sprichwörtlichen Redensarten bezeichnenden Ausdruck, wie in "Kokio ye Nishiki, d. h. "Kleide dich in Brocat, wenn du nach der Heimat kommst", und dem Sinn nach "kehre in die Heimat erst wieder zurück, nachdem du dir in der Fremde etwas erworben hast." Schöner ist die folgende: "Tzuzure wo kite mo kokoro wa Nishiki", d. h. "er trägt zwar Lumpen, aber sein Herz ist von Brocat." --
Man unterscheidet in Kioto Ito-nishike, Goldfaden-Brocat, und Aya- nishiki, d. h. Seidendamast-Brocat oder mit Blumen durchwirkten Brocat. Ein prächtiges Stück von ersterem, 44 cm breit und 5,454 m lang, für den Mikado bestimmt, sollte 30 yen = 120 Mk. kosten, ein anderes von gleicher Breite und 11,5 m lang 45 yen = 180 Mk., ein drittes, 71 cm lang und 8,5 cm breit, wurde zu 50 yen = 200 Mk. angeboten.
Bei den japanischen Brocaten hat namentlich die Verwendung des Gold- und Silberpapiers in hohem Grade das Interesse der europäischen Seidenfabrikanten wachgerufen. Dabei wird dieses Papier in schmale Streifen zerschnitten und dient dann entweder zum Umspinnen von Seidenfäden oder es wird für sich zu Fäden gedreht und eingewoben. Die Gewebe erhalten dadurch ganz das Aussehen, als seien sie mit echten Gold- und Silberfäden durchwirkt, zeichnen sich aber daneben durch grössere Geschmeidigkeit und Billigkeit aus.
Um Kin-gami oder Goldpapier zu machen, wird Usude-Tori- noko-gami, ein Gampi- oder Kodzo-Papier (siehe Papier-Industrie) mit einem Gemisch aus Rohlack (Ki-urushi) und Schwefel (Iwo) auf einer Seite mehrmals überstrichen und mit Papierballen oder -kissen glatt abgerieben, darauf mit echtem Plattgold (Kin-paku) belegt, dann die ganze Golddecke mit lockeren Baumwollbällchen überstrichen. Das so erhaltene Hon-kin-gami oder echte Goldpapier kann nach dem Trocknen sofort verwendet werden. Zur Herstellung von Gin-gami oder Silberpapier muss selbstverständlich der Schwefel wegbleiben. Hier wird das Papier statt mit Lack, mit Shofu oder Weizenstärkekleister vorbereitet, dann mit Gin-paku (Silberfolie) belegt. Seine Nach- ahmung wird mit Stanniol (Shari oder Sudzu-haku) bewirkt, wel- ches man ebenfalls mit Hülfe von Shofu an das Papier befestigt. Silber- und Stanniolpapier dienen auch zur Nachahmung von echtem Goldpapier, zu welchem Zweck sie einen Farbenüberzug erhalten. So wird mit Hülfe einer gelben Farblösung und Leimwasser eine Decke geschaffen, durch welche das weisse Metall darunter in grünlich gelber Farbe und mit hohem Glanz erscheint. Andere, goldgelbe Nüancen erhält man durch Bestreichen der weissen Metallfolie mit einem Ge- misch aus Shofu und Beni (Carthamin) oder Beni-gara (Eisenroth).
Die auf die eine oder die andere Art erhaltenen echten oder un-
III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
sprichwörtlichen Redensarten bezeichnenden Ausdruck, wie in »Kokiô ye Nishiki, d. h. »Kleide dich in Brocat, wenn du nach der Heimat kommst«, und dem Sinn nach »kehre in die Heimat erst wieder zurück, nachdem du dir in der Fremde etwas erworben hast.« Schöner ist die folgende: »Tzuzure wo kite mo kokoro wa Nishiki«, d. h. »er trägt zwar Lumpen, aber sein Herz ist von Brocat.« —
Man unterscheidet in Kiôto Ito-nishike, Goldfaden-Brocat, und Aya- nishiki, d. h. Seidendamast-Brocat oder mit Blumen durchwirkten Brocat. Ein prächtiges Stück von ersterem, 44 cm breit und 5,454 m lang, für den Mikado bestimmt, sollte 30 yen = 120 Mk. kosten, ein anderes von gleicher Breite und 11,5 m lang 45 yen = 180 Mk., ein drittes, 71 cm lang und 8,5 cm breit, wurde zu 50 yen = 200 Mk. angeboten.
Bei den japanischen Brocaten hat namentlich die Verwendung des Gold- und Silberpapiers in hohem Grade das Interesse der europäischen Seidenfabrikanten wachgerufen. Dabei wird dieses Papier in schmale Streifen zerschnitten und dient dann entweder zum Umspinnen von Seidenfäden oder es wird für sich zu Fäden gedreht und eingewoben. Die Gewebe erhalten dadurch ganz das Aussehen, als seien sie mit echten Gold- und Silberfäden durchwirkt, zeichnen sich aber daneben durch grössere Geschmeidigkeit und Billigkeit aus.
Um Kin-gami oder Goldpapier zu machen, wird Usude-Tori- noko-gami, ein Gampi- oder Kôdzo-Papier (siehe Papier-Industrie) mit einem Gemisch aus Rohlack (Ki-urushi) und Schwefel (Iwo) auf einer Seite mehrmals überstrichen und mit Papierballen oder -kissen glatt abgerieben, darauf mit echtem Plattgold (Kin-paku) belegt, dann die ganze Golddecke mit lockeren Baumwollbällchen überstrichen. Das so erhaltene Hon-kin-gami oder echte Goldpapier kann nach dem Trocknen sofort verwendet werden. Zur Herstellung von Gin-gami oder Silberpapier muss selbstverständlich der Schwefel wegbleiben. Hier wird das Papier statt mit Lack, mit Shôfu oder Weizenstärkekleister vorbereitet, dann mit Gin-paku (Silberfolie) belegt. Seine Nach- ahmung wird mit Stanniol (Shari oder Sudzu-haku) bewirkt, wel- ches man ebenfalls mit Hülfe von Shôfu an das Papier befestigt. Silber- und Stanniolpapier dienen auch zur Nachahmung von echtem Goldpapier, zu welchem Zweck sie einen Farbenüberzug erhalten. So wird mit Hülfe einer gelben Farblösung und Leimwasser eine Decke geschaffen, durch welche das weisse Metall darunter in grünlich gelber Farbe und mit hohem Glanz erscheint. Andere, goldgelbe Nüancen erhält man durch Bestreichen der weissen Metallfolie mit einem Ge- misch aus Shôfu und Beni (Carthamin) oder Beni-gara (Eisenroth).
Die auf die eine oder die andere Art erhaltenen echten oder un-
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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
sprichwörtlichen Redensarten bezeichnenden Ausdruck, wie in »Kokiô
ye Nishiki, d. h. »Kleide dich in Brocat, wenn du nach der Heimat
kommst«, und dem Sinn nach »kehre in die Heimat erst wieder zurück,
nachdem du dir in der Fremde etwas erworben hast.« Schöner ist die
folgende: »Tzuzure wo kite mo kokoro wa Nishiki«, d. h. »er trägt
zwar Lumpen, aber sein Herz ist von Brocat.« —
Man unterscheidet in Kiôto Ito-nishike, Goldfaden-Brocat, und Aya-
nishiki, d. h. Seidendamast-Brocat oder mit Blumen durchwirkten
Brocat. Ein prächtiges Stück von ersterem, 44 cm breit und 5,454 m
lang, für den Mikado bestimmt, sollte 30 yen = 120 Mk. kosten, ein
anderes von gleicher Breite und 11,5 m lang 45 yen = 180 Mk., ein drittes,
71 cm lang und 8,5 cm breit, wurde zu 50 yen = 200 Mk. angeboten.
Bei den japanischen Brocaten hat namentlich die Verwendung des
Gold- und Silberpapiers in hohem Grade das Interesse der europäischen
Seidenfabrikanten wachgerufen. Dabei wird dieses Papier in schmale
Streifen zerschnitten und dient dann entweder zum Umspinnen von
Seidenfäden oder es wird für sich zu Fäden gedreht und eingewoben.
Die Gewebe erhalten dadurch ganz das Aussehen, als seien sie mit
echten Gold- und Silberfäden durchwirkt, zeichnen sich aber daneben
durch grössere Geschmeidigkeit und Billigkeit aus.
Um Kin-gami oder Goldpapier zu machen, wird Usude-Tori-
noko-gami, ein Gampi- oder Kôdzo-Papier (siehe Papier-Industrie)
mit einem Gemisch aus Rohlack (Ki-urushi) und Schwefel (Iwo) auf
einer Seite mehrmals überstrichen und mit Papierballen oder -kissen
glatt abgerieben, darauf mit echtem Plattgold (Kin-paku) belegt, dann
die ganze Golddecke mit lockeren Baumwollbällchen überstrichen. Das
so erhaltene Hon-kin-gami oder echte Goldpapier kann nach dem
Trocknen sofort verwendet werden. Zur Herstellung von Gin-gami
oder Silberpapier muss selbstverständlich der Schwefel wegbleiben. Hier
wird das Papier statt mit Lack, mit Shôfu oder Weizenstärkekleister
vorbereitet, dann mit Gin-paku (Silberfolie) belegt. Seine Nach-
ahmung wird mit Stanniol (Shari oder Sudzu-haku) bewirkt, wel-
ches man ebenfalls mit Hülfe von Shôfu an das Papier befestigt.
Silber- und Stanniolpapier dienen auch zur Nachahmung von echtem
Goldpapier, zu welchem Zweck sie einen Farbenüberzug erhalten. So
wird mit Hülfe einer gelben Farblösung und Leimwasser eine Decke
geschaffen, durch welche das weisse Metall darunter in grünlich gelber
Farbe und mit hohem Glanz erscheint. Andere, goldgelbe Nüancen
erhält man durch Bestreichen der weissen Metallfolie mit einem Ge-
misch aus Shôfu und Beni (Carthamin) oder Beni-gara (Eisenroth).
Die auf die eine oder die andere Art erhaltenen echten oder un-
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/492>, abgerufen am 22.11.2024.
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