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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
geebnet, mit Dämmen und Gräben umgürtet und in einen Sumpf ver-
wandelt, dessen schlammigen Boden überall lieblich grüne Reispflanzen
bedecken, aus dem nur hier und da einzelne trockne Parcellen mit an-
dern Culturen hervorragen. Hin und wieder nur sieht man gemessenen
Schrittes einen Landmann dieses Reisfeld durchschreiten, um hier mit
seiner Hacke einen Wasserzufluss zu regulieren, dort einige Pflänzchen
mit den Händen fester anzudrücken oder nicht angegangene durch
andere zu ersetzen. Silberreiher fischen in diesem künstlichen Sumpf
zwischen den grünen Reihen der Reisbüsche und Menschen in den sie
trennenden Wassergräben. Noch wenige Wochen und man blickt auf
einen continuirlichen Teppich des schönsten Smaragdgrüns, wie über
einen künstlichen Rasen, in welchem auch die Blumenbeete in Gestalt
kleiner Trockenparcellen mit Baumwolle, Hirse und Gemüsesorten
nicht fehlen.

Ist der Reis verpflanzt und haben auch die Erddämme dadurch
noch eine weitere Verwendung gefunden, dass man in 20--40 cm
Entfernung auf ihnen kleine kreisförmige Vertiefungen macht, dieselben
mit je 3--6 Buschbohnen belegt und mit Erde und Reisschalen zudeckt,
so hat man die Hauptarbeit beendet. Es erübrigt nur noch in etwa
14 Tagen, wenn die Reispflanzen auf dem neuen Boden ihr Wachs-
thum wieder begonnen haben, sie nochmals fester anzudrücken, die
im Wasser und Schlamm noch vergrabenen Erdschollen zu zerdrücken
und zu ebnen, Arbeiten, welche lediglich mit den Armen und Händen
ausgeführt werden.

Von nun ab ist nur noch Aufmerksamkeit auf die Bewässerung
nöthig, eventuell auch Fernhaltung des Unkrauts und eine zweite
Lockerung längs der Reihen.

Andern Beschäftigungen, wie der Seidenzucht, dem Ernten und
Zubereiten des Färberknöterichs (Polygonum tinctorium), der zum
Blaufärben wie Indigo dient, kann ein Theil der Kraft und Zeit ge-
widmet werden, während auch noch Musse bleibt, um an einem Götter-
feste sich einen vergnügten Tag zu machen oder eine Pilgerreise nach
einem berühmten Berg oder Tempel anzutreten, wenn eine gute letzt-
jährige Ernte den dazu nöthigen Sparpfennig lieferte.

Die Blüthezeit des Reis fällt in den Anfang September, die Ernte
von Ende September bis Ende October, ja vielfach noch in den
November. Es ist die Zeit, wenn in den Tempelhainen die gelb
gewordenen Blätter des Icho oder Ginko (Salisburia adianthifolia
Smith), vom Morgenthau geknickt, langsam zu Boden fallen und die
Momiji (Acer polymorphum S. u. Z.) sich prachtvoll roth färben.

"Schauet die vollen Rispen im herbstlichen Reisfelde, jede ein

I. Land- und Forstwirthschaft.
geebnet, mit Dämmen und Gräben umgürtet und in einen Sumpf ver-
wandelt, dessen schlammigen Boden überall lieblich grüne Reispflanzen
bedecken, aus dem nur hier und da einzelne trockne Parcellen mit an-
dern Culturen hervorragen. Hin und wieder nur sieht man gemessenen
Schrittes einen Landmann dieses Reisfeld durchschreiten, um hier mit
seiner Hacke einen Wasserzufluss zu regulieren, dort einige Pflänzchen
mit den Händen fester anzudrücken oder nicht angegangene durch
andere zu ersetzen. Silberreiher fischen in diesem künstlichen Sumpf
zwischen den grünen Reihen der Reisbüsche und Menschen in den sie
trennenden Wassergräben. Noch wenige Wochen und man blickt auf
einen continuirlichen Teppich des schönsten Smaragdgrüns, wie über
einen künstlichen Rasen, in welchem auch die Blumenbeete in Gestalt
kleiner Trockenparcellen mit Baumwolle, Hirse und Gemüsesorten
nicht fehlen.

Ist der Reis verpflanzt und haben auch die Erddämme dadurch
noch eine weitere Verwendung gefunden, dass man in 20—40 cm
Entfernung auf ihnen kleine kreisförmige Vertiefungen macht, dieselben
mit je 3—6 Buschbohnen belegt und mit Erde und Reisschalen zudeckt,
so hat man die Hauptarbeit beendet. Es erübrigt nur noch in etwa
14 Tagen, wenn die Reispflanzen auf dem neuen Boden ihr Wachs-
thum wieder begonnen haben, sie nochmals fester anzudrücken, die
im Wasser und Schlamm noch vergrabenen Erdschollen zu zerdrücken
und zu ebnen, Arbeiten, welche lediglich mit den Armen und Händen
ausgeführt werden.

Von nun ab ist nur noch Aufmerksamkeit auf die Bewässerung
nöthig, eventuell auch Fernhaltung des Unkrauts und eine zweite
Lockerung längs der Reihen.

Andern Beschäftigungen, wie der Seidenzucht, dem Ernten und
Zubereiten des Färberknöterichs (Polygonum tinctorium), der zum
Blaufärben wie Indigo dient, kann ein Theil der Kraft und Zeit ge-
widmet werden, während auch noch Musse bleibt, um an einem Götter-
feste sich einen vergnügten Tag zu machen oder eine Pilgerreise nach
einem berühmten Berg oder Tempel anzutreten, wenn eine gute letzt-
jährige Ernte den dazu nöthigen Sparpfennig lieferte.

Die Blüthezeit des Reis fällt in den Anfang September, die Ernte
von Ende September bis Ende October, ja vielfach noch in den
November. Es ist die Zeit, wenn in den Tempelhainen die gelb
gewordenen Blätter des Icho oder Ginko (Salisburia adianthifolia
Smith), vom Morgenthau geknickt, langsam zu Boden fallen und die
Momiji (Acer polymorphum S. u. Z.) sich prachtvoll roth färben.

»Schauet die vollen Rispen im herbstlichen Reisfelde, jede ein

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[52/0072] I. Land- und Forstwirthschaft. geebnet, mit Dämmen und Gräben umgürtet und in einen Sumpf ver- wandelt, dessen schlammigen Boden überall lieblich grüne Reispflanzen bedecken, aus dem nur hier und da einzelne trockne Parcellen mit an- dern Culturen hervorragen. Hin und wieder nur sieht man gemessenen Schrittes einen Landmann dieses Reisfeld durchschreiten, um hier mit seiner Hacke einen Wasserzufluss zu regulieren, dort einige Pflänzchen mit den Händen fester anzudrücken oder nicht angegangene durch andere zu ersetzen. Silberreiher fischen in diesem künstlichen Sumpf zwischen den grünen Reihen der Reisbüsche und Menschen in den sie trennenden Wassergräben. Noch wenige Wochen und man blickt auf einen continuirlichen Teppich des schönsten Smaragdgrüns, wie über einen künstlichen Rasen, in welchem auch die Blumenbeete in Gestalt kleiner Trockenparcellen mit Baumwolle, Hirse und Gemüsesorten nicht fehlen. Ist der Reis verpflanzt und haben auch die Erddämme dadurch noch eine weitere Verwendung gefunden, dass man in 20—40 cm Entfernung auf ihnen kleine kreisförmige Vertiefungen macht, dieselben mit je 3—6 Buschbohnen belegt und mit Erde und Reisschalen zudeckt, so hat man die Hauptarbeit beendet. Es erübrigt nur noch in etwa 14 Tagen, wenn die Reispflanzen auf dem neuen Boden ihr Wachs- thum wieder begonnen haben, sie nochmals fester anzudrücken, die im Wasser und Schlamm noch vergrabenen Erdschollen zu zerdrücken und zu ebnen, Arbeiten, welche lediglich mit den Armen und Händen ausgeführt werden. Von nun ab ist nur noch Aufmerksamkeit auf die Bewässerung nöthig, eventuell auch Fernhaltung des Unkrauts und eine zweite Lockerung längs der Reihen. Andern Beschäftigungen, wie der Seidenzucht, dem Ernten und Zubereiten des Färberknöterichs (Polygonum tinctorium), der zum Blaufärben wie Indigo dient, kann ein Theil der Kraft und Zeit ge- widmet werden, während auch noch Musse bleibt, um an einem Götter- feste sich einen vergnügten Tag zu machen oder eine Pilgerreise nach einem berühmten Berg oder Tempel anzutreten, wenn eine gute letzt- jährige Ernte den dazu nöthigen Sparpfennig lieferte. Die Blüthezeit des Reis fällt in den Anfang September, die Ernte von Ende September bis Ende October, ja vielfach noch in den November. Es ist die Zeit, wenn in den Tempelhainen die gelb gewordenen Blätter des Icho oder Ginko (Salisburia adianthifolia Smith), vom Morgenthau geknickt, langsam zu Boden fallen und die Momiji (Acer polymorphum S. u. Z.) sich prachtvoll roth färben. »Schauet die vollen Rispen im herbstlichen Reisfelde, jede ein

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/72>, abgerufen am 19.04.2024.