geschildert wurde. *) Dass Nadelhölzer, vornehmlich Kiefern, die be- liebten Schattenspender längs dieser Landstrassen sind, wurde pg. 326 besonders hervorgehoben.
Die Flussschifffahrt begegnet in Japan manchen Hindernissen, wie schon Band I pg. 102 dargethan wurde. Grosse Stromsysteme konnten natürlich nicht zur Entwickelung kommen. Aber auch im starken Gefäll des Oberlaufes der grösseren Flüsse, in den Untiefen des Unter- laufs durch wechselnde Ablagerungen von Sand und anderm Detritus hervorgerufen, stellen sich dem Bootverkehr viele Schwierigkeiten in den Weg, die nur zum Teil überwunden werden können. **) Wenn der- selbe nichts destoweniger auf vielen grösseren Flüssen, zumal der Hauptinsel, ein recht lebhafter war und zum Teil noch ist, so lag dies in den ungenügenden Strassen und Verkehrsmitteln überhaupt. In dieser Beziehung war namentlich Kiushiu schlecht bedacht. Seine industrielle und commerzielle Entwickelung stand derjenigen von Hondo während des Tokugawa-Shogunats (1600--1868 n. Ch.) weit nach. Abgesehen von der Keramik besass es keine bemerkenswerthe Industrie. Die Seidenzucht wurde gar nicht, der Theebau mit wenig Sorgfalt betrieben. In seinem Innern fehlten gute Verkehrswege, bis auf die- jenigen, welche mehrere Flüsse (obenan der Chikugo-gawa) im Unter- lauf boten. Dies ist teilweise den Bodenverhältnissen, mehr jedoch der Abgeschlossenheit und dem Mangel eines Zusammenwirkens zwischen den einzelnen Daimioherrschaften zuzuschreiben. Es fehlte die cen- trale Leitung: denn der Bakufu (die Regierung des Shogun in Yedo) mischte sich entweder gar nicht in diese Verhältnisse oder hatte selbst ein Interesse daran, das Zusammenwirken zweier mächtigen Nachbarn zu verhüten. So kam es, dass nicht blos auf Kiushiu, sondern auch auf den zwei Nachbarinseln gerade die Uebergangsstrecken aus einer Provinz in die andere im schlechtesten Zustande blieben und man lieber weite Umwege und lange Dschunkenfahrten zur See machte, als dass man das gespannte Verhältniss und die Abgeschiedenheit vom nächsten Nachbar aufgegeben und sich die Wohlthat eines leichteren Verkehrs verschafft hätte.
Dem grossen Unternehmungsgeist zur See, welchen die Japaner früher bekundet hatten, wurden durch Iyeyasu zu Anfang des 17. Jahr-
*) Siehe auch Rein: "Der Nakasendo", Ergänzungsheft 59 zu Petermann's Mittheilungen.
**) Die schnell sich ändernde Tiefe der Flüsse ist sogar zu einer sprüchwört- lichen Redensart geworden: "Kino-no-fuchi kio-no-se, Gestern eine tiefe Stelle im Flusse, heute eine seichte."
IV. Handel und Verkehr.
geschildert wurde. *) Dass Nadelhölzer, vornehmlich Kiefern, die be- liebten Schattenspender längs dieser Landstrassen sind, wurde pg. 326 besonders hervorgehoben.
Die Flussschifffahrt begegnet in Japan manchen Hindernissen, wie schon Band I pg. 102 dargethan wurde. Grosse Stromsysteme konnten natürlich nicht zur Entwickelung kommen. Aber auch im starken Gefäll des Oberlaufes der grösseren Flüsse, in den Untiefen des Unter- laufs durch wechselnde Ablagerungen von Sand und anderm Detritus hervorgerufen, stellen sich dem Bootverkehr viele Schwierigkeiten in den Weg, die nur zum Teil überwunden werden können. **) Wenn der- selbe nichts destoweniger auf vielen grösseren Flüssen, zumal der Hauptinsel, ein recht lebhafter war und zum Teil noch ist, so lag dies in den ungenügenden Strassen und Verkehrsmitteln überhaupt. In dieser Beziehung war namentlich Kiushiu schlecht bedacht. Seine industrielle und commerzielle Entwickelung stand derjenigen von Hondô während des Tokugawa-Shôgunats (1600—1868 n. Ch.) weit nach. Abgesehen von der Keramik besass es keine bemerkenswerthe Industrie. Die Seidenzucht wurde gar nicht, der Theebau mit wenig Sorgfalt betrieben. In seinem Innern fehlten gute Verkehrswege, bis auf die- jenigen, welche mehrere Flüsse (obenan der Chikugo-gawa) im Unter- lauf boten. Dies ist teilweise den Bodenverhältnissen, mehr jedoch der Abgeschlossenheit und dem Mangel eines Zusammenwirkens zwischen den einzelnen Daimiôherrschaften zuzuschreiben. Es fehlte die cen- trale Leitung: denn der Bakufu (die Regierung des Shôgun in Yedo) mischte sich entweder gar nicht in diese Verhältnisse oder hatte selbst ein Interesse daran, das Zusammenwirken zweier mächtigen Nachbarn zu verhüten. So kam es, dass nicht blos auf Kiushiu, sondern auch auf den zwei Nachbarinseln gerade die Uebergangsstrecken aus einer Provinz in die andere im schlechtesten Zustande blieben und man lieber weite Umwege und lange Dschunkenfahrten zur See machte, als dass man das gespannte Verhältniss und die Abgeschiedenheit vom nächsten Nachbar aufgegeben und sich die Wohlthat eines leichteren Verkehrs verschafft hätte.
Dem grossen Unternehmungsgeist zur See, welchen die Japaner früher bekundet hatten, wurden durch Iyeyasu zu Anfang des 17. Jahr-
*) Siehe auch Rein: »Der Nakasendô«, Ergänzungsheft 59 zu Petermann’s Mittheilungen.
**) Die schnell sich ändernde Tiefe der Flüsse ist sogar zu einer sprüchwört- lichen Redensart geworden: »Kinô-no-fuchi kiô-no-se, Gestern eine tiefe Stelle im Flusse, heute eine seichte.«
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IV. Handel und Verkehr.
geschildert wurde. *) Dass Nadelhölzer, vornehmlich Kiefern, die be-
liebten Schattenspender längs dieser Landstrassen sind, wurde pg. 326
besonders hervorgehoben.
Die Flussschifffahrt begegnet in Japan manchen Hindernissen,
wie schon Band I pg. 102 dargethan wurde. Grosse Stromsysteme
konnten natürlich nicht zur Entwickelung kommen. Aber auch im starken
Gefäll des Oberlaufes der grösseren Flüsse, in den Untiefen des Unter-
laufs durch wechselnde Ablagerungen von Sand und anderm Detritus
hervorgerufen, stellen sich dem Bootverkehr viele Schwierigkeiten in den
Weg, die nur zum Teil überwunden werden können. **) Wenn der-
selbe nichts destoweniger auf vielen grösseren Flüssen, zumal der
Hauptinsel, ein recht lebhafter war und zum Teil noch ist, so lag dies
in den ungenügenden Strassen und Verkehrsmitteln überhaupt. In
dieser Beziehung war namentlich Kiushiu schlecht bedacht. Seine
industrielle und commerzielle Entwickelung stand derjenigen von Hondô
während des Tokugawa-Shôgunats (1600—1868 n. Ch.) weit nach.
Abgesehen von der Keramik besass es keine bemerkenswerthe Industrie.
Die Seidenzucht wurde gar nicht, der Theebau mit wenig Sorgfalt
betrieben. In seinem Innern fehlten gute Verkehrswege, bis auf die-
jenigen, welche mehrere Flüsse (obenan der Chikugo-gawa) im Unter-
lauf boten. Dies ist teilweise den Bodenverhältnissen, mehr jedoch
der Abgeschlossenheit und dem Mangel eines Zusammenwirkens zwischen
den einzelnen Daimiôherrschaften zuzuschreiben. Es fehlte die cen-
trale Leitung: denn der Bakufu (die Regierung des Shôgun in Yedo)
mischte sich entweder gar nicht in diese Verhältnisse oder hatte selbst
ein Interesse daran, das Zusammenwirken zweier mächtigen Nachbarn
zu verhüten. So kam es, dass nicht blos auf Kiushiu, sondern auch
auf den zwei Nachbarinseln gerade die Uebergangsstrecken aus einer
Provinz in die andere im schlechtesten Zustande blieben und man
lieber weite Umwege und lange Dschunkenfahrten zur See machte,
als dass man das gespannte Verhältniss und die Abgeschiedenheit vom
nächsten Nachbar aufgegeben und sich die Wohlthat eines leichteren
Verkehrs verschafft hätte.
Dem grossen Unternehmungsgeist zur See, welchen die Japaner
früher bekundet hatten, wurden durch Iyeyasu zu Anfang des 17. Jahr-
*) Siehe auch Rein: »Der Nakasendô«, Ergänzungsheft 59 zu Petermann’s
Mittheilungen.
**) Die schnell sich ändernde Tiefe der Flüsse ist sogar zu einer sprüchwört-
lichen Redensart geworden: »Kinô-no-fuchi kiô-no-se, Gestern eine tiefe Stelle
im Flusse, heute eine seichte.«
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/664>, abgerufen am 24.11.2024.
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