fahren und das anstehende Material so weit und tief verfolgt, als man es eben ohne grosse Abraumarbeiten vermag.
Desshalb hatte man auch von der Ausdehnung des Vorkommens, namentlich nach der Teufe, vor 11 Jahren noch gar keine Ahnung. Gegen eine kleine Abgabe an die Stadt kann jeder ihrer Bürger hier sich so viel Arita-ishi holen, als er bedarf; dagegen darf nichts davon nach andern Porzellandistrikten oder in's Ausland versendet werden. Zum Stampfen benutzt man die Wasserkraft kleiner Bäche ringsum. Lange bevor man auf den nach Arita führenden Wegen dieses erreicht, kann man allenthalben die dazu dienenden Vorrichtungen wahrnehmen.
Da der Arita-Porzellanstein in seinen verschiedenen Abstufungen der Zersetzung das plastische-, Magerungs- und Flussmittel zugleich bietet, wird die Zubereitung der Masse andern Porzellanfabriken gegen- über sehr vereinfacht. Dass hier die Töpferscheibe nicht wie ander- wärts in ihrer einfachsten Gestalt erscheint und mit Hand und Stab in rotierende Bewegung gesetzt wird, vielmehr aus einem System zweier Scheiben besteht und die untere dicke Fussscheibe mit den Füssen gedreht wird, wurde bereits an einer andern Stelle hervor- gehoben. Die Achse, um welche die Scheibe läuft, besteht auch hier nicht aus Stahl, sondern aus einem am Boden befestigten, zugespitzten Zapfen von festem Holze. Einige der Fabriken sind für japanische Verhältnisse sehr gross. Man verfertigt in ihnen neben den gewöhnlichen Sachen für die Bedürfnisse des Landes besonders viele und zum Theil sehr grosse Vasen. Ich sah ein Paar von 6 Fuss 7 Zoll (1,995 m) Höhe. Es war von untadeligem Brand, mit Kobaltblau unter der Glasur reich verziert und wurde auf 500 yen oder 2000 Mark veran- schlagt. Solche Gegenstände werden aus mehreren Stücken zusammen- gesetzt, die man nach dem Formen 4--5 Tage lang an der Luft trocknet. Hierauf kommen sie wieder auf die Drehscheibe, wo man sie auf einen napfartig vertieften Klumpen weicher Masse setzt und mit einem Stück zugeschärften und zweimal rechtwinklig gebogenen Eisenblech, ähnlich wie Holz, auf der Drehbank an den Rändern so abdreht, dass die einzelnen Stücke genau auf einander passen oder etwas schachtelartig in einander übergreifen. Sie werden dann an diesen Stellen durch längeres Eintauchen in Wasser erweicht, darauf zusammengesetzt und an den Berührungsstellen mittelst sehr plastischer Masse mit einander verbunden. Das Brennen erfolgt auf Chamott- postamenten, ohne Kapseln.
Das Eierschalen-Porzellan, Usu-de-yaki, d. h. "Dünngebranntes", wird jetzt hauptsächlich in dem 3 Ri von Arita entfernten Orte Mika- waji dargestellt; doch zeigte uns ein Arbeiter in Arita das Verfahren.
Rein, Japan. II. 36
8. Keramik.
fahren und das anstehende Material so weit und tief verfolgt, als man es eben ohne grosse Abraumarbeiten vermag.
Desshalb hatte man auch von der Ausdehnung des Vorkommens, namentlich nach der Teufe, vor 11 Jahren noch gar keine Ahnung. Gegen eine kleine Abgabe an die Stadt kann jeder ihrer Bürger hier sich so viel Arita-ishi holen, als er bedarf; dagegen darf nichts davon nach andern Porzellandistrikten oder in’s Ausland versendet werden. Zum Stampfen benutzt man die Wasserkraft kleiner Bäche ringsum. Lange bevor man auf den nach Arita führenden Wegen dieses erreicht, kann man allenthalben die dazu dienenden Vorrichtungen wahrnehmen.
Da der Arita-Porzellanstein in seinen verschiedenen Abstufungen der Zersetzung das plastische-, Magerungs- und Flussmittel zugleich bietet, wird die Zubereitung der Masse andern Porzellanfabriken gegen- über sehr vereinfacht. Dass hier die Töpferscheibe nicht wie ander- wärts in ihrer einfachsten Gestalt erscheint und mit Hand und Stab in rotierende Bewegung gesetzt wird, vielmehr aus einem System zweier Scheiben besteht und die untere dicke Fussscheibe mit den Füssen gedreht wird, wurde bereits an einer andern Stelle hervor- gehoben. Die Achse, um welche die Scheibe läuft, besteht auch hier nicht aus Stahl, sondern aus einem am Boden befestigten, zugespitzten Zapfen von festem Holze. Einige der Fabriken sind für japanische Verhältnisse sehr gross. Man verfertigt in ihnen neben den gewöhnlichen Sachen für die Bedürfnisse des Landes besonders viele und zum Theil sehr grosse Vasen. Ich sah ein Paar von 6 Fuss 7 Zoll (1,995 m) Höhe. Es war von untadeligem Brand, mit Kobaltblau unter der Glasur reich verziert und wurde auf 500 yen oder 2000 Mark veran- schlagt. Solche Gegenstände werden aus mehreren Stücken zusammen- gesetzt, die man nach dem Formen 4—5 Tage lang an der Luft trocknet. Hierauf kommen sie wieder auf die Drehscheibe, wo man sie auf einen napfartig vertieften Klumpen weicher Masse setzt und mit einem Stück zugeschärften und zweimal rechtwinklig gebogenen Eisenblech, ähnlich wie Holz, auf der Drehbank an den Rändern so abdreht, dass die einzelnen Stücke genau auf einander passen oder etwas schachtelartig in einander übergreifen. Sie werden dann an diesen Stellen durch längeres Eintauchen in Wasser erweicht, darauf zusammengesetzt und an den Berührungsstellen mittelst sehr plastischer Masse mit einander verbunden. Das Brennen erfolgt auf Chamott- postamenten, ohne Kapseln.
Das Eierschalen-Porzellan, Usu-de-yaki, d. h. »Dünngebranntes«, wird jetzt hauptsächlich in dem 3 Ri von Arita entfernten Orte Mika- waji dargestellt; doch zeigte uns ein Arbeiter in Arita das Verfahren.
Rein, Japan. II. 36
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fahren und das anstehende Material so weit und tief verfolgt, als man
es eben ohne grosse Abraumarbeiten vermag.
Desshalb hatte man auch von der Ausdehnung des Vorkommens,
namentlich nach der Teufe, vor 11 Jahren noch gar keine Ahnung.
Gegen eine kleine Abgabe an die Stadt kann jeder ihrer Bürger hier
sich so viel Arita-ishi holen, als er bedarf; dagegen darf nichts davon
nach andern Porzellandistrikten oder in’s Ausland versendet werden. Zum
Stampfen benutzt man die Wasserkraft kleiner Bäche ringsum. Lange
bevor man auf den nach Arita führenden Wegen dieses erreicht, kann
man allenthalben die dazu dienenden Vorrichtungen wahrnehmen.
Da der Arita-Porzellanstein in seinen verschiedenen Abstufungen
der Zersetzung das plastische-, Magerungs- und Flussmittel zugleich
bietet, wird die Zubereitung der Masse andern Porzellanfabriken gegen-
über sehr vereinfacht. Dass hier die Töpferscheibe nicht wie ander-
wärts in ihrer einfachsten Gestalt erscheint und mit Hand und Stab
in rotierende Bewegung gesetzt wird, vielmehr aus einem System
zweier Scheiben besteht und die untere dicke Fussscheibe mit den
Füssen gedreht wird, wurde bereits an einer andern Stelle hervor-
gehoben. Die Achse, um welche die Scheibe läuft, besteht auch hier
nicht aus Stahl, sondern aus einem am Boden befestigten, zugespitzten
Zapfen von festem Holze. Einige der Fabriken sind für japanische
Verhältnisse sehr gross. Man verfertigt in ihnen neben den gewöhnlichen
Sachen für die Bedürfnisse des Landes besonders viele und zum Theil
sehr grosse Vasen. Ich sah ein Paar von 6 Fuss 7 Zoll (1,995 m)
Höhe. Es war von untadeligem Brand, mit Kobaltblau unter der
Glasur reich verziert und wurde auf 500 yen oder 2000 Mark veran-
schlagt. Solche Gegenstände werden aus mehreren Stücken zusammen-
gesetzt, die man nach dem Formen 4—5 Tage lang an der Luft
trocknet. Hierauf kommen sie wieder auf die Drehscheibe, wo man
sie auf einen napfartig vertieften Klumpen weicher Masse setzt und
mit einem Stück zugeschärften und zweimal rechtwinklig gebogenen
Eisenblech, ähnlich wie Holz, auf der Drehbank an den Rändern so
abdreht, dass die einzelnen Stücke genau auf einander passen oder
etwas schachtelartig in einander übergreifen. Sie werden dann an
diesen Stellen durch längeres Eintauchen in Wasser erweicht, darauf
zusammengesetzt und an den Berührungsstellen mittelst sehr plastischer
Masse mit einander verbunden. Das Brennen erfolgt auf Chamott-
postamenten, ohne Kapseln.
Das Eierschalen-Porzellan, Usu-de-yaki, d. h. »Dünngebranntes«,
wird jetzt hauptsächlich in dem 3 Ri von Arita entfernten Orte Mika-
waji dargestellt; doch zeigte uns ein Arbeiter in Arita das Verfahren.
Rein, Japan. II. 36
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/613>, abgerufen am 24.11.2024.
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