Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite

2. Nährpflanzen.
hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin-
gerhirse
(Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (To-
morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser
Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn
dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da
angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf
neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten.
Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito
Keiske
's und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem
Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold's Liste japa-
nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält*). Dagegen muss
der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie
angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen
hierher gerechnet werden.

Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide-
arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata,
Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art
Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie
der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri-
gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung
des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben
und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen
über die übrigen Halmfrüchte an.

1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.).
Auf einem 50--120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme
entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über-
hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30--60, ja zuweilen
100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200
Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen,
gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät
reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana
Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern
Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch-
tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte
begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden
wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5--6)
hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den
gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis

*) Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant.
Oec. Univ. Regni Jap.

2. Nährpflanzen.
hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin-
gerhirse
(Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (Tô-
morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser
Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn
dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da
angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf
neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten.
Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito
Keiske
’s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem
Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold’s Liste japa-
nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält*). Dagegen muss
der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie
angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen
hierher gerechnet werden.

Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide-
arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata,
Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art
Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie
der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri-
gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung
des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben
und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen
über die übrigen Halmfrüchte an.

1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.).
Auf einem 50—120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme
entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über-
hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30—60, ja zuweilen
100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200
Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen,
gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät
reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana
Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern
Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch-
tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte
begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden
wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5—6)
hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den
gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis

*) Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant.
Oec. Univ. Regni Jap.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0063" n="43"/><fw place="top" type="header">2. Nährpflanzen.</fw><lb/><hi rendition="#g">hirse</hi> (Kibi), <hi rendition="#g">Kolbenhirse</hi> (Awa), <hi rendition="#g">Hahnenfusshirse</hi> (Hiye), <hi rendition="#g">Fin-<lb/>
gerhirse</hi> (Kamo-mata-kibi), <hi rendition="#g">Mohrenhirse</hi> (Morokoshi), <hi rendition="#g">Mais</hi> (Tô-<lb/>
morokoshi) und <hi rendition="#g">Hiobsthränen</hi> (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser<lb/>
Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn<lb/>
dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da<lb/>
angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf<lb/>
neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten.<lb/>
Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss <hi rendition="#g">Ito<lb/>
Keiske</hi>&#x2019;s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem<lb/>
Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. <hi rendition="#g">Siebold</hi>&#x2019;s Liste japa-<lb/>
nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält<note place="foot" n="*)">Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant.<lb/>
Oec. Univ. Regni Jap.</note>. Dagegen muss<lb/>
der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie<lb/>
angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen<lb/>
hierher gerechnet werden.</p><lb/>
            <p>Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide-<lb/>
arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und <hi rendition="#g">hata</hi>,<lb/>
Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art<lb/>
Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie<lb/>
der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri-<lb/>
gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung<lb/>
des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben<lb/>
und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen<lb/>
über die übrigen Halmfrüchte an.</p><lb/>
            <p>1) <hi rendition="#g">Reis</hi>, japanisch <hi rendition="#g">Ine, Urushine</hi> oder <hi rendition="#g">Kome</hi> (Oryza sativa L.).<lb/>
Auf einem 50&#x2014;120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme<lb/>
entwickelt die <hi rendition="#g">Reispflanze</hi> (Ine oder Urushine) eine schmale über-<lb/>
hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30&#x2014;60, ja zuweilen<lb/>
100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200<lb/>
Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen,<lb/>
gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät<lb/>
reifende. Auch kennt man eine Abart, den <hi rendition="#g">Bergreis</hi> (O. montana<lb/>
Lour.), japanisch <hi rendition="#g">Okabo</hi>, welcher die grossen Ansprüche der andern<lb/>
Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch-<lb/>
tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte<lb/>
begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden<lb/>
wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5&#x2014;6)<lb/>
hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den<lb/>
gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0063] 2. Nährpflanzen. hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin- gerhirse (Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (Tô- morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten. Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito Keiske’s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold’s Liste japa- nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält *). Dagegen muss der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen hierher gerechnet werden. Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide- arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata, Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri- gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen über die übrigen Halmfrüchte an. 1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.). Auf einem 50—120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über- hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30—60, ja zuweilen 100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200 Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen, gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch- tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5—6) hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis *) Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant. Oec. Univ. Regni Jap.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/63
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/63>, abgerufen am 23.11.2024.