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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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8. Keramik.

Im Distrikt Jaotscheu der Provinz Kiang-si östlich des Poyang-
Sees befindet sich das berühmte King-te-tschin, welches ganz China
mit Porzellan versorgt. In früherer Zeit soll es über 3000 Brennöfen
und eine Million Arbeiter besessen haben. Die Rebellion der Taiping,
welche vor etwa 30 Jahren dem chinesischen Kunstgewerbe schwere
Wunden schlug, die noch lange nicht alle vernarbt sind, zerstörte auch
die Brennöfen von King-te-tschin nebst der sich daran knüpfenden,
blühenden Industrie seiner Bewohner. Ist auch seitdem zur Neu-
belebung derselben viel geschehen, so hat sie doch ihre frühere Leistungs-
fähigkeit nicht wieder erreicht.

King-te-tschin liegt etwa 54 km nordöstlich von der Hauptstadt
Jaotscheu und wurde um's Jahr 1004 n. Chr. nach einem Kaiser der
Sung-Dynastie benannt, der hier die ersten Porzellanöfen anlegen
liess, während Brennereien für irdenes Geschirr nach Salvetat schon
im Jahre 583 n. Ch. daselbst eingerichtet worden sein sollen, als man
die nöthigen Rohstoffe in Menge in der Nähe fand. Nach St. Julien
wurde bereits viel früher Porzellan dargestellt, dessen Erfindung derselbe
in die Zeit zwischen 185 v. Ch. und 83 n. Ch. verlegt. Man hat aber
hiergegen mit Recht hervorgehoben, dass die chinesischen Angaben,
auf welche er sich stützt. gleich denen des Marco Polo *) sehr oberflächlich
und unbestimmt sind und sich wahrscheinlich auf ganz andere Thon-
waaren beziehen. Ist doch der Begriff Porzellan **) auch in Europa
vielfach falsch aufgefasst worden, selbst noch im 17. Jahrhundert, wo
die Niederländer ihre opake Faience nicht selten Porzellan nannten,
wie später Böttger sein rothes und braunes Steinzeug. Auf den Namen
kommt auch hier wenig, auf den Begriff, den man damit verbindet,
Alles an. Nun gebrauchten aber die Chinesen für die glasierte opake
Irdenwaare nach Sartel ***) den Namen Thao, während die Benennung
Yao für Porzellan erst im 9. Jahrhundert auftauchen soll. Hieraus
schliesst derselbe, dass die harten, muscheligbrüchigen, weissen und
durchscheinenden Waaren, welche wir Porzellan nennen, erst am An-
fang des 9. Jahrhunderts verfertigt wurden. Hiermit stimmt die erste
unzweideutige Erwähnung des Porzellans in dem Berichte des Arabers

*) Histoire et Fabrication de la Porcelaine Chinoise par S. Julien. Preface de
M. Salvetat. Paris 1856.
**) Der Name Porzellan wurde durch die Portugiesen eingeführt, welche zuerst
grössere Mengen des chinesischen Produkts nach Europa brachten. Derselbe be-
zieht sich auf die äussere Aehnlichkeit desselben mit der Kalkmasse, aus welcher
die Cypraea oder Porzellanschnecke (port. Porcellana) ihre Schale bildet.
***) O. du Sartel: "Zur Geschichte der chin. Keramik," im Katalog der
Orientalisch-Keramischen Ausstellung zu Wien. 1884.
8. Keramik.

Im Distrikt Jaotscheu der Provinz Kiang-si östlich des Poyang-
Sees befindet sich das berühmte King-te-tschin, welches ganz China
mit Porzellan versorgt. In früherer Zeit soll es über 3000 Brennöfen
und eine Million Arbeiter besessen haben. Die Rebellion der Taiping,
welche vor etwa 30 Jahren dem chinesischen Kunstgewerbe schwere
Wunden schlug, die noch lange nicht alle vernarbt sind, zerstörte auch
die Brennöfen von King-te-tschin nebst der sich daran knüpfenden,
blühenden Industrie seiner Bewohner. Ist auch seitdem zur Neu-
belebung derselben viel geschehen, so hat sie doch ihre frühere Leistungs-
fähigkeit nicht wieder erreicht.

King-te-tschin liegt etwa 54 km nordöstlich von der Hauptstadt
Jaotscheu und wurde um’s Jahr 1004 n. Chr. nach einem Kaiser der
Sung-Dynastie benannt, der hier die ersten Porzellanöfen anlegen
liess, während Brennereien für irdenes Geschirr nach Salvétat schon
im Jahre 583 n. Ch. daselbst eingerichtet worden sein sollen, als man
die nöthigen Rohstoffe in Menge in der Nähe fand. Nach St. Julien
wurde bereits viel früher Porzellan dargestellt, dessen Erfindung derselbe
in die Zeit zwischen 185 v. Ch. und 83 n. Ch. verlegt. Man hat aber
hiergegen mit Recht hervorgehoben, dass die chinesischen Angaben,
auf welche er sich stützt. gleich denen des Marco Polo *) sehr oberflächlich
und unbestimmt sind und sich wahrscheinlich auf ganz andere Thon-
waaren beziehen. Ist doch der Begriff Porzellan **) auch in Europa
vielfach falsch aufgefasst worden, selbst noch im 17. Jahrhundert, wo
die Niederländer ihre opake Faience nicht selten Porzellan nannten,
wie später Böttger sein rothes und braunes Steinzeug. Auf den Namen
kommt auch hier wenig, auf den Begriff, den man damit verbindet,
Alles an. Nun gebrauchten aber die Chinesen für die glasierte opake
Irdenwaare nach Sartel ***) den Namen Thao, während die Benennung
Yao für Porzellan erst im 9. Jahrhundert auftauchen soll. Hieraus
schliesst derselbe, dass die harten, muscheligbrüchigen, weissen und
durchscheinenden Waaren, welche wir Porzellan nennen, erst am An-
fang des 9. Jahrhunderts verfertigt wurden. Hiermit stimmt die erste
unzweideutige Erwähnung des Porzellans in dem Berichte des Arabers

*) Histoire et Fabrication de la Porcelaine Chinoise par S. Julien. Préface de
M. Salvétat. Paris 1856.
**) Der Name Porzellan wurde durch die Portugiesen eingeführt, welche zuerst
grössere Mengen des chinesischen Produkts nach Europa brachten. Derselbe be-
zieht sich auf die äussere Aehnlichkeit desselben mit der Kalkmasse, aus welcher
die Cypraea oder Porzellanschnecke (port. Porcellana) ihre Schale bildet.
***) O. du Sartel: »Zur Geschichte der chin. Keramik,« im Katalog der
Orientalisch-Keramischen Ausstellung zu Wien. 1884.
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[549/0599] 8. Keramik. Im Distrikt Jaotscheu der Provinz Kiang-si östlich des Poyang- Sees befindet sich das berühmte King-te-tschin, welches ganz China mit Porzellan versorgt. In früherer Zeit soll es über 3000 Brennöfen und eine Million Arbeiter besessen haben. Die Rebellion der Taiping, welche vor etwa 30 Jahren dem chinesischen Kunstgewerbe schwere Wunden schlug, die noch lange nicht alle vernarbt sind, zerstörte auch die Brennöfen von King-te-tschin nebst der sich daran knüpfenden, blühenden Industrie seiner Bewohner. Ist auch seitdem zur Neu- belebung derselben viel geschehen, so hat sie doch ihre frühere Leistungs- fähigkeit nicht wieder erreicht. King-te-tschin liegt etwa 54 km nordöstlich von der Hauptstadt Jaotscheu und wurde um’s Jahr 1004 n. Chr. nach einem Kaiser der Sung-Dynastie benannt, der hier die ersten Porzellanöfen anlegen liess, während Brennereien für irdenes Geschirr nach Salvétat schon im Jahre 583 n. Ch. daselbst eingerichtet worden sein sollen, als man die nöthigen Rohstoffe in Menge in der Nähe fand. Nach St. Julien wurde bereits viel früher Porzellan dargestellt, dessen Erfindung derselbe in die Zeit zwischen 185 v. Ch. und 83 n. Ch. verlegt. Man hat aber hiergegen mit Recht hervorgehoben, dass die chinesischen Angaben, auf welche er sich stützt. gleich denen des Marco Polo *) sehr oberflächlich und unbestimmt sind und sich wahrscheinlich auf ganz andere Thon- waaren beziehen. Ist doch der Begriff Porzellan **) auch in Europa vielfach falsch aufgefasst worden, selbst noch im 17. Jahrhundert, wo die Niederländer ihre opake Faience nicht selten Porzellan nannten, wie später Böttger sein rothes und braunes Steinzeug. Auf den Namen kommt auch hier wenig, auf den Begriff, den man damit verbindet, Alles an. Nun gebrauchten aber die Chinesen für die glasierte opake Irdenwaare nach Sartel ***) den Namen Thao, während die Benennung Yao für Porzellan erst im 9. Jahrhundert auftauchen soll. Hieraus schliesst derselbe, dass die harten, muscheligbrüchigen, weissen und durchscheinenden Waaren, welche wir Porzellan nennen, erst am An- fang des 9. Jahrhunderts verfertigt wurden. Hiermit stimmt die erste unzweideutige Erwähnung des Porzellans in dem Berichte des Arabers *) Histoire et Fabrication de la Porcelaine Chinoise par S. Julien. Préface de M. Salvétat. Paris 1856. **) Der Name Porzellan wurde durch die Portugiesen eingeführt, welche zuerst grössere Mengen des chinesischen Produkts nach Europa brachten. Derselbe be- zieht sich auf die äussere Aehnlichkeit desselben mit der Kalkmasse, aus welcher die Cypraea oder Porzellanschnecke (port. Porcellana) ihre Schale bildet. ***) O. du Sartel: »Zur Geschichte der chin. Keramik,« im Katalog der Orientalisch-Keramischen Ausstellung zu Wien. 1884.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/599>, abgerufen am 23.11.2024.