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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
entzogen wird, kennt und befolgt der Ostasiate von Alters her, ob-
gleich ihm eine wissenschaftliche Begründung seines Verfahrens gewiss
ebenso abgeht, wie dem deutschen Bauer aus alter Schule. Doch kann
ihm eine grössere Umsicht und mehr Verständniss bei Auswahl und
Anwendung des Düngers nicht abgesprochen werden. Vieles, was in
dieser Beziehung in Europa erst Theorie und Experiment dem ratio-
nellen Landwirth beibrachten, gehört beim Feldbau der chinesischen
Culturländer zum Theil zur sehr alten Praxis und es liegt neben dem
günstigen Klima hierin unstreitig der Hauptgrund, wesshalb das Land
in China und Japan seine alte Ertragsfähigkeit behalten hat, unge-
achtet der Boden, in Japan wenigstens, wie wir gesehen haben,
keineswegs von besonderer natürlicher Fruchtbarkeit ist.

Der Dünger (japanisch Koyashi oder Koye) wird in keinem
Theile der Welt mit mehr Fleiss und Sorgfalt gesammelt und aus ver-
schiedenartigeren Quellen bezogen, noch rationeller angewandt, als in
Ostasien. Was in Japan an thierischen Abfällen längs der Wege
durch Reit-, Last- und Zugthiere verloren geht, wird in der Regel
mit Hülfe der denkbar billigsten Schaufel, einer flachen Muschelschale
(Haliotis) am Ende eines Stabes, aufgenommen und in Körben auf's
Land getragen. Zu keiner Zeit des Jahres bringt jedoch der Japaner
Dünger auf's Brachfeld, wo derselbe austrocknen und Winde ihn sei-
nes wirksamsten Bestandtheils zum grossen Theil berauben könnten.
So verschiedenartig auch die zur Verwendung kommenden Stoffe sein
mögen, so wird doch bei allen Sorge getragen, dass sie rasch in den
Boden und zur Wirkung gelangen. Der Japaner düngt weniger den
Boden, als vielmehr die Culturpflanzen selbst, denn er weiss, dass er
nur auf diesem Wege eine genügende Ernte erzielen kann. Indem
er die Stellen, wohin er die Samen legt, oder seine Setzlinge ver-
pflanzt, mit Dünger versieht und dann im Laufe ihrer Entwicklung
der Pflanze in besonderen Zeitabschnitten von neuem Dünger gibt,
befolgt er die zweckmässigste und ökonomischste Methode, welche sich
denken lässt und bei uns mit dem Ausdruck "Kopfdüngung" be-
zeichnet wird.

Das wichtigste Düngemittel unserer Landwirthschaft, der Stall-
dünger, tritt in Japan in Folge der beschränkten Viehzucht in den
Hintergrund und hat nur in den Gebirgsgegenden mit ihren ausge-
dehnten Grasflächen und einem grösseren Bedarf an Lastthieren mehr
Bedeutung. Hier kann man zeitweise vor den Bauernwohnungen, wie
in manchem deutschen Dorf, Mist aufgestapelt sehen. Bei Rindvieh
und Pferden, -- denn nur um solche handelte es sich bisher, -- findet
das ganze Jahr mit wenig Ausnahmen Stallfütterung statt, so dass der

1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
entzogen wird, kennt und befolgt der Ostasiate von Alters her, ob-
gleich ihm eine wissenschaftliche Begründung seines Verfahrens gewiss
ebenso abgeht, wie dem deutschen Bauer aus alter Schule. Doch kann
ihm eine grössere Umsicht und mehr Verständniss bei Auswahl und
Anwendung des Düngers nicht abgesprochen werden. Vieles, was in
dieser Beziehung in Europa erst Theorie und Experiment dem ratio-
nellen Landwirth beibrachten, gehört beim Feldbau der chinesischen
Culturländer zum Theil zur sehr alten Praxis und es liegt neben dem
günstigen Klima hierin unstreitig der Hauptgrund, wesshalb das Land
in China und Japan seine alte Ertragsfähigkeit behalten hat, unge-
achtet der Boden, in Japan wenigstens, wie wir gesehen haben,
keineswegs von besonderer natürlicher Fruchtbarkeit ist.

Der Dünger (japanisch Koyashi oder Koye) wird in keinem
Theile der Welt mit mehr Fleiss und Sorgfalt gesammelt und aus ver-
schiedenartigeren Quellen bezogen, noch rationeller angewandt, als in
Ostasien. Was in Japan an thierischen Abfällen längs der Wege
durch Reit-, Last- und Zugthiere verloren geht, wird in der Regel
mit Hülfe der denkbar billigsten Schaufel, einer flachen Muschelschale
(Haliotis) am Ende eines Stabes, aufgenommen und in Körben auf’s
Land getragen. Zu keiner Zeit des Jahres bringt jedoch der Japaner
Dünger auf’s Brachfeld, wo derselbe austrocknen und Winde ihn sei-
nes wirksamsten Bestandtheils zum grossen Theil berauben könnten.
So verschiedenartig auch die zur Verwendung kommenden Stoffe sein
mögen, so wird doch bei allen Sorge getragen, dass sie rasch in den
Boden und zur Wirkung gelangen. Der Japaner düngt weniger den
Boden, als vielmehr die Culturpflanzen selbst, denn er weiss, dass er
nur auf diesem Wege eine genügende Ernte erzielen kann. Indem
er die Stellen, wohin er die Samen legt, oder seine Setzlinge ver-
pflanzt, mit Dünger versieht und dann im Laufe ihrer Entwicklung
der Pflanze in besonderen Zeitabschnitten von neuem Dünger gibt,
befolgt er die zweckmässigste und ökonomischste Methode, welche sich
denken lässt und bei uns mit dem Ausdruck »Kopfdüngung« be-
zeichnet wird.

Das wichtigste Düngemittel unserer Landwirthschaft, der Stall-
dünger, tritt in Japan in Folge der beschränkten Viehzucht in den
Hintergrund und hat nur in den Gebirgsgegenden mit ihren ausge-
dehnten Grasflächen und einem grösseren Bedarf an Lastthieren mehr
Bedeutung. Hier kann man zeitweise vor den Bauernwohnungen, wie
in manchem deutschen Dorf, Mist aufgestapelt sehen. Bei Rindvieh
und Pferden, — denn nur um solche handelte es sich bisher, — findet
das ganze Jahr mit wenig Ausnahmen Stallfütterung statt, so dass der

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[29/0049] 1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen. entzogen wird, kennt und befolgt der Ostasiate von Alters her, ob- gleich ihm eine wissenschaftliche Begründung seines Verfahrens gewiss ebenso abgeht, wie dem deutschen Bauer aus alter Schule. Doch kann ihm eine grössere Umsicht und mehr Verständniss bei Auswahl und Anwendung des Düngers nicht abgesprochen werden. Vieles, was in dieser Beziehung in Europa erst Theorie und Experiment dem ratio- nellen Landwirth beibrachten, gehört beim Feldbau der chinesischen Culturländer zum Theil zur sehr alten Praxis und es liegt neben dem günstigen Klima hierin unstreitig der Hauptgrund, wesshalb das Land in China und Japan seine alte Ertragsfähigkeit behalten hat, unge- achtet der Boden, in Japan wenigstens, wie wir gesehen haben, keineswegs von besonderer natürlicher Fruchtbarkeit ist. Der Dünger (japanisch Koyashi oder Koye) wird in keinem Theile der Welt mit mehr Fleiss und Sorgfalt gesammelt und aus ver- schiedenartigeren Quellen bezogen, noch rationeller angewandt, als in Ostasien. Was in Japan an thierischen Abfällen längs der Wege durch Reit-, Last- und Zugthiere verloren geht, wird in der Regel mit Hülfe der denkbar billigsten Schaufel, einer flachen Muschelschale (Haliotis) am Ende eines Stabes, aufgenommen und in Körben auf’s Land getragen. Zu keiner Zeit des Jahres bringt jedoch der Japaner Dünger auf’s Brachfeld, wo derselbe austrocknen und Winde ihn sei- nes wirksamsten Bestandtheils zum grossen Theil berauben könnten. So verschiedenartig auch die zur Verwendung kommenden Stoffe sein mögen, so wird doch bei allen Sorge getragen, dass sie rasch in den Boden und zur Wirkung gelangen. Der Japaner düngt weniger den Boden, als vielmehr die Culturpflanzen selbst, denn er weiss, dass er nur auf diesem Wege eine genügende Ernte erzielen kann. Indem er die Stellen, wohin er die Samen legt, oder seine Setzlinge ver- pflanzt, mit Dünger versieht und dann im Laufe ihrer Entwicklung der Pflanze in besonderen Zeitabschnitten von neuem Dünger gibt, befolgt er die zweckmässigste und ökonomischste Methode, welche sich denken lässt und bei uns mit dem Ausdruck »Kopfdüngung« be- zeichnet wird. Das wichtigste Düngemittel unserer Landwirthschaft, der Stall- dünger, tritt in Japan in Folge der beschränkten Viehzucht in den Hintergrund und hat nur in den Gebirgsgegenden mit ihren ausge- dehnten Grasflächen und einem grösseren Bedarf an Lastthieren mehr Bedeutung. Hier kann man zeitweise vor den Bauernwohnungen, wie in manchem deutschen Dorf, Mist aufgestapelt sehen. Bei Rindvieh und Pferden, — denn nur um solche handelte es sich bisher, — findet das ganze Jahr mit wenig Ausnahmen Stallfütterung statt, so dass der

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/49>, abgerufen am 23.11.2024.