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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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8. Keramik.
nämlich aus Kaolin *) (Porzellan- oder Pfeifenthon) und einem kiesel-
säurereicheren Körper, dem sogenannten Flussmittel, welches in
der Regel Feldspath ist, aber auch Pegmatit, Porzellanstein **)
oder irgend eine sich weissbrennende Form des Quarzes sein kann.
Kaolin zeichnet sich durch Bildsamkeit und Feuerbeständigkeit, das
Flussmittel dadurch aus, dass es in der Hitze des Porzellanofens zu
einer glasartigen Masse schmilzt. Von dem Verhältniss beiderlei Be-
standteile in der Masse und der Hitze, welcher Gebilde aus dieser
beim Brennen ausgesetzt werden, hängt es ab, ob die gebrannte
Waare erdig oder glasig bricht, opak oder durchscheinend ist, Por-
zellan
oder Steingut genannt wird.

Kaolin ist aus der Zersetzung des Feldspaths, sowie verwandter
Mineralien hervorgegangen und findet sich als Verwitterungsprodukt
feldspathreicher Gesteine, insbesondere des Granits, Porphyrs und
Gneiss, und zwar stets in situ und mit dem unverwitterten Quarz
dieser Gesteine häufig noch so vermischt, dass man alle Stadien der
Verwitterung verfolgen kann. Gewöhnlicher Töpferthon dagegen, z. B.
der fette Braunkohlenthon (und auch der Lehm unserer Felder), ist eine
Sedimentbildung, bei der das Wasser die ursprünglichen Verwitterungs-
produkte thonerdereicher Gesteine oft weit forttransportiert, umgestaltet
und endlich abgelagert hat, so dass der Ursprung nicht mehr zu er-
kennen ist.

Porzellan ist gleich dem Glase im wesentlichen ein Doppelsilicat
der Thonerde mit Alkalien. Aber während beim Glase der Kiesel-
säuregehalt wenigstens 95 % beträgt, bewegt sich derselbe beim Por-
zellan zwischen 58 % und 82 %. Der Anteil der Thonerde variiert
zwischen 9 % und 38 %. Die Menge der Alkalien, wobei Kali in der
Regel weit vorwiegt, steigt nur ausnahmsweise auf 5--6 %. Noch
seltener beträgt der vorhandene Kalk mehr als einen Bruchteil von einem
Procent. Hoher Kieselsäuregehalt der Porzellanmasse verringert ihre
Plasticität (macht sie mager), erleichtert aber das Brennen und liefert
ein feines, mehr dem Glase sich näherndes, aber wenig hartes Porzellan.
Umgekehrt steigt mit der Menge der Thonerde die Bildsamkeit, Härte

*) Der Name stammt von Kao-Ling, d. h. "hoher Rücken". So heisst nämlich
ein Hügelzug im Osten der chinesischen Porzellanstadt King-te-tschin, der
indess nicht das Zersetzungsprodukt liefert, welches wir in Europa Kaolin nennen,
sondern einen Phyllit, dessen chem. Zusammensetzung an Hälleflinta erinnert
und derjenigen des japanischen Porzellansteines und des Pegmatits nahe kommt,
wie eine Zusammenstellung von Analysen am Schlusse dies zeigen wird.
**) Wir werden weiter unten sehen, dass solche Porzellansteine, welche unserer
Thonwaarenindustrie fehlen, in China und Japan dabei eine grosse Rolle spielen.
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8. Keramik.
nämlich aus Kaolin *) (Porzellan- oder Pfeifenthon) und einem kiesel-
säurereicheren Körper, dem sogenannten Flussmittel, welches in
der Regel Feldspath ist, aber auch Pegmatit, Porzellanstein **)
oder irgend eine sich weissbrennende Form des Quarzes sein kann.
Kaolin zeichnet sich durch Bildsamkeit und Feuerbeständigkeit, das
Flussmittel dadurch aus, dass es in der Hitze des Porzellanofens zu
einer glasartigen Masse schmilzt. Von dem Verhältniss beiderlei Be-
standteile in der Masse und der Hitze, welcher Gebilde aus dieser
beim Brennen ausgesetzt werden, hängt es ab, ob die gebrannte
Waare erdig oder glasig bricht, opak oder durchscheinend ist, Por-
zellan
oder Steingut genannt wird.

Kaolin ist aus der Zersetzung des Feldspaths, sowie verwandter
Mineralien hervorgegangen und findet sich als Verwitterungsprodukt
feldspathreicher Gesteine, insbesondere des Granits, Porphyrs und
Gneiss, und zwar stets in situ und mit dem unverwitterten Quarz
dieser Gesteine häufig noch so vermischt, dass man alle Stadien der
Verwitterung verfolgen kann. Gewöhnlicher Töpferthon dagegen, z. B.
der fette Braunkohlenthon (und auch der Lehm unserer Felder), ist eine
Sedimentbildung, bei der das Wasser die ursprünglichen Verwitterungs-
produkte thonerdereicher Gesteine oft weit forttransportiert, umgestaltet
und endlich abgelagert hat, so dass der Ursprung nicht mehr zu er-
kennen ist.

Porzellan ist gleich dem Glase im wesentlichen ein Doppelsilicat
der Thonerde mit Alkalien. Aber während beim Glase der Kiesel-
säuregehalt wenigstens 95 % beträgt, bewegt sich derselbe beim Por-
zellan zwischen 58 % und 82 %. Der Anteil der Thonerde variiert
zwischen 9 % und 38 %. Die Menge der Alkalien, wobei Kali in der
Regel weit vorwiegt, steigt nur ausnahmsweise auf 5—6 %. Noch
seltener beträgt der vorhandene Kalk mehr als einen Bruchteil von einem
Procent. Hoher Kieselsäuregehalt der Porzellanmasse verringert ihre
Plasticität (macht sie mager), erleichtert aber das Brennen und liefert
ein feines, mehr dem Glase sich näherndes, aber wenig hartes Porzellan.
Umgekehrt steigt mit der Menge der Thonerde die Bildsamkeit, Härte

*) Der Name stammt von Kao-Ling, d. h. »hoher Rücken«. So heisst nämlich
ein Hügelzug im Osten der chinesischen Porzellanstadt King-te-tschin, der
indess nicht das Zersetzungsprodukt liefert, welches wir in Europa Kaolin nennen,
sondern einen Phyllit, dessen chem. Zusammensetzung an Hälleflinta erinnert
und derjenigen des japanischen Porzellansteines und des Pegmatits nahe kommt,
wie eine Zusammenstellung von Analysen am Schlusse dies zeigen wird.
**) Wir werden weiter unten sehen, dass solche Porzellansteine, welche unserer
Thonwaarenindustrie fehlen, in China und Japan dabei eine grosse Rolle spielen.
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[547/0597] 8. Keramik. nämlich aus Kaolin *) (Porzellan- oder Pfeifenthon) und einem kiesel- säurereicheren Körper, dem sogenannten Flussmittel, welches in der Regel Feldspath ist, aber auch Pegmatit, Porzellanstein **) oder irgend eine sich weissbrennende Form des Quarzes sein kann. Kaolin zeichnet sich durch Bildsamkeit und Feuerbeständigkeit, das Flussmittel dadurch aus, dass es in der Hitze des Porzellanofens zu einer glasartigen Masse schmilzt. Von dem Verhältniss beiderlei Be- standteile in der Masse und der Hitze, welcher Gebilde aus dieser beim Brennen ausgesetzt werden, hängt es ab, ob die gebrannte Waare erdig oder glasig bricht, opak oder durchscheinend ist, Por- zellan oder Steingut genannt wird. Kaolin ist aus der Zersetzung des Feldspaths, sowie verwandter Mineralien hervorgegangen und findet sich als Verwitterungsprodukt feldspathreicher Gesteine, insbesondere des Granits, Porphyrs und Gneiss, und zwar stets in situ und mit dem unverwitterten Quarz dieser Gesteine häufig noch so vermischt, dass man alle Stadien der Verwitterung verfolgen kann. Gewöhnlicher Töpferthon dagegen, z. B. der fette Braunkohlenthon (und auch der Lehm unserer Felder), ist eine Sedimentbildung, bei der das Wasser die ursprünglichen Verwitterungs- produkte thonerdereicher Gesteine oft weit forttransportiert, umgestaltet und endlich abgelagert hat, so dass der Ursprung nicht mehr zu er- kennen ist. Porzellan ist gleich dem Glase im wesentlichen ein Doppelsilicat der Thonerde mit Alkalien. Aber während beim Glase der Kiesel- säuregehalt wenigstens 95 % beträgt, bewegt sich derselbe beim Por- zellan zwischen 58 % und 82 %. Der Anteil der Thonerde variiert zwischen 9 % und 38 %. Die Menge der Alkalien, wobei Kali in der Regel weit vorwiegt, steigt nur ausnahmsweise auf 5—6 %. Noch seltener beträgt der vorhandene Kalk mehr als einen Bruchteil von einem Procent. Hoher Kieselsäuregehalt der Porzellanmasse verringert ihre Plasticität (macht sie mager), erleichtert aber das Brennen und liefert ein feines, mehr dem Glase sich näherndes, aber wenig hartes Porzellan. Umgekehrt steigt mit der Menge der Thonerde die Bildsamkeit, Härte *) Der Name stammt von Kao-Ling, d. h. »hoher Rücken«. So heisst nämlich ein Hügelzug im Osten der chinesischen Porzellanstadt King-te-tschin, der indess nicht das Zersetzungsprodukt liefert, welches wir in Europa Kaolin nennen, sondern einen Phyllit, dessen chem. Zusammensetzung an Hälleflinta erinnert und derjenigen des japanischen Porzellansteines und des Pegmatits nahe kommt, wie eine Zusammenstellung von Analysen am Schlusse dies zeigen wird. **) Wir werden weiter unten sehen, dass solche Porzellansteine, welche unserer Thonwaarenindustrie fehlen, in China und Japan dabei eine grosse Rolle spielen. 35*

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/597>, abgerufen am 22.11.2024.