstere einen Monat früher anfängt und ebenso viel früher endet.
Ostiglia und jap. Spätreis werden hier gegen Ende März gesäet und
Ende September geerntet. Nach der ersten Octoberwoche befindet
sich in Norditalien nur noch wenig Reis auf den Feldern.

Dass die Revenüen der Daimio’s und Samurai früher nach koku
Reis *) bestimmt und in Natur geliefert wurden, ist bereits oben her-
vorgehoben worden, ebenso, dass der neueren Besteuerung die Erträge
des Reislandes zu Grunde liegen. Selbst die Volkszählungen fanden
früher — allerdings auf sehr mangelhafte Weise — nach Production
und Consum des Landes an Reis statt. Nichts desto weniger gibt es
Hunderttausende armer Gebirgsbewohner, die sich freuen, wenn ihre be-
schränkten Felder Gerste- und Hirsearten producieren, bei welchen
Reis ein Luxusartikel ist, der höchstens Kranken und schwächlichen
Kindern, selten aber den gesunden Erwachsenen zu Theil wurde.

Man unterscheidet in Japan drei Hauptreisdistrikte, von denen
der nördliche seinen Ueberschuss vorwiegend nach Tôkio liefert; aus
dem mittleren und südlichen Reisdistrikte gelangt er noch immer zum
grössten Theil nach Ôzaka, welches im Reis- und Seidenhandel, so
lange das Land abgeschlossen war, stets den Hauptmarkt abgab. In
Honshiu oder Hondo sind als wichtigste Reisgegenden zu nennen: die
grösseren Ebenen im Unterlauf der drei bedeutendsten Flüsse (San-dai-
ka): des Toné-, Kisó- und Shinanó-gawa, also die Ebene des Ku-
wantô, die Ebene der Provinzen Mino, Owári und Ise, sowie die von
Echigo. Sodann sind noch zu bemerken: die Ebene von Ôzaka am
unteren Yodó-gawa, die Sendai-Ebene, die Ebene von Akita am jap.
Meer und von Mongami im Innern, die Aidzu-taira und Iwáki-taira, so-
wie verschiedene andere. Auf Shikóku zeichnen sich durch ausgedehn-
teren Reisbau aus: Awa, Theile von Sanúki und die Gegend von Kôchi,
auf Kiushiu: Higo, besonders in der Nähe der Hauptstadt Kumamóto,
sodann Bungo, Chikúgo und das östliche Hiúga am Stillen Ocean.

Japanischen Reis hält man für den besten in ganz Ostasien und
schätzt ihn höher, wie den von Java oder aus Indien. Geschält hat
er ein mittelgrosses schönes Korn, matten Seidenglanz und glasigen
Bruch. Er ist sehr schmackhaft. Dies gilt insbesondere von den ge-
schätzten Sorten aus den Provinzen Higo und Mino. Aus letzterer

*) Ein koku (oder 182,5 Liter) Reis wiegt durchschnittlich 145 kg und kostet
in Japan 3—4½ Dollar (12—18 Mk.)
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[55/0075] 2. Nährpflanzen. Jahr zu ihrer Entwickelung. Eine fast gleich lange Vegetationsdauer hat Reis in den Battaländern Sumatras und verschiedenen andern tropischen Monsungebieten. Vergleicht man die Vegetationszeit des Reis in der Poebene z. B. um Vercelli mit der von Japan, so ergibt sich, dass erstere einen Monat früher anfängt und ebenso viel früher endet. Ostiglia und jap. Spätreis werden hier gegen Ende März gesäet und Ende September geerntet. Nach der ersten Octoberwoche befindet sich in Norditalien nur noch wenig Reis auf den Feldern. Dass die Revenüen der Daimio’s und Samurai früher nach koku Reis *) bestimmt und in Natur geliefert wurden, ist bereits oben her- vorgehoben worden, ebenso, dass der neueren Besteuerung die Erträge des Reislandes zu Grunde liegen. Selbst die Volkszählungen fanden früher — allerdings auf sehr mangelhafte Weise — nach Production und Consum des Landes an Reis statt. Nichts desto weniger gibt es Hunderttausende armer Gebirgsbewohner, die sich freuen, wenn ihre be- schränkten Felder Gerste- und Hirsearten producieren, bei welchen Reis ein Luxusartikel ist, der höchstens Kranken und schwächlichen Kindern, selten aber den gesunden Erwachsenen zu Theil wurde. Man unterscheidet in Japan drei Hauptreisdistrikte, von denen der nördliche seinen Ueberschuss vorwiegend nach Tôkio liefert; aus dem mittleren und südlichen Reisdistrikte gelangt er noch immer zum grössten Theil nach Ôzaka, welches im Reis- und Seidenhandel, so lange das Land abgeschlossen war, stets den Hauptmarkt abgab. In Honshiu oder Hondo sind als wichtigste Reisgegenden zu nennen: die grösseren Ebenen im Unterlauf der drei bedeutendsten Flüsse (San-dai- ka): des Toné-, Kisó- und Shinanó-gawa, also die Ebene des Ku- wantô, die Ebene der Provinzen Mino, Owári und Ise, sowie die von Echigo. Sodann sind noch zu bemerken: die Ebene von Ôzaka am unteren Yodó-gawa, die Sendai-Ebene, die Ebene von Akita am jap. Meer und von Mongami im Innern, die Aidzu-taira und Iwáki-taira, so- wie verschiedene andere. Auf Shikóku zeichnen sich durch ausgedehn- teren Reisbau aus: Awa, Theile von Sanúki und die Gegend von Kôchi, auf Kiushiu: Higo, besonders in der Nähe der Hauptstadt Kumamóto, sodann Bungo, Chikúgo und das östliche Hiúga am Stillen Ocean. Japanischen Reis hält man für den besten in ganz Ostasien und schätzt ihn höher, wie den von Java oder aus Indien. Geschält hat er ein mittelgrosses schönes Korn, matten Seidenglanz und glasigen Bruch. Er ist sehr schmackhaft. Dies gilt insbesondere von den ge- schätzten Sorten aus den Provinzen Higo und Mino. Aus letzterer *) Ein koku (oder 182,5 Liter) Reis wiegt durchschnittlich 145 kg und kostet in Japan 3—4½ Dollar (12—18 Mk.)

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/75>, abgerufen am 25.04.2024.