arbeiten zur Decoration der freien Felder, welche die polychromen Bilder aus Zellenschmelz auf den Medaillons umgeben, mit Vorliebe Zellen aus geometrischen Figuren, Henkelkreuze, Mäander und andere geradlinige Decorationselemente an, welche mit dünnen Messing- streifchen gebildet und mit einer Schmelzfarbe gefüllt werden. Noch häufiger trifft man jetzt emailierte Bilder von einer gleichförmigen Emaildecke in blauer oder weisser. Farbe ohne alle Zellen umrahmt.
In künstlerischer Beziehung gehen die Urteile über die neueren Leistungen weit auseinander. Wer seinen Geschmack an dem matten, aber harmonischen Colorit des älteren japanischen Zellenschmelzes ge- bildet hat, sieht mit Bedauern das Verlassen der alten Methode und mit Geringschätzung auf die heutigen Leistungen herab. Er betrachtet sie als Entartungen und vermisst die alte Kraft der Composition, die Zartheit der Farben und die Sorgfalt der Ausführung. Anderseits, zu- mal in Deutschland, haben gerade die neueren Emailarbeiten der Ja- paner, wie solche auf der Ausstellung in Nürnberg 1885 vorgeführt wurden, bei nicht minder competenten Beurteilern den grössten Beifall gefunden. Man bewunderte auch hier die Zeichnung, Gruppierung und Färbung, namentlich die vollendete Farbenharmonie bei aller Viel- farbigkeit des Email. *)
Nachtrag: Zusammensetzung und Zubereitung der japanischen Emailfarben.
Die Schmelzfarben, deren sich der Japaner bedient, sind dieselben, welche er in der Thonwaarenmalerei verwendet, Ausser Eisenroth, Bleiweiss, Grünspan und Kupfervitriol, sowie einigen Flussmitteln bezieht er sie jetzt alle aus Europa. Benigara, Eisenoxyd, wird zur Erzielung rother, brauner und dunkler Farbentöne verwendet, Mura- saki, d. h. Violett mit Hülfe von Manganoxyd oder Braunstein erzielt, Kon-jo oder Blau durch To-gosu (Kobaltoxyd), auch durch Gosu (ein manganhaltiges, unreines Kobaltoxyd aus Asbolan), Kuro-gosu oder Ao-gosu (Gemenge aus Kobaltoxyd und Braunstein) oder Hana-kon jiyo (Smalte). Zur Erzeugung der grünen Farbe verwendet man Roku- shiyo (Do-sei) oder Grünspan, auch Kupferoxydchlorit und Malachit, die denselben Namen führen, und Kupferoxyd, während Chromoxyd
*) Siehe L. Gmelin: "Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen in Nürnberg im Jahre 1885." Zeitschrift des Kunst- gewerbevereins zu München. 1885. pg. 91.
Rein, Japan. II. 38
9. Emailindustrie.
arbeiten zur Decoration der freien Felder, welche die polychromen Bilder aus Zellenschmelz auf den Medaillons umgeben, mit Vorliebe Zellen aus geometrischen Figuren, Henkelkreuze, Mäander und andere geradlinige Decorationselemente an, welche mit dünnen Messing- streifchen gebildet und mit einer Schmelzfarbe gefüllt werden. Noch häufiger trifft man jetzt emailierte Bilder von einer gleichförmigen Emaildecke in blauer oder weisser. Farbe ohne alle Zellen umrahmt.
In künstlerischer Beziehung gehen die Urteile über die neueren Leistungen weit auseinander. Wer seinen Geschmack an dem matten, aber harmonischen Colorit des älteren japanischen Zellenschmelzes ge- bildet hat, sieht mit Bedauern das Verlassen der alten Methode und mit Geringschätzung auf die heutigen Leistungen herab. Er betrachtet sie als Entartungen und vermisst die alte Kraft der Composition, die Zartheit der Farben und die Sorgfalt der Ausführung. Anderseits, zu- mal in Deutschland, haben gerade die neueren Emailarbeiten der Ja- paner, wie solche auf der Ausstellung in Nürnberg 1885 vorgeführt wurden, bei nicht minder competenten Beurteilern den grössten Beifall gefunden. Man bewunderte auch hier die Zeichnung, Gruppierung und Färbung, namentlich die vollendete Farbenharmonie bei aller Viel- farbigkeit des Email. *)
Nachtrag: Zusammensetzung und Zubereitung der japanischen Emailfarben.
Die Schmelzfarben, deren sich der Japaner bedient, sind dieselben, welche er in der Thonwaarenmalerei verwendet, Ausser Eisenroth, Bleiweiss, Grünspan und Kupfervitriol, sowie einigen Flussmitteln bezieht er sie jetzt alle aus Europa. Benigara, Eisenoxyd, wird zur Erzielung rother, brauner und dunkler Farbentöne verwendet, Mura- saki, d. h. Violett mit Hülfe von Manganoxyd oder Braunstein erzielt, Kon-jô oder Blau durch Tô-gosu (Kobaltoxyd), auch durch Gosu (ein manganhaltiges, unreines Kobaltoxyd aus Asbolan), Kuro-gosu oder Ao-gosu (Gemenge aus Kobaltoxyd und Braunstein) oder Hana-kon jiyô (Smalte). Zur Erzeugung der grünen Farbe verwendet man Roku- shiyô (Dô-sei) oder Grünspan, auch Kupferoxydchlorit und Malachit, die denselben Namen führen, und Kupferoxyd, während Chromoxyd
*) Siehe L. Gmelin: »Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen in Nürnberg im Jahre 1885.« Zeitschrift des Kunst- gewerbevereins zu München. 1885. pg. 91.
Rein, Japan. II. 38
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9. Emailindustrie.
arbeiten zur Decoration der freien Felder, welche die polychromen
Bilder aus Zellenschmelz auf den Medaillons umgeben, mit Vorliebe
Zellen aus geometrischen Figuren, Henkelkreuze, Mäander und andere
geradlinige Decorationselemente an, welche mit dünnen Messing-
streifchen gebildet und mit einer Schmelzfarbe gefüllt werden. Noch
häufiger trifft man jetzt emailierte Bilder von einer gleichförmigen
Emaildecke in blauer oder weisser. Farbe ohne alle Zellen umrahmt.
In künstlerischer Beziehung gehen die Urteile über die neueren
Leistungen weit auseinander. Wer seinen Geschmack an dem matten,
aber harmonischen Colorit des älteren japanischen Zellenschmelzes ge-
bildet hat, sieht mit Bedauern das Verlassen der alten Methode und
mit Geringschätzung auf die heutigen Leistungen herab. Er betrachtet
sie als Entartungen und vermisst die alte Kraft der Composition, die
Zartheit der Farben und die Sorgfalt der Ausführung. Anderseits, zu-
mal in Deutschland, haben gerade die neueren Emailarbeiten der Ja-
paner, wie solche auf der Ausstellung in Nürnberg 1885 vorgeführt
wurden, bei nicht minder competenten Beurteilern den grössten Beifall
gefunden. Man bewunderte auch hier die Zeichnung, Gruppierung und
Färbung, namentlich die vollendete Farbenharmonie bei aller Viel-
farbigkeit des Email. *)
Nachtrag: Zusammensetzung und Zubereitung der
japanischen Emailfarben.
Die Schmelzfarben, deren sich der Japaner bedient, sind dieselben,
welche er in der Thonwaarenmalerei verwendet, Ausser Eisenroth,
Bleiweiss, Grünspan und Kupfervitriol, sowie einigen Flussmitteln
bezieht er sie jetzt alle aus Europa. Benigara, Eisenoxyd, wird zur
Erzielung rother, brauner und dunkler Farbentöne verwendet, Mura-
saki, d. h. Violett mit Hülfe von Manganoxyd oder Braunstein erzielt,
Kon-jô oder Blau durch Tô-gosu (Kobaltoxyd), auch durch Gosu (ein
manganhaltiges, unreines Kobaltoxyd aus Asbolan), Kuro-gosu oder
Ao-gosu (Gemenge aus Kobaltoxyd und Braunstein) oder Hana-kon
jiyô (Smalte). Zur Erzeugung der grünen Farbe verwendet man Roku-
shiyô (Dô-sei) oder Grünspan, auch Kupferoxydchlorit und Malachit,
die denselben Namen führen, und Kupferoxyd, während Chromoxyd
*) Siehe L. Gmelin: »Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen
Metallen und Legierungen in Nürnberg im Jahre 1885.« Zeitschrift des Kunst-
gewerbevereins zu München. 1885. pg. 91.
Rein, Japan. II. 38
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/653>, abgerufen am 24.11.2024.
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